Die EU wird kein Defizitverfahren gegen Österreich einleiten

EU leitet kein Defizitverfahren gegen Österreich ein

Freitag, 17. Januar 2025 | 13:29 Uhr

Von: apa

Die Europäische Union wird kein Defizitverfahren gegen Österreich einleiten. Das teilte der zuständige EU-Kommissar Valdis Dombrovskis Finanzminister Gunter Mayr in einem Brief am Donnerstagabend mit. Die von den blau-schwarzen Koalitionsverhandlern vorgelegten Maßnahmen könnten ausreichen, das Defizit unter die Maastricht-Grenze von drei Prozent des BIP zu bringen, heißt es darin.

Mayr zeigte sich erfreut: “Dass es uns gelungen ist, die Kommission davon zu überzeugen, ist sehr erfreulich und zeigt, dass sich unsere Anstrengungen ausgezahlt haben.” Damit sei ein “internationaler Reputationsverlust für den Standort Österreich verhindert und negative Auswirkungen auf die Finanzmärkte abgewendet” worden. Durch die Abwendung des Verfahrens könne Österreich auch weiterhin zu günstigen Konditionen Geld auf den Finanzmärkten aufnehmen. Mayr war am Dienstag zum Austausch bei Dombrovskis, um ihm die Maßnahmen vorzulegen, mit denen Österreich 2025 die nötigen rund 6,39 Milliarden einsparen will. Das Finanzministerium bereite nun die Umsetzung der Maßnahmen vor.

Sparpaket wurde am Donnerstag präsentiert

Am gestrigen Donnerstag wurden diese dann auch in Österreich präsentiert. Einsparen will man etwa durch die Abschaffung des Klimabonus und der Bildungskarenz, im Gesundheitsbereich, bei den Pensionen sowie durch Gebührenerhöhung. Von der künftigen Opposition und zahlreichen NGOs hagelte es dafür Kritik.

SPÖ spricht von “Scheinerfolg”, NEOS: “Kürzen allein noch keine Reform”

Die Frage, ob ein Defizitverfahren überhaupt vermieden werden sollte, spaltete zuvor schon ÖVP, SPÖ und NEOS. Die Roten wären dafür gewesen, ein solches Verfahren anzunehmen. Einen “Scheinerfolg” ortete der EU-Parlamentarier Andreas Schieder (SPÖ) am Freitag: “Das eigentliche Problem, ein massives Budgetloch aufgrund jahrelanger Misswirtschaft unter ÖVP-Führung, ist damit nicht gelöst.” Ob Verfahren oder nicht, FPÖ und ÖVP dürften “keine Sparpolitik auf Kosten der Zukunft der Österreicherinnen und Österreicher betreiben”, kritisierte er in einer Aussendung.

Auch einige Experten, darunter Wifo-Chef Gabriel Felbermayr und IHS-Direktor Holger Bonin hatten sich für ein Verfahren anstatt eines radikalen Sparkurses ausgesprochen. Ein Defizitverfahren bietet in der Regel mehr Flexibilität, wenn außergewöhnliche wirtschaftliche oder finanzielle Krisen eintreten.

Klar gegen ein Defizitverfahren waren die NEOS. Es sei “gut und wichtig”, dass das Verfahren abgewendet werden konnte, meinte der stellvertretende Klubobmann Nikolaus Scherak am Freitag. ÖVP und FPÖ müssten aber “über 2025 hinaus denken und strukturelle Reformen vorlegen”, um in den nächsten Jahren die nötigen 18 Milliarden einzusparen. “Kürzen allein ist noch keine Reform”.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen äußerte sich zurückhaltend. “Aus ökonomischer Sicht” spreche manches für ein Defizitverfahren und manches dagegen, sagte Van der Bellen am Freitag bei einer Pressekonferenz mit seiner Schweizer Amtskollegin Karin Keller-Sutter in der Wiener Hofburg. “Insofern habe ich diese Diskussion mit Gelassenheit verfolgt.” Das Hauptargument dafür sei eine (positive) Reaktion der Finanzmärkte und entsprechende Zinsauswirkungen, erläuterte der emeritierte Universitätsprofessor für Volkswirtschaft. Konkret äußerte er die Hoffnung, dass es sich etwa die Ratingagentur Fitch bei der Einschätzung der österreichischen Kreditwürdigkeit “noch einmal überlegt”.

Budget-Prüfung im Frühling

Die Kommission wird Österreichs Budget-Situation im Frühling erneut bewerten. Dies wird auf Grundlage des Haushaltsergebnisses von 2024 sowie der Maßnahmen erfolgen, die von den österreichischen Behörden im Entwurf des Haushaltsplans und im mittelfristigen fiskalisch-strukturellen Plan präsentiert werden, die voraussichtlich bis Ende April bei der Kommission eingereicht werden.

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