Von: ka
Bozen – “Die Diskussion um die Einschreibungen in die deutschsprachigen Kindergärten unserer Stadt treibt weiterhin abstruse Blüten. Die Sprachkompetenz der Kinder soll, so der neue Vorschlag, über Gespräche mit den Eltern „festgestellt“ werden”, so Corinna Lorenzi, Co-Sprecherin der Bozner Grünen.
“Dieser Vorschlag nimmt sich wirklich skurril aus, da man über die Sprachkompetenz der Eltern keineswegs auf jene der Kinder schließen kann. Man denke dabei an die Vielzahl von SchülerInnen mit sog. Migrationshintergrund, die unsere Schulen besuchen und die Unterrichtssprache oft viel besser beherrschen als ihre Eltern. Dass anderssprachige Eltern nicht in der Lage seien, ihre Kinder zu Hause angemessen zu fördern ist eine Unterstellung, welche die Grünen mit Vehemenz zurückweisen”, so Corinna Lorenzi weiter.
“Anstatt sich mit sinnvollen und praktikablen didaktischen Maßnahmen auseinanderzusetzen und alle Kinder ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen entsprechend zu fördern, wie dies in allen Landesgesetzen festgeschrieben ist, wird auf inakzeptable Weise versucht, „reinen Tisch“ zu machen: Den Familien wird gedroht, Elterngespräche nur mehr in deutscher Sprache abzuhalten. Dabei geht es in diesen Gesprächen gar nicht darum, Eltern zu „erziehen“, sondern darum, Kinder in ihrem Wachsen bestmöglich zu begleiten und zu fördern. Dies gelingt am besten, wenn Elternhaus und Bildungseinrichtung gut zusammenarbeiten. Dazu braucht es keine „Muttersprachenkenntnisse“, sondern eine gute Kommunikation! Hier werden Ebenen vermischt, die nichts miteinander zu tun haben”, meinen die Bozner Grünen.
“Kinder haben bekanntermaßen die geringsten Hemmungen, einen spielerischen Weg zueinander und zur Welt zu finden. Nun sucht man offensichtlich danach, den Kindern dies aktiv zu versperren, sie daran zu hindern, voneinander zu lernen, vom „Anderssein“ zu profitieren, Vielfalt als normal zu erleben, sich selbst ein bisschen „anders“ zu sehen. Es geht gar nicht mehr um die Kinder, es geht um „Identität“ und Zugehörigkeit (der Eltern). Eine Politik des Ausschließens, wo Kindern und Familien implizit und de facto mitgeteilt wird, dass sie nicht „dazu gehören“ spricht jeder europäischen Grundgesinnung Hohn und setzt das Zusammenleben der Sprachgruppen aufs Spiel. Doch wir schreiben das Jahr 2017”, so Corinna Lorenzi.
“Seit Jahren gibt es die europäische Empfehlung, neben der Muttersprache mindestens zwei weitere Sprachen gut zu erlernen, doch was geschieht in Bozen? Man versucht, die Uhren zurückzudrehen und die Menschen zu trennen. Aber die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Unsere Schulen, unsere Kinder sind bereits mehrsprachig. Die sollte man endlich anerkennen und das Beste – und das ist wahrlich viel! – daraus machen. Die Grünen stehen seit jeher gegen jegliche Diskriminierung und für ein gutes Zusammenleben aller Menschen im Land. Deshalb lehnen sie mit Nachdruck und Vehemenz die vorgeschlagenen Maßnahmen der städtischen Svp ab und legen noch einmal ihre Vorschläge vor:
· die Angebote zur Sprachbegleitung der Kinder sollen allen Familien angeboten werden und für alle verpflichtend sein, natürlich im Angebot angepasst und verschieden,
· das Ausbildungsangebot und die Unterstützung des Kindergartenpersonals durch ausgebildete Fachkräfte im Bereich Spracherwerb (Erst-, Zweit- und Drittsprachen) soll möglichst rasch ausgebaut werden,
· eine ausführliche Beratung und Sprachbegleitung soll allen Familien angeboten werden, unabhängig von den Familiensprachen, da dies nachgewiesenermaßen positive Auswirkungen auch auf MuttersprachlerInnen hat.
Kindergärten sind wichtige Bildungsstätten unserer Gemeinschaft, dazu gehören alle Kinder und Familien, die hier leben”, schlagen die Bozner Grünen vor.
Die Bozner Grünen appellieren an Landesrat Philipp Achammer, keine Entscheidungen ohne Einbeziehung aller betroffenen Parteien zu treffen (z.B. den ElternvertreterInnen) und an Landeshauptmann Arno Kompatscher, seine Rolle als Landeshauptmann aller Bürgerinnen und Bürger Südtirols wahrzunehmen.