EU-Kommission zeigt Solidarität mit Israel

EU setzt Zahlungen an Palästinenser aus

Montag, 09. Oktober 2023 | 20:50 Uhr

Von: APA/Reuters/dpa/AFP

EU-Erweiterungskommissar Oliver Varhelyi gab am Montag die Aussetzung “aller Zahlungen an die Palästinenser” von Seiten der EU bekannt. Das Hilfsportfolio der EU für die Palästinenser umfasst 691 Millionen Euro. In einer Aussendung gab die EU-Kommission am Montagabend bekannt, dass sie eine “dringende Überprüfung der EU-Hilfe für Palästina einleiten” werde. Diese Überprüfung betreffe nicht die humanitäre Hilfe.

Zusätzlich zu den bestehenden Maßnahmen bestehe das Ziel dieser Überprüfung darin, sicherzustellen, dass “keine EU-Finanzierung einer terroristischen Organisation indirekt die Durchführung von Angriffen gegen Israel ermöglicht”. Die Kommission will außerdem prüfen, ob ihre Unterstützungsprogramme für die palästinensische Bevölkerung und die Palästinensische Autonomiebehörde angesichts der veränderten Umstände vor Ort angepasst werden müssen. Diese Überprüfung betreffe nicht die im Rahmen der Europäischen Katastrophenschutz- und Humanitären Hilfseinsätze (ECHO) geleistete humanitäre Hilfe.

Die Kommission will diese Überprüfung so bald wie möglich durchführen und alle erforderlichen Folgemaßnahmen mit den Mitgliedstaaten und Partnern koordinieren. Am Montagabend war Kritik aus einigen Mitgliedstaaten laut geworden, dass die EU-Kommission ihr Vorgehen nicht ausreichend abgestimmt habe. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn zeigte sich laut Medienberichten irritiert über die hastige Entscheidung. Auch in Belgien oder Spanien wurde laut Beobachtern Unverständnis geäußert.

Die Aussetzung der Hilfen dürfte auch Thema beim Krisentreffen der EU-Außenminister am Dienstag sein: “Ich berufe für morgen eine Dringlichkeitssitzung der EU-Außenminister ein, die sich mit der Lage in Israel und in der Region befasst”, teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag in Online-Netzwerken mit. Borrell und mehrere EU-Minister sind am Dienstag in Maskat, der Hauptstadt des Sultanats Oman, um an einem Treffen der EU mit dem Golf-Kooperationsrat (GCC) teilzunehmen. Die Krisensitzung der EU-Außenminister findet daher zum Teil per Videokonferenz statt. Gesprochen werden soll nach Angaben von Borrells Sprecher Peter Stano über die “Auswirkungen” des Hamas-Angriffs auf Israel und die “Reaktionen” der Europäischen Union.

Da “in der Zwischenzeit keine Zahlungen vorgesehen waren, wird es keinen Zahlungsaufschub geben”, präzisierte die EU-Kommission am Montagabend. “Das Ausmaß des Terrors und der Brutalität gegen Israel und seiner Bevölkerung ist ein Wendepunkt”, schrieb Varhelyi auf der Kurznachrichten-Plattform X. “Es kann kein business-as-usual geben.” Alle neuen Ausgaben, auch noch für das laufende Jahr, würden “bis auf weiteres” zurückgestellt, hatte Varhelyi dagegen am Montagnachmittag angekündigt.

Die EU ist bisher einer der größten Geldgeber in den Palästinensischen Gebieten und hatte von 2021 bis 2024 insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro für die Finanzierung von Projekten eingeplant, insbesondere im Bildungs- und Gesundheitsbereich. Die als Terrororganisation eingestufte Hamas werde von der EU aber nicht “direkt oder indirekt” unterstützt, betonte ein EU-Sprecher. Die EU habe sehr strenge Regeln zur Überprüfung der Empfänger. Alle müssten versichern, dass diese weder direkt noch indirekt an Unternehmen, Organisationen oder Personen mit Verbindung zur Hamas gingen.

Mit der EU-Hilfe für die Palästinenser wurden nach Angaben der Sprecherin bisher vor allem die Finanzierung wichtiger Unterstützungsleistungen für die palästinensische Bevölkerung sowie die der Autonomiebehörde gefördert. Als konkrete Beispiele nannte sie den Gesundheitssektor, Sozialhilfeleistungen für arme Familien sowie Entwicklungsprojekte in Bereichen wie demokratische Regierungsführung. Zudem werde auch das Hilfswerk der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten unterstützt, hieß es.

Nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aus dem vergangenen Jahr sind die EU und ihre Mitgliedstaaten mit einem Beitrag von rund 600 Millionen Euro pro Jahr der größte Geldgeber der Palästinenser. Allein aus dem EU-Haushalt waren für den Zeitraum 2021 bis 2024 Finanzhilfen in Höhe von 1,18 Milliarden Euro vorgesehen.

Wegen der Gewalteskalation in Israel stoppt auch Österreich die Entwicklungszusammenarbeit mit den Palästinensern. “Wir werden alle Zahlungen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit vorerst auf Eis legen”, sagte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Montag im “Morgenjournal” des ORF-Radios Ö1. Es handle sich um ca. 19 Millionen Euro.

In Deutschland hatte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) bereits am Sonntag angekündigt, die gesamte finanzielle Unterstützung für die Palästinenser auf den Prüfstand zu stellen. Unterstützungszahlungen werden nach Angaben ihres Ministeriums “derzeit nicht vorgenommen”.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hält hingegen an der humanitären Hilfe für die Menschen in den palästinensischen Gebieten fest. “Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe sind zwei verschiedene Dinge”, sagte die Grünen-Politikerin am Montagabend in der n-tv-Talkshow “Beisenherz”. Sie ergänzte: “Ich halte es für fatal, jetzt einfach zu sagen, man sollte zum Beispiel keine Lebensmittelhilfen mehr leisten.” Dort seien 2,1 Millionen Menschen auf Lebensmittelhilfen über die Vereinten Nationen angewiesen.

Die Hamas hatte am Samstag einen Großangriff auf Israel gestartet. Zehntausende israelische Soldaten waren im Einsatz, um die auf israelisches Gebiet vorgedrungenen Kämpfer der Hamas zurückzuschlagen. Bis Montag wurden auf beiden Seiten mehr als 1200 Todesopfer gemeldet.