Von: APA/Reuters/dpa/AFP
Die EU-Mitgliedsstaaten haben am Montag in Luxemburg ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland beschlossen, das seit zweieinhalb Jahren einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen das EU-Beitrittswerberland Ukraine führt. Wie es in einer Erklärung des Rates der EU heißt, werden gegen weitere 116 Personen und Institutionen Strafmaßnahmen verhängt. Auch wird es in der Europäischen Union künftig verboten sein, russisches Flüssiggas für den Transport in Drittländer umzuladen.
Somit ist etwa der belgische Hafen Zeebrugge künftig für die Verschiffung von russischem LNG tabu. Dies führt dann im Idealfall dazu, dass Russland wegen mangelnder Transportkapazitäten weniger Flüssigerdgas verkaufen und weniger Geld in seinen Angriffskrieg stecken kann.
Die EU hat unmittelbar nach Kriegsausbruch beschlossen, bis zum Jahr 2027 komplett unabhängig von russischem Erdgas und Erdöl zu sein. Auch aufgrund des Widerstandes von Ländern wie Österreich oder Ungarn gibt es aber noch keinen kompletten Boykott von fossilen Energieträgern aus Russland. Über Pipelines kommendes Gas und Erdöl darf weiterhin abgenommen werden.
Für Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) ist das Fehlen eines kompletten Verbots von russischen Gasimporten aber kein Grund, das Sanktionspaket kleinzureden. “Ich gebe zu, dass wir natürlich die großen Schüsse schon längst gesetzt haben und dass es jetzt mehr um Arrondierungen, Lückenschließungen geht”, sagte er am Montag in Luxemburg. Tatsache sei, dass einige Staaten in einer ähnlichen Situation wie Österreich wären, “wo eine hundertprozentige Abkehr von russischen Gas problematisch wäre” – Nachsatz: “Sie ist managebar, aber sie wäre problematisch”.
Scharfe Kritik am Sanktionsbeschluss übte Schallenbergs ungarischer Kollege Peter Szijjarto. Es handle sich “um die Fortsetzung einer komplett gescheiterten Strategie”, kommentierte er die Entscheidung, die er hätte blockieren können. Ungarn habe erreicht, dass der Bau des neuen Atomkraftwerks Paks komplett von Sanktionsmaßnahmen ausgenommen sei, sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur MTI.
Das 14. Sanktionspaket untersagt Investitionen in russische Flüssiggas-Projekte und soll auch Schlupflöcher zur Sanktionsumgehung schließen. Verstöße gegen die aktuellen Regeln führen beispielsweise dazu, dass Russlands Rüstungsindustrie noch immer westliche Technologie nutzen kann, um Waffen für den Krieg gegen die Ukraine herzustellen. Nun werden weitere Unternehmen sanktioniert, die durch Handel zur militärischen und technologischen Stärkung Russlands beigetragen haben sollen. Sie haben ihren Sitz nach EU-Angaben in Drittländern wie China, Kasachstan, Kirgistan, der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Eine Einigung auf das neue Sanktionspaket hatten am vergangenen Donnerstag die ständigen Vertreter der EU-Staaten in Brüssel nach zähen Verhandlungen erzielt. Die deutsche Regierung setzte dabei zugunsten der deutschen Wirtschaft durch, dass Pläne für strengere Maßnahmen gegen Sanktionsumgehungen abgeschwächt wurden. Grund waren Warnungen von Unternehmen, die einen zu hohen Verwaltungsaufwand und Umsatzverluste befürchtete. Entsprechend gab es am Montag Kritik an der deutschen Regierung. Die Sanktionen seien “bedauerlicherweise schwächer” als geplant, kritisierte Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis. Sein estländischer Kollege Margus Tsahkna sagte, es werde “immer schwerer in der Europäischen Union, einen Konsens über neue Sanktionen zu finden”.
Kritiker der EU-Sanktionspolitik sehen diese als wenig effektiv an. Befürworter kontern diesen Vorwurf mit dem Hinweis, dass die Sanktionen zu zögerlich verhängt worden und immer noch nicht umfassend genug seien.