EU-Chefdiplomation Kaja Kallas in Luxemburg am Montag.

EU-Chefdiplomatin fordert “maximalen Druck auf Russland”

Montag, 14. April 2025 | 19:25 Uhr

Von: apa

Die EU-Außenministerinnen und -minister haben am Montag in Luxemburg über die Ukraine, Nahost, Afrika und den Westbalkan gesprochen. EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas forderte im Anschluss, maximalen Druck auf Russland auszuüben: “Es ist klar, dass sie überhaupt keinen Frieden wollen”, sagte sie in Anspielung auf den blutigen Angriff von Sumy. Die EU bereite ein 17. Sanktionspaket gegen Russland vor, das sie den Außenministern bei ihrem nächsten Treffen im Mai vorlegen wolle.

Details zu dem Paket wollte sie jedoch noch nicht nennen. Kallas forderte erneut mehr Militärhilfe für die Ukraine und betonte, die EU sei hier der größte Geldgeber. Heute sei diskutiert worden, ob “wir die Missionen in der Ukraine ausweiten sollten”. Die geplante Lieferung von zwei Millionen Stück Munition an die Ukraine sei zu zwei Drittel erreicht. Eine “große Mehrheit der Mitgliedsstaaten stimmt zu, dass wir mehr tun müssen”. Sie sehe “noch Spielraum”. Die Estin hatte die Vorschläge des wohl künftigen deutschen Bundeskanzlers Friedrich Merz, Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine zu liefern, zuvor begrüßt.

Auch der niederländische Außenminister Caspar Veldkamp und sein polnischer Amtskollege Radoslaw Sikorski werteten Merz’ Angebot positiv. Tags zuvor hatte der CDU-Vorsitzende laut dpa in der ARD gesagt: “Nicht, dass wir selbst in diesen Krieg eingreifen, sondern dass wir die ukrainische Armee mit solchen Waffen ausrüsten.” Merz ergänzte auf Nachfrage, er habe immer gesagt, dass er das nur in Abstimmung mit den europäischen Partnern tun würde. In seiner Zeit als Oppositionspolitiker hatte Merz sich offen für eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine gezeigt.

Kallas: “Es braucht zwei, um Frieden zu wollen”

Nach einem Monat, in dem die Ukraine einem bedingungslosen Waffenstillstand zugestimmt hatte, sei dies von russischer Seite noch nicht geschehen, sagte Kallas am Morgen vor dem Rat. “Es braucht zwei, um Frieden zu wollen, aber nur einen, um Krieg zu wollen”, mahnte Kallas. Die Estin sprach nach dem russischen Raketenangriff auf das ukrainische Sumy am Wochenende, bei denen über 30 Zivilisten getötet wurden, von den “tödlichsten Angriffen”. Die Angriffe wurden von zahlreichen Teilnehmenden des Rates scharf verurteilt.

Auch Österreichs Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) sprach vor dem Rat vom “brutalen Angriff gestern in der Ukraine, der aufs Schärfste verurteilt wurde”. Nun sei es über einen Monat her, dass die Ukraine sich in Jeddah zu einem umfassenden Waffenstillstand bereit gezeigt habe. Der Ball liege seitdem bei Russland; dieses setze aber “in einer ungeachteten Brutalität den Krieg” fort. Die Entwicklungen zeigten, dass Moskau diese Zeit nur nutze, um weitere militärische Fortschritte zu machen. Das sollte “auch für die USA klar sein”, die eine Vermittlerrolle einnehmen wollen. “Wir wollen einen Frieden, aber nicht einen Diktatfrieden”, bekräftigte sie.

Westbalkan im Fokus

Am Sonntagabend fand ein informelles Arbeitsessen zum Westbalkan mit den Amtskollegen statt. Meinl-Reisinger betonte, die Integration der Westbalkanländer sei gerade jetzt wichtig: Die Stabilität am Westbalkan sei ursächlich für die Sicherheit in Österreich und Europa. Österreich setze sich seit jeher für ein Vorantreiben der Integration der Westbalkanländer ein. Dies sei gerade jetzt wichtig: “Angesichts der geopolitischen Lage dürfen wir uns kein Vakuum leisten”, warnte sie. Die EU müsse klarmachen: “Wir wollen eine europäische Perspektive für den Westbalkan, wir sind hier bereit zu liefern.” Es müsse im Sinne einer graduellen Integration aber auch Fortschritte von Seiten der Länder des Westbalkan geben.

Kallas betonte in der abschließenden Pressekonferenz, die EU müsse sich Sorgen über die zunehmenden Spannungen am Westbalkan machen. “Der beste Weg ist, sie alle in der EU zu haben”, denn: “Die EU ist ein Friedensprozess”. Der Erweiterungsprozess müsse vorangetrieben werden. Zur “Verfassungskrise” in Bosnien sagte Kallas, jeder Versuch, das Land auseinanderzubrechen, sei “inakzeptabel”. Politische Führung müsse hingegen “Brücken schlagen”.

Österreich und Deutschland hatten gegen den prorussischen Präsidenten des serbischen Landesteils von Bosnien-Herzegowina, Milorad Dodik, und zwei seiner engsten Mitarbeiter vorige Woche Einreisebeschränkungen verhängt. Als Gründe wurden andauernde Verstöße gegen die verfassungsmäßige Ordnung in dem Balkanstaat genannt. Meinl-Reisinger sagte es sei “wichtig, dass hier die Europäische Union und ihre Länder Einigkeit zeigen und klar sagen, da sind viele rote Linien überschritten”.

Wien biete sich für Iran-Verhandlungen an

Zu den Gesprächen zwischen den USA und Iran über dessen Atomprogramm sagte die österreichische Außenministerin, sie begrüße es “sehr, dass es wieder diplomatische Versuche gibt, wieder zu einem Abkommen zu kommen”. In Wien haben die Verhandlungen für das letzte Abkommen stattgefunden, “und das aus gutem Grund: weil wir Brücken zu beiden Gesprächspartnern haben, und weil die IAEA in Wien angesiedelt ist.” Wien biete sich “selbstverständlich” als Austragungsort an, “das wissen auch die Gesprächspartner. Der Ball ist bei ihnen.”

Diskutiert wurde heute auch die aktuelle Lage in Nahost und Syrien, dabei laut der EU-Chefdiplomatin vor allem eine Fortsetzung der Lockerung der Sanktionen. “Es ist klar, dass wir nicht viele Schritte einer neuen Führung gesehen haben”, zeigte sie sich kritische. Die bezeichnete die syrische Zukunft als noch “unsicher, aber hoffnungsvoll”. Die EU werde den bisherigen Prozess auswerten, um dann die nächsten Schritte vorzuschlagen. Die EU hatte bestimmte Sanktionen vor allem für im Wiederaufbau wichtige Sektoren ausgesetzt. Zu Israel sagte Kallas, dieses habe das Recht, sich zu verteidigen, aber im Moment gehe es über die Selbstverteidigung hinaus.

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