Selenskyj: Druck auf Russland nicht nachlassen

EU-Gipfel – 26 EU-Staaten außer Ungarn für Ukraine-Hilfe

Donnerstag, 20. März 2025 | 15:17 Uhr

Von: apa

Die EU-Staaten außer Ungarn haben am Donnerstag in Brüssel ihre weitere Unterstützung für die Ukraine bekräftigt. Die 26 begrüßen in einer Erklärung zwar die gemeinsame Erklärung der Ukraine und der USA nach dem Treffen in Saudi-Arabien am 11. März. Laut EU-Diplomaten waren sich die 26 aber einig, dass derzeit keine wirklichen Verhandlungen stattfinden. Sie berieten auch, wie sie am besten Einfluss nehmen könnten. Ungarn war wie angekündigt nicht dabei.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wurde wieder per Video dem Ukraine-Teil des Gipfels zugeschaltet. Er forderte in seiner Rede vor dem Gipfel fünf Milliarden Artilleriegeschosse von den Europäern, und appelliert für Investitionen in die Waffenproduktion: “Europa braucht technologische Unabhängigkeit, auch in der Waffenproduktion.” Die ReArm Europe-Initiative der EU-Kommission zur Aufrüstung Europas sollte so rasch wie möglich anlaufen.

Selenskyj: Druck auf Russland nicht nachlassen

Der ukrainische Präsident appellierte auch, beim “Druck auf Russland” nicht nachzulassen. Russland müsse weiterhin in Richtung Frieden gedrängt werden: “Gemeinsam mit Ihnen, natürlich mit den Vereinigten Staaten und unseren anderen Partnern können wir das schaffen.” Es sei bedauerlich, aber auch innerhalb Europas selbst sei Druck nötig, um sicherzustellen, dass alle Versprechungen auch tatsächlich umgesetzt würden, sagte er zu den EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine. Die Ukraine habe die Voraussetzungen erfüllt, aber es gebe “ernsthafte Schwierigkeiten”, die ersten Verhandlungskapitel zu eröffnen. Europa müsse auch einen Weg finden, einzelne Akteure daran zu hindern, “das zu blockieren, was für alle notwendig ist”, sagte er in Richtung Viktor Orbán.

Die Unterstützung für die Ukraine und eines “umfassenden, gerechten und nachhaltigen Friedens” wird im Ukraine-Teil erneut bekräftigt, der der eigentlichen Gipfelerklärung angehängt wird. Wie auch schon beim letzten Sondergipfel erfolgt diese im Namen von 26 der 27 Mitgliedsstaaten. Russlands Präsident Wladimir Putin wird aufgerufen, wirklichen politischen Willen zur Beendigung des Krieges zu zeigen. Viele Staatschefs betonten laut EU-Diplomaten auch die Notwendigkeit, die Beitrittsverhandlungen der Ukraine zur EU zu beschleunigen.

Orban betont hohe Kosten des Ukraine-Krieges

Ungarn Regierungschef Orbán, der als Unterstützer Trumps und Putins gilt, erklärte vor dem Rat auf X die hohen Kosten des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine für die ungarischen Familien und die hohen Kosten einer möglichen EU-Mitgliedschaft der Ukraine. “Brüssel will, dass die Ungarn die Rechnung bezahlen, aber keine Entscheidung wird ohne die Stimme des ungarischen Volkes getroffen werden. Ein neues Mitglied kann nur mit einstimmiger Unterstützung aller Mitgliedstaaten beitreten.”

Der deutsche Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz betonte zum Start des Rates, dass die Ukraine “ihren Weg in die Europäische Union fortsetzen” können müsse und, “dass sie auch nach einem Friedensschluss über eine starke eigene Armee verfügt”. Für den litauischen Präsidenten Gitanas Nausėda hat Kreml-Chef Putin in jüngsten Gesprächen gezeigt, dass er nicht an einer Waffenruhe in dem seit über drei Jahre währenden Konflikt interessiert sei. Er hoffe, dass die US-Regierung erkennen werde, “wer der Bösewicht ist, wer den Deal unmöglich macht”. Dies sei “sicher nicht die Ukraine”, so Nausėda.

