EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

EU warnt Trump nach Zollentscheidungen vor Handelskrieg

Sonntag, 02. Februar 2025 | 16:38 Uhr

Von: APA/Reuters/AFP/dpa

Die EU-Kommission hat US-Präsident Donald Trump nach seinen jüngsten Zollentscheidungen vor den Folgen von möglichen Handelskriegen gewarnt. “Die Europäische Union bedauert die Entscheidung der USA, Zölle gegen Kanada, Mexiko und China zu erheben”, hieß es am Sonntag in Brüssel. Trump wiederum verteidigt seine Entscheidung: Die USA seien nicht mehr das “dumme Land”, das von allen ausgenutzt werde, schrieb er auf seiner Plattform Truth Social.

Offene Märkte und die Einhaltung internationaler Handelsregeln seien unerlässlich für ein starkes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, sagte ein Sprecher der EU-Kommission gegenüber der dpa. Zölle verursachten unnötige wirtschaftliche Störungen. Sie trieben die Inflation an und schadeten damit allen Seiten. Zu möglichen Zollentscheidungen Trumps auch gegen die EU wurde erklärt, die EU werde entschieden auf jeden Handelspartner reagieren, der unfair oder willkürlich Zölle auf Waren erhebe. Der Sprecher unterstrich aber, derzeit seien keine zusätzlichen US-Zölle auf EU-Produkte bekannt.

Zölle bis zu 25 Prozent

Trump hatte zuvor Importe aus Kanada, Mexiko und China mit neuen Zöllen belegt. Wie das Weiße Haus am Wochenende auf X mitteilte, beträgt der Zollsatz für Produkte aus den Nachbarstaaten Kanada und Mexiko bis zu 25 Prozent, für kanadisches Rohöl sind es zehn Prozent. Ein Zollsatz von zehn Prozent gilt ebenso für Produkte aus China. Kanada will nun seinerseits Zölle in der Höhe von 25 Prozent auf US-Waren einführen. Auch China und Mexiko kündigten “Gegenmaßnahmen” an.

Die neuen US-Zölle sollen kommenden Dienstag in Kraft treten. Trump hatte bereits im Wahlkampf mit den Zöllen gedroht und dies unter anderem mit dem Handelsdefizit der USA begründet. Der US-Präsident hat auch Maßnahmen gegen die Europäische Union in Aussicht gestellt, über die er zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden will.

In Anspielung darauf, dass der Schritt in den USA zu höheren Verbraucherpreisen führen dürfte, schrieb Trump am Sonntag: “Wird es Schmerzen geben? Ja, vielleicht (und vielleicht auch nicht!).” Der Schritt werde Amerika aber wieder großartig machen, “und das wird den Preis wert sein, der dafür zu zahlen ist”. Trump versprach einmal mehr: “Das wird das goldene Zeitalter Amerikas sein!”

Ein Modell des EY-Chefvolkswirts Greg Daco über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Zölle geht davon aus, dass diese das US-Wachstum in diesem Jahr um 1,5 Prozentpunkte verringern, Kanada und Mexiko in eine Rezession stürzen und eine “Stagflation” im eigenen Land einleiten könnten.

Trump rief nationalen Notstand aus

Trump hat zur Durchsetzung der Zölle den nationalen Notstand gemäß des “International Emergency Economic Powers Act” ausgerufen, der ihm weitreichende Befugnisse zur Krisenbekämpfung einräumt. Mit den Zöllen soll nach Lesart Trumps der Schmuggel der Droge Fentanyl in die USA sowie der Zustrom illegaler Migranten gestoppt werden.

Das Weiße Haus teilte mit, es werde keine Ausnahmen von den Zöllen geben. Im Falle Kanadas seien etwa Kleinsendungen mit einem Wert unter 800 Dollar nicht mehr zollfrei. Trump hatte Mexiko, Kanada und China eine Frist bis zum 1. Februar gesetzt, um dem Schmuggel von Fentanyl und chemischer Vorläuferstoffe aus China über Mexiko und Kanada in die USA zu stoppen und um illegale Einwanderer an den US-Grenzen abzuweisen.

Am Freitag hatte Trump weitere Maßnahmen in Aussicht gestellt. Er ziehe auch Importsteuern auf europäische Waren sowie auf Stahl, Aluminium, Kupfer, Medikamente und Halbleiter in Betracht, hatte er erklärt. Der US-Präsident habe sich aber noch nicht auf einen Zeitplan für die Einführung von möglichen Zöllen auf Produkte aus der EU festgelegt, teilte die US-Präsidialamtssprecherin Karoline Leavitt am Freitag mit.

