Von: mk
Bozen – Heute fand im Plenarsaal des Landtags die erste Europadebatte statt. Dazu wurden die Europaabgeordneten Herbert Dorfmann (SVP) und Harald Vilimsky (FPÖ) eingeladen. Die Themen der Debatte, die das Kollegium der Fraktionsvorsitzenden gestellt hat: Alpen-Makroregion EUSALP, Landwirtschaft, Freihandelsabkommen TTIP und Flüchtlinge. Das Europa-Thema habe besondere Bedeutung für den Landtag, erklärte Präsident Roberto Bizzo in seiner Grußrede, “denn immer öfter haben die Vorgaben und Zielsetzungen der EU Einfluss auf die Entscheidungen, die wir hier in diesem Saal treffen”.
LH Arno Kompatscher sah es als gut, dass in diesem Hause über Europa geredet werde. Meist würden Forderungen an Europa gestellt, vielleicht könne man auch einmal etwas für Europa tun. “Nie wieder Krieg”, von diesem Ziel seien die Gründer der EU ausgegangen. Es sei kein Zufall, dass man in der Wirtschaftskooperation den besten Zugang zur Zusammenarbeit gesehen habe. Das Primärziel sei erreicht worden, es habe seitdem keine Kriege mehr in Europa gegeben. Nach dem Fall der Berliner Mauer habe sich eine neue Perspektive ergeben, hinter der auch geopolitische Überlegungen stünden. Für Südtirol habe die EU eine besondere Bedeutung, sie sei die Möglichkeit, den Nationalismus, die Grenzen zu überwinden. In diesem Sinne war auch Schengen für Südtirol ein Meilenstein. Manchmal bestehe der Eindruck, dass die EU mehr Wirtschafts- als Wertegemeinschaft sei. Angesichts jüngster Entwicklungen wie in Polen, wo man die Justiz einschnüren wolle, sei die Erinnerung an die EU als Wertegemeinschaft wichtig. Die EU werde für alle Missstände kritisiert, aber das sei ein bisschen das Wesen der Politik, die die Erfolge verstaatliche und die Schuld für die Probleme der EU zuschiebe. Das sei – siehe Brexit – inzwischen einigen auf den Kopf gefallen. Insbesondere der Beamtenapparat der EU beanstandet, aber es seien weniger als jene der Stadt Wien. Bestimmungen zur Bananenkrümmungen habe es nie gegeben, zur Gurkenkrümmung fordere nun die Wirtschaft selbst eine Regelung. Europa stehe nun vor der Herausforderung der Flüchtlingswelle, und hier habe man noch keine gemeinsame Strategie gefunden, da die nationalen Interessen im Vordergrund stünden. Man müsse sich auch hier vor Augen halten: “Wir sind die EU”. Eine Einigung sei nicht leicht, die EU habe kein Durchgriffsrecht. Die Flüchtlingsproblematik sei immerhin eine Chance, um sich die geeigneten Instrumente zu geben, damit man auch für künftige Herausforderung gerüstet sei. Kompatscher bedauerte, dass die Anhörung auf einen Dienstag angesetzt wurde, obwohl bekannt sei, dass zu dieser Zeit die Sitzung der Landesregierung stattfinde.
