Ratspräsident Costa (r.) und Selenskyj beim EU-Gipfel

EU-Gipfel – Selenskyj: EU und USA müssen Einigkeit zeigen

Donnerstag, 19. Dezember 2024 | 16:08 Uhr

Von: apa

“Es geht nicht darum, uns zum Frieden zu drängen. Wir wollen diesen Krieg beenden”, betonte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag in seiner Pressekonferenz nach einem Austausch mit dem EU-Gipfel in Brüssel. Er betonte erneut wie wichtig es sei, dass Europa und die USA hier Einigkeit zeigen würden. Es brauche einen “Plan, (Russlands Präsident, Anm.) Putin zu stoppen”. Er denke, (der gewählte US-Präsident, Anm.) Trump und die EU seien dazu in der Lage.

Er halte Präsident Trump für einen starken Mann:”Ich will ihn auf unserer Seite haben.” Was wird er am 20. Jänner 2025 zu Trumps Amtsantritt sagen? “Was kann ich sagen? Willkommen Donald!”, so der ukrainische Präsident. “Ich denke, er (Putin, Anm.) ist verrückt. Ich denke, er (Trump, Anm.) denkt auch, dass er verrückt ist. Er liebt es, zu töten.” Mit Verweis auf die öfters von Putin getätigte Aussage, dass man die Ukraine “entnazifizieren” wolle, meinte Selenskyj, dass der russische Präsident selbst der “Haupt-Nazi auf diesem Globus” sei.

Sicherheitsgarantien für die Ukraine könne es nur von der EU und der USA geben. Öffentlich wolle er dazu noch keine Details nennen, dies werde diskutiert. Selenskyj appellierte erneut an die Europäer, mehr Waffen, Drohnen und Luftabwehrsysteme in die Ukraine zu senden. Es gehe nicht darum, dass die Ukraine zu wenige Menschen habe, sondern zu wenige Waffen, sagte er zu einer Frage zur diskutierten Absenkung des Einzugsalters für ukrainische Soldaten. Schützenhilfe kam vom deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz: Dieser appellierte an seine EU-Partner, dass “alle gucken, was sie zusätzlich machen können” in den Bereichen Luftverteidigung, Artillerie oder Munition, damit die Ukraine ihre Souveränität verteidigen könne.

Gastransit: “Kein Geld mit unseren Leben”

Selenskyj bekräftigte zudem, dass mit Jahresende kein russisches Gas mehr durch die Ukraine nach Europa fließen solle und machte damit entsprechende Hoffnungen des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico zunichte. Auch wenn das Gas vor dem Transit rechtlich nicht mehr in russischen Besitz wäre, würde dies nichts ändern. “Wir werden nicht mitmachen, dass Geld gemacht wird mit unseren Leben”. Eine Ausnahme wäre für ihn denkbar, wenn die Verkäufer des Gases der Ukraine versichern würden, Russland das Geld nicht weiterzugeben.

Die Slowakei hatte sich jüngst bemüht, weiterhin russisches Erdgas über die Ukraine zu erhalten. Der Kritik Ficos, dass seinem Land durch ein Ende des Transits erhebliche Mehrkosten entstünden, entgegnete Selenskyj, dass die Ukraine “so viel mehr verliere”. Es sei “schändlich, im Krieg über Geld zu reden”.

EU-Spitzen: Zu früh für Friedensverhandlungen

Mehrere EU-Spitzen betonten in Brüssel, dass es für Friedensverhandlungen noch zu früh sei. Der neue EU-Ratspräsident Antonio Costa, für den es sein erster Gipfel in dieser Rolle ist, sagte der Ukraine erneut die Unterstützung der EU zu, “jetzt im Krieg und in Zukunft im Frieden”. Das “Internationale Recht müsse siegen und die (russische; Anm.) Invasion scheitern”, so der Portugiese gegenüber Journalisten. Zusammen werde man auch an einem künftigen EU-Beitritt der Ukraine arbeiten.

Die neue EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas appellierte erneut für mehr Unterstützung für die Ukraine. Sie warnte davor, dass jeder “Vorstoß für baldige Friedensverhandlungen ein schlechter Vorstoß für die Ukraine” sei. “Syrien zeigt uns, dass Russland nicht unbesiegbar ist”, betonte die Estin, die eine überzeugte Kritikerin des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist. “Wenn die EU eine geopolitische Macht sein will, muss sie geschlossen handeln”, so Kallas weiter. Die in Zusammenarbeit mit den US-Verbündeten geleistete Hilfe für die Ukraine sei keine “Wohltätigkeit”, sondern von globaler Bedeutung.

Auch für Litauens Präsident Gitanas Nausėda ist es “zu früh für Friedensverhandlungen”. Diese würden nicht “zu einem gerechten und nachhaltigen Frieden führen, sondern zu einem ungerechten und nicht nachhaltigen.” Er kritisiert, dass die EU bei der militärischen Unterstützung für die Ukraine nicht “halte, was wir versprechen”. Die EU müsse ein “globaler strategischer Akteur” werden und “Entscheidungen treffen, statt nur zu reden”.

Scholz: Töten muss ein Ende haben

“Die Ukrainer müssen zuerst den Krieg gewinnen und die Russen zurückdrängen, dann können wir über Frieden reden”, sagte auch der belgische Premier Alexander De Croo. Die aktuelle Diskussion über Truppen vor Ort “verkehrt die Situation”. Die EU-Länder lieferten bereits gemeinsam mit dem Verbündeten USA militärisches Material, und sollten dies weiterhin tun. Für Scholz sind zwei große Aufgaben nicht aus dem Blick zu verlieren: “Das Töten muss ein Ende haben” und es “muss klar sein, dass es keine Eskalation geben darf zwischen Russland und der NATO”.

Luxemburgs Premierminister Luc Frieden befürchtet laut eigenen Angaben nicht, dass Trump und der russische Präsident Vladimir Putin über die Köpfe der Europäer hinweg eine Einigung im Ukraine-Konflikt treffen. “Ich glaube nicht, dass Amerika ein Interesse hat, dass Russland diesen Krieg gewinnt”, so Frieden. Er glaube auch nicht, dass dies dem Charakter Trumps entspreche.

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