Kallas will mehr Geld für Militärhilfen

Das ausgegliederte Kapitel enthält auch die von EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas vorgeschlagenen zusätzlichen militärischen Hilfen für die Ukraine. “Wenn sie den Statements der Regierungsspitzen zuhören, dann sehen Sie, dass die Unterstützung da ist. Das sollte sich auch in den Taten, den Zahlen, in den Munitionslieferungen an die Ukraine widerspiegeln”, meinte die Estin zum Start des Rates.

Kallas hatte jüngst vorgeschlagen, dem von Russland angegriffenen Land in diesem Jahr Hilfen im Wert von 20 bis 40 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Dafür sollen die Mitgliedstaaten entsprechend ihrer Wirtschaftskraft Beiträge leisten. Zuletzt war von fünf Milliarden Euro die Rede. Dies sei der “realistische Plan”, so Kallas. Wenn die EU-Staaten sich nicht auf Hilfen für das ganze Jahr einigen könnten, sollten zumindest diese kurzfristigen Munitionslieferungen beschlossen werden.

UNO-Generalsekretär António Guterres betonte vor dem Gipfel, die EU sei ein zentraler strategischer Partner der UNO. Er sei dankbar für die finanzielle und politische Unterstützung: “Die EU ist der Grundpfeiler der multilateralen Antwort auf die Herausforderungen, vor denen wir stehen”, sagte der frühere portugiesische Ministerpräsident bei seiner Ankunft bei EU-Gipfel neben seinem Landsmann und Parteifreund EU-Ratspräsident António Costa. Ein Waffenstillstand in der Ukraine sei “willkommen, weil er Leben rettet”. Er betonte aber die Notwendigkeit eines “gerechten Friedens”: Das sei ein Frieden, der “die UNO-Charta, das Völkerrecht und die Resolutionen des Sicherheitsrates respektiert”.

Österreich will Beitrag zur Verteidigung Europas leisten

Österreich wird sich geplante EU-Instrumente zur Finanzierung von gesteigerten Rüstungsausgaben ansehen und “dort, wo es für uns passt, auch in Anspruch nehmen”. Das sagte Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) vor dem EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel. Besonders die vorgesehenen Ausnahmeklauseln bei den EU-Schuldenregeln seien für Österreich wesentlich.

Man werde jedenfalls “im Rahmen der Neutralität” einen Beitrag zur Verteidigungsfähigkeit Europas leisten, so Stocker. Der Kanzler bekräftigte zugleich erneut das Ziel Österreichs, bis 2032 die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zu erhöhen. Mit Blick auf die Ukraine-Gespräche zwischen den USA und Russland solle Europa sich nicht kleiner machen als es ist, so Stocker weiter. Die Europäische Union könne einen “guten und wesentlichen” Beitrag zu diesen Gesprächen liefern.

Mehr Geld für Aufrüstung

Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten bereits bei einem Sondergipfel Anfang März Vorschläge der Kommission begrüßt, rund 800 Milliarden Euro für Aufrüstungsprojekte zu mobilisieren. Mit ihrem “ReArm Europe Plan” will die Kommission den EU-Staaten erlauben, für ihre Verteidigung neue Schulden zu machen, ohne dabei ein EU-Defizitverfahren zu riskieren. Zudem ist ein neuer EU-Fonds mit 150 Milliarden Euro an Krediten für Verteidigungsinvestitionen geplant. Damit könnten die Mitgliedstaaten etwa Luft- und Raketenabwehrsysteme, Artilleriesysteme, Raketen, Munition, Drohnen Cyberabwehrsysteme gemeinsam einkaufen.

Die Kommission schlägt nun vor, dass ab 2025 mit einer Laufzeit von vier Jahren rund 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung zusätzlich für Verteidigung ausgegeben werden dürfen, ohne dass ein Mitgliedsland dafür ein Defizitverfahren riskiert. Laut Maastricht-Kriterien wird dieses eingeleitet, wenn das Budgetdefizit über 3 Prozent des BIP liegt. Auch das nächste mehrjährige EU-Budget und die Migration werden am Donnerstag in Brüssel debattiert.

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