MdEP Herbert Dorfmann bezeichnete es als wichtig, dass die verschiedenen Institutionen miteinander reden, das Europaparlament habe ansonsten keinen Kontakt zu Regionalparlamenten. Dorfmann bedauerte, dass kein italienischer Europaparlamentarier heute anwesend sei und bot für die nächste Europadebatte entsprechende Unterstützung an. Die Landwirtschaftspolitik werde im Sieben-Jahres-Rhythmus besprochen und überprüft. Die jüngste Reform, die 2014 in Kraft getreten sei, habe sich für Südtirol als positiv gezeigt. Bei den Beiträgen für die Milchwirtschaft lege man nun im italienischen Schnitt. Bei den ländlichen Entwicklungsprämien liege Italien hinten, aber Südtirol immerhin an erster Stelle in Italien. Diese zweite Säule der Landwirtschaftspolitik, die mehr Aufmerksamkeit verdienen würde, laufe leider schleppend. Mit Großbritannien verlasse ein Nettozahler von 8 Mrd. die EU, und dieses Geld müsse man erst wieder finden, und das gelte vor allem für das größte Kuchenstück im Haushalt, die Landwirtschaft. Südtirol sollte weiteren Reformen der Agrarpolitik mit Zuversicht begegnen, die letzten Reformen seien für Südtirol immer positiv gewesen. Die Kritik, dass in Europa jeder Hektar unabhängig von seiner Situation gefördert werde, treffe Südtirol ja nicht. In der EU gebe es derzeit vier Makroregionen, die inzwischen fast die Hälfte der EU-Bürger umfassen. Für diese makroregionalen Strategien seien nicht zusätzliche Gelder, Regelungen oder Institutionen vorgesehen. Sie sollten aber mehr sein als die Koordinierung von ein paar Interreg-Projekten. Daher müsse man sich damit befassen, wie die bestehenden Finanzierungsschienen in eine makroregionale Strategie eingebettet werden können. Italien sei in dieser Hinsicht übrigens das effizienteste EU-Land. TTIP sei unter den derzeitigen Voraussetzungen tot, mit dieser US-Administration habe sie keinen Sinn. Man werde in nächster Zeit beide Modelle haben, das europäische mit dem Freihandel und das Amerikanische. Die nächsten vier Jahre würden zeigen, welches das bessere sei. Südtirol exportiere Waren im Wert von knapp über 200 Mio. Euro in die USA, mit einer Steigerung von 13 Prozent letzthin. Für das Trentino mit 350 Mio. seien die USA ein noch wichtigerer Handelspartner. Aus europäischer Sicht müsse Handel nicht nur frei, sondern auch fair sein. Die EU könne nicht Handelsabkommen eingehen, die alle Schranken abbaue, wie es etwa China möchte. Aber Europa müsse sich auch schützen, etwa bei der Stahlproduktion. Nach dem Fall der Berliner Mauer habe sich eine Weltordnung etabliert, die auf Handel gegründet sei. Es gehe also nicht nur um Frachtschiffe, sondern um die Zusammenarbeit zwischen Ländern.
Zur Flüchtlingspolitik schloss sich Dorfmann den Worten von LH Kompatscher an. Er zitierte Merkel: Die europäischen Werte dürften an den Grenzen nicht aufhören, aber Europa dürfe auch nicht so tun, als ob es keine Grenzen habe. Einreiseverbote für Menschen aus bestimmten Ländern wie in den USA seien für die EU nicht denkbar, aber eine illegale Einreise bleibe illegal. Dorfmann zählte eine Reihe von Maßnahmen des EU-Parlaments in der Flüchtlingsfrage auf. Dieser sei also nicht untätig gewesen, es seien die europäischen Staaten, die das Problem nicht lösen wollten. Er kritisierte, dass Italien allein gelassen wird. Es sei dringend an der Zeit, gemeinsam längerfristige Lösungen anzupeilen.
MdEP Harald Vilimsky sprach gleich die Flüchtlingsfrage an. Die EU habe mit allem, was sie bisher getan habe, das Problem verschärft. Beim TTIP sei nicht eine Frage, wer in den USA am Ruder sei, es gehe vor allem um die Qualität der Lebensmittel. Er hoffe, dass das TTIP auch nicht wiederbelebt werde. Vilimsky dankte für die Gelegenheit, im Landtag über Europa sprechen zu können; er sei mit Südtirol ständig in Kontakt.