Kanada reagiert mit Gegenzöllen

Kanada wird nun seinerseits Zölle in der Höhe von 25 Prozent auf US-Waren im Wert von 155 Milliarden kanadischen Dollar (106 Milliarden US-Dollar) erheben. Dies kündigte der kanadische Premierminister Justin Trudeau auf einer Pressekonferenz in Ottawa an. Waren im Wert von 30 Milliarden kanadischen Dollar würden ab Dienstag mit Zöllen belegt. Zölle auf Waren im Wert von 125 Milliarden kanadischen Dollar würden in 21 Tagen in Kraft treten. Die Zölle würden dem langjährigen Verbündeten USA schaden.

Trudeau rief die Kanadier zudem dazu auf, kanadische Produkte zu kaufen und ihren Urlaub zu Hause zu verbringen, anstatt in den USA. Seine Regierung prüfe auch weitere Maßnahmen, zum Beispiel im Bereich wichtiger Mineralien, der Energiebeschaffung und anderer Partnerschaften mit den USA. Kanada werde angesichts der US-Zölle mit dem ebenfalls betroffenen Mexiko zusammenarbeiten.

Neuerliche Trump-Begehrlichkeiten in Richtung Kanada

Trum erklärte auf “Truth Social”, die USA seien in keiner Weise auf Kanada angewiesen, doch Kanada könne ohne die USA einpacken. “Wir brauchen nichts von dem, was sie haben”, schrieb er. “Wir verfügen über unbegrenzte Energie, sollten unsere eigenen Autos herstellen und haben mehr Holz, als wir jemals verwenden können.” Ohne den Handel mit den USA, den Trump als “massive Subventionierung” darstellte, höre “Kanada auf, als lebensfähiges Land zu existieren. Das ist hart, aber wahr!” Erneut schlug Trump vor, Kanada solle sich besser den USA anschließen und der 51. US-Bundesstaat werden. Dann müsste das Land auch keine Zölle zahlen, schob er nach.

China will Klage bei WTO einreichen

Peking kündigte als Antwort auf die bevorstehende Einführung von US-Zöllen auf chinesische Waren “entsprechende Gegenmaßnahmen” an. Zudem werde man eine Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) einreichen, um die Rechte und Interessen Chinas zu schützen, teilte ein Sprecher des chinesischen Handelsministeriums am frühen Sonntagmorgen mit. Ob es sich bei den angekündigten “Gegenmaßnahmen” um Gegenzölle handelt, wurde zunächst offengelassen.

Das chinesische Außenministerium wies zudem Trumps Begründung für die neuen Zölle zurück. “Fentanyl ist Amerikas Problem”, erklärte das chinesische Außenministerium am Sonntag. “Die chinesische Seite hat eine umfassende Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten bei der Drogenbekämpfung durchgeführt und bemerkenswerte Ergebnisse erzielt.”

Auch mexikanische Gegenmaßnahmen angekündigt

Die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum kündigte ebenfalls Gegenmaßnahmen an. Sie habe Wirtschaftsminister Marcelo Ebrard angewiesen, einen Plan umzusetzen, der Gegenzölle in Betracht ziehe, schrieb die Präsidentin auf der Plattform X.

Sheinbaum reagierte empört auf die Behauptung des Weißen Hauses, ihre Regierung habe sich mit den Drogenkartellen verbündet. Gleichzeitig schlug sie US-Präsident Trump eine Arbeitsgruppe zur Zusammenarbeit im Kampf gegen den Drogenhandel vor. “Mexiko will keine Konfrontation. Wir gehen von einer Zusammenarbeit zwischen Nachbarländern aus”, sagte die linksgerichtete Präsidentin.

Bisher kaum Aufschläge fällig

Wegen des Freihandelsabkommens USMCA zwischen den USA, Mexiko und Kanada waren bisher kaum Aufschläge beim Warenaustausch dieser Staaten fällig. Trump hatte den Vertrag in seiner ersten Amtszeit selbst unterzeichnet, nachdem er das vorherige NAFTA-Abkommen aufgekündigt und neu verhandelt hatte.

In Trumps Dekreten gibt es auch einen Passus, wonach die Zölle noch erhöht oder ausgeweitet werden könnten, falls die Länder mit Vergeltungsmaßnahmen reagieren sollten – etwa mit Gegenzöllen auf Waren aus den USA. Zölle sind eine Art Zuschlag auf importierte Waren. Sie werden an der Grenze fällig. Trumps Entscheidung dürfte gravierende Folgen haben.

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