Von: apa
Jedes Jahr versuchen hunderttausende Menschen für bessere Lebensbedingungen in die Europäische Union zu gelangen. Die EU-Staaten stoßen dabei oft an ihre Grenzen. Zuletzt 2015 und 2016: Damals stellten jeweils mehr als 1,2 Mio. Migranten in der EU einen Asylantrag (2014: 600.000). Mit Blick auf die EU-Wahl könnte der Umgang der Parteien mit der Migration entscheidend sein – für EU-Bürger gehört das Thema Einwanderung zu den “dringendsten Problemen”, das es zu lösen gilt.
Worum geht es eigentlich?
Der Begriff Migration beschreibt die Abwanderung eines Menschen an einen anderen Ort. Die Anlässe dafür reichen von Verfolgung im eigenen Land (“Flüchtlinge”) bis hin zu wirtschaftlichen Gründen. Die EU-Mitgliedstaaten sind hauptsächlich mit irregulärer Migration konfrontiert, also mit Menschen, die ohne reguläres Visum oder einen legalen Aufenthaltstitel in die EU einreisen. Zuständig für den Asylantrag sind grundsätzlich die EU-Länder an den Außengrenzen – wie etwa Italien oder Griechenland (“Dublin-Verordnung”). Aufgrund fehlender oder eingeschränkter Grenzkontrollen zwischen den meisten EU-Staaten (“Schengen”) können Migrantinnen und Migranten de facto irregulär weiterreisen und im Land ihrer Wahl einen Antrag stellen (“Sekundärmigration”). Deshalb sind reiche Staaten wie Deutschland, Österreich und Schweden ebenfalls besonders betroffen. Ungarn nimmt beispielsweise kaum Asylsuchende auf.
Warum ist das wichtig?
Tausende Tote im Mittelmeer, überfüllte Aufnahmelager und das illegale Zurückweisen von Migranten in Gefahr (“Push-Backs”) erfordern eine rasche europäische Lösung. Hinzukommen die steigenden Antragszahlen: Auch wenn in Österreich die Zahl 2023 um rund die Hälfte gegenüber dem Vorjahr auf rund 59.000 zurückging, erreichte sie EU-weit mit insgesamt rund eine Millionen Anträgen fast das Niveau der Flüchtlingskrise in den Jahren 2015 und 2016. Damals lösten die hunderttausenden irregulären Ankünfte Überforderung und heftige Streitigkeiten unter den EU-Staaten über die Verteilung der Migranten sowie über die Finanzierung von Grenzmaßnahmen aus, die bis heute andauern.
Was hat die EU seitdem für Maßnahmen ergriffen?
In Folge der Flüchtlingskrise 2015/2016 schlug die EU-Kommission eine umfassende Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) vor, das EU-weite Mindeststandards für die Behandlung aller Asylsuchender und die Bearbeitung aller Asylanträge vorgibt. Sie gilt als eine massive Verschärfung der bisherigen Regelungen. Dazu gehören etwa Schnellverfahren von maximal sechs Monaten an den EU-Außengrenzen, um festzustellen, ob Anträge unbegründet oder unzulässig sind, sowie ein neuer “Solidaritätsmechanismus”, der die Verteilung der Migranten unter den EU-Staaten regelt. Demnach haben die Mitgliedsländer künftig die Wahl zwischen der Aufnahme von Asylsuchenden, der Entsendung von Personal und Finanzbeiträgen an die besonders betroffenen EU-Staaten. Auch enthält die Reform Maßnahmen zur Verhinderung von “Sekundärmigration”. Zudem sollen die Vorschriften zu den Asylanträgen in der EU einheitlich sein. Gleichzeitig braucht die EU insbesondere aufgrund des Fachkräftemangels Migration, dafür wird es einen neuen Neuansiedlungsrahmen geben. Abseits der Asylreform sind vermehrt Migrationsabkommen mit Drittstaaten geplant, um die meist gefährliche Flucht nach Europa im Vorfeld zu unterbinden und Rückführungen möglich zu machen.
Was hat das alles mit der Europawahl zu tun?
Dem EU-Parlament kommt hier aufgrund seines Mitspracherechts bei der Gesetzgebung eine zentrale Rolle zu. Zwar konnten zentrale Verordnungen der Asylreform bereits beschlossen werden, die Effekte der Reform werden aber erst nach der Europawahl greifen. Außerdem geht es um eine Positionierung für die Zukunft. Während rechte Parteien eine “Festung Europa” fordern, pochen linke Parteien auf die Einhaltung der Menschenrechte. Auch die künftige Finanzierung von Grenzschutzmaßnahmen im Rahmen des EU-Budgets steht dabei zur Debatte.