Die EU sah Vilimsky nicht als Erfolgsgeschichte. Frieden, freier Handel, Arbeitsplätze – dagegen könne man nichts haben. Aber die EU habe massive Konzeptfehler. Krieg habe es in Europa nicht gegeben seither, aber sehr viel Zank vor allem in den letzten Jahren. Mit dem Konzeptfehler Euro sei ganz Südeuropa in ein Problem hineingesteuert worden. Nun sei die Frage, ob man weitermache wie bisher oder ob man neue Wege überlege. Der Brexit sei ein Schock gewesen und habe zur Debatte über Zukunftsvisionen geführt. Der richtige Weg wäre eine Kooperation dort, wo die Menschen sie wünschten. Im EU-Parlament gebe es 730 Abgeordnete und 30.000 Lobbyisten. Manche EU-Politiker wollten eine immer engere Gemeinschaft, andere, wie er, wollten neue Wege beschreiten. Auch Schengen sei zu überdenken, denn in einer Notsituation müsse man eine Tür auch schließen können. In Österreich etwa gebe es derzeit eine Zunahme von Islamismus und auch kulturelle Spannungen. Er erinnerte an Merkels “Wir schaffen das”, aber auch daran, dass es sich beim Großteil nicht um wirkliche Flüchtlinge handle. Eine solche Völkerwanderung könne Europa nicht stemmen. Langsam werde diese Einsicht auch in der EU-Kommission und in einzelnen Staaten zum Thema. Mit dem Geld, das man für die Aufnahme einsetze, könne man in den Herkunftsländern viel besser helfen. Als der Euro beschlossen wurde, seien 60 Prozent Staatsverschulden als Maximum festgelegt worden, heute liege der Durchschnitt bei 90, Italien bei 130 Prozent. Vilimsky sah eine Unterteilung in zwei Zonen als möglichen Ausweg, eine Hartwährungszone, und eine, wo Geldabwertung noch möglich sei, ansonsten würden südeuropäische Länder immer ärmer.
Er glaube an diesen Kontinent und möchte alles für ihn tun, stellte Vilimsky abschließend fest. Er hoffe, dass man über Parteigrenzen hinaus Wege finde, die eine Verbesserung der Lebensbedingungen in Europa zur Folge haben.
Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) kritisierte die Absenz der Landesregierung bei der Debatte (während der Reden von Vilimsky und Dorfmann war sie noch anwesend, A.d.R.) und auch die SVP, die sich gegen die Einladung eines italienischen Europaabgeordneten aus dem Wahlkreis gestemmt habe. Kompatscher und Tommasini würden die EU verklären, während man auf der anderen Seite die Panzer an den Brenner schicke. Sie sollten sich entscheiden, auf welche Seite sie sich stellen wollten. Die Landesregierung stehe derzeit auf der Seite der italienischen Regierung, die für die Flüchtlingsmisere verantwortlich sei.
Walter Blaas (Freiheitliche) kritisierte ebenfalls die Abwesenheit der Landesregierung. Vom europäischen Gründungsgedanken sei heute wenig mehr übrig, man habe den Eindruck, dass sich in Brüssel fast alle um die Landwirtschaft drehe, während Soziales und Steuerfragen in den Hintergrund träten, dass Kapital und Lobbys den Ton angäben. Er fragte, wie in Brüssel ein Begehrensantrag des Landtagsaufgenommen würde, und wie Dorfmann zur Impfpflicht stehe.
Kompatscher habe nicht gesagt, welchen Beitrag die einzelnen Staaten leisten müssten, bemängelte Ulli Mair (F). Italien hätte zum Beispiel das Konzept der sicheren Häfen einführen können, es sei nicht verpflichtet, alle aufzunehmen. Er lasse auch zu, dass sich NGO’s wie Schlepperbanden betätigten. Sie erinnerte an die Ankündigung des italienischen Flüchtlingsrates, zehntausende Flüchtlinge bis zum Brenner zu lassen. Bezüglich EUSALP fragte sie, ob das Heft in der Hand der Regionen bleibe, sie fragte auch nach dem Einfluss der Regionen bei einem Freihandelsabkommen und nach den konkreten Maßnahmen der EU zur Bekämpfung des Islamismus.
Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) sah in Dorfmanns Rede eine konstruktive, zukunftsgerichtete Sichtweise der EU. Sie fragte Dorfmann, ob es bereits Beispiele für die Kennzeichnung von landwirtschaftlichen Produkten als Bergerzeugnis gebe. Dies wäre eine gute Strategie für die Europaregion, hier sollte man nicht auf Konkurrenz, sondern auf Zusammenarbeit setzen. Man möchte die Qualität der europäischen Produkte beibehalten und nicht im Rahmen eines Abkommens wie TTIP gefährden.
Hans Heiss (Grüne) fragte, inwieweit die Makroregion mit dem Binnenmarkt vereinbar sei. Die Flüchtlingsdebatte in der EU sei von Populismus und Nationalismus geprägt. Die Flüchtlingsfrage sei lösbar, von den 70 Millionen Flüchtlingen weltweit würden 90 Prozent in ihrer Herkunftsregion bleiben. Italien stehe mit Dublin II und seit dem Türkeiabkommen unter starkem Druck, Süditalien sei mit Griechenland das Armenhaus Europas und sei der Herausforderung nicht gewachsen. Eine Schließung der Mittelmeerroute, wie von Außenminister Kurz gefordert, wäre nicht erfolgreich. Eine gerechte Verteilung hingegen wäre zu schultern. Die meisten seien Armutsflüchtlinge, hier wären Wirtschaftshilfe und Rücknahmeabkommen hilfreich.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) kritisierte die spärliche Präsenz im Landtag gerade bei einem so wichtigen Thema. Die EU habe Südtirol viel gebracht, mehr Europa habe immer auch weniger Italien bedeutet. Von der anfänglichen Begeisterung für Europa sei aber nichts mehr übrig, es sei ein Europa der Interessensgemeinschaften geworden, an die die Werte von Fall zu Fall angepasst würden. Die EU verschwende Millionen beim Brennerbasistunnel, weil dieser nicht an der günstigsten Stelle, sondern unbedingt am Brenner die Grenze passieren müsse. Knoll kritisierte auch, dass man zulasse, dass unkontrolliert Flüchtlingsboote an Land gehen dürften. Europa scheitere auch bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, wenn Milchlieferungen über die Staatsgrenze nicht möglich seien.
Brigitte Foppa (Grüne) sah in der europaweiten Intensivtierhaltung ein großes Problem und fragte nach den derzeitigen politischen Orientierungen in Brüssel. Sie bat auch um Lagebericht und Stellungnahme zu Glyphosat. Dorfmann habe von illegaler Einwanderung gesprochen, aber die Genfer Konvention sei vor einem solchen Hintergrund abgeschlossen worden. Hier sei das Flüchtlingsrecht zu aktualisieren, sodass auch die Flucht vor Hunger und Armut anerkannt werde. Foppa fragte schließlich, welche Orientierungen es in Brüssel zu Genderpolitik und Mutterschutz gebe.
Bernhard Zimmerhofer (STF) erinnerte an die Südtiroler Freiheitskämpfer, die immer noch nicht heim dürften. Mit der Grenzöffnung durch Schengen sei die EU ein großer Hoffnungsschimmer geworden, nun aber stehe man immer wieder vor einer drohenden Schließung. Die Schweiz sah Zimmerhofer als Modell für die EU, nach außen stehe sie zusammen, nach innen sei sie dezentral organisiert, auch der Wechsel von Gebieten von einem Kanton zum anderen sei möglich. Die EU sei überhastet erweitert worden, meinte er und fragte, ob ein Europa der zwei Geschwindigkeiten möglich sei und ob Italien dann in die zweite Reihe zurückrutschen würde. Er kritisierte, dass die SVP mit Forza Italia bei der EVP sei, während man in Rom mit dem PD koaliere – sie sollte sich den europäischen Minderheiten anschließen.
Myriam Atz Tammerle (STF) hob den Abbau der sichtbaren Grenzen als positives Ergebnis der EU hervor. Aber es gebe immer noch zu große Unterschiede und Schwierigkeiten, etwa für die Wirtschaft. Hier müsste doch die Digitalisierung einen Bürokratieabbau ermöglichen. Ebenso sollte ein internationaler Austausch zur Bekämpfung des Fachkräftemangels möglich sein. Lokalität und Regionalität bei den Produkten seien gefragt, nicht nur in Südtirol, daher sollten lokale Kreisläufe und der ländliche Raum stärker unterstützt werden, damit nicht nur die Großen etwas vom Kuchen abbekommen. Die Digitalisierung sollte es auch möglich machen, dass Daten über Flüchtlinge unter den EU-Staaten ausgetauscht werden. Atz Tammerle fragte schließlich die beiden EU-Abgeordneten, wie sie zur Selbstbestimmung stünden.
Dieter Steger (SVP), der den Anstoß für die Europadebatte gegeben hatte, dankte den beiden Europaabgeordneten, insbesondere Dorfmann, der immer für die Anliegen Südtirols zur Verfügung stehe. Die Alpenraumstrategie solle garantieren, dass die Alpen nicht entvölkert werden, sie solle den Alpenbewohnern auch ein politisches Gewicht in Brüssel geben. Die Regionen sollten gemäß dem Subsidiaritätsprinzip eine wichtige Rolle in Europa spielen, und dazu könne die EUSALP beitragen. Erst der freie Handel habe Südtirol Wohlstand gebracht, daher sollte man im Freihandel auch die positiven Aspekte sehen. Europa sei als größter Wirtschaftsraum der Erde darauf angewiesen, aber nicht zu jedem Preis. Die europäischen Standards dürften nicht verwässert werden. Die Flüchtlingspolitik der EU sei halbherzig, Italien werde allein gelassen. Der freie Personenverkehr gerate so ins Wanken. Leider sei die Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik immer noch Zuständigkeit der Nationalstaaten. Es brauche eine gemeinsame Flüchtlingspolitik, eine Stärkung der Außengrenzen und eine Unterstützung der Herkunftsländer. Die Solidarität unter den europäischen Staaten sei notwendig, wenn man nicht wieder in einen Nationalismus zurückfallen wolle.
Hannes Zingerle (F), der auch auf die leere Regierungsbank hinwies, fragte, was die EU unternehme, um für die Jugendlichen attraktiv zu sein. Er fragte auch, wie lang- bzw. kurzlebig EU-Bestimmungen seien – man müsse sich immer wieder umstellen – und wie es mit den Biogasförderungen bei der Berglandwirtschaft aussehe.
Sigmar Stocker (F) stellte die Präsenz von 4 SVP-Abgeordneten und 11 Oppositionellen fest, man hätte den Gästen mehr Respekt erweisen können. Er wies auf die Wasserknappheit in der jüngsten Zeit hin und auf die Hilfe, die Südtirol diesbezüglich anderen Regionen leiste, und fragte, ob man die Regionen zu einem nachhaltigen Wassermanagement zwingen könne. Dies sei eines der Probleme der Zukunft.
Roland Tinkhauser (F) stellte fest, dass viele Kompetenzen in den vergangenen Jahren an Rom und Brüssel abgegeben wurden. Er fragte die EU-Parlamentarier, wie die Finanzkrise zu lösen wäre. De facto habe man ein Europa der zwei Geschwindigkeiten, die Südstaaten mit ihrer hohen Verschuldung täten sich schwer, mitzuhalten. Er frage sich aber, zu welcher Zone Italien im Falle einer Teilung gehören würde, ob es Unterstützung von Brüssel bekommen würde.
Oswald Schiefer (SVP) wehrte sich gegen die Kritik an der Absenz der Landesregierung, sie sei bekanntlich derzeit in Sitzung. Er bat die beiden Europaabgeordneten um Druck in Brüssel, damit die EU-Finanzierung auch für die Zulaufstrecken eingehalten wird, die RFI allein werde dies nicht meistern können. Er erinnerte auch an die Wasserknappheit im Unterland und in Überetsch. Es gebe hier ein Projekt, Wasser herzupumpen, das hoffentlich auch von der EU unterstützt werde. Er bat außerdem um Druck, damit das Rollmaterial der Bahnbetreiber auf den neuesten Stand gebracht wird.
Helmuth Renzler (SVP) bedauerte, dass man in Zusammenhang mit der EU oft von Wirtschaft rede, aber selten von Harmonisierung von Steuern oder Renten. Von letzterem werde auch die Jugend abgeschreckt. Hier sollten Transferleistungen zwischen den Staaten möglich sein. Ebenso sollte man ein einheitliches Sozialsystem andenken.
Tamara Oberhofer (F) stellte den Zusammenhang zwischen Minderheitenschutz und Migration her und fragte, ob das in der EU ein Thema sei. Sie fragte auch, wie der Aufenthalt bei Ablehnung des Asylantrags geregelt sei.
Die Antworten der Europaparlamentarier
Harald Vilimsky bekannte sich deutlich zur direkten Demokratie, die über dem Unionsrecht stehen sollte. Die Wahlbeteiligung sei in einzelnen Ländern auf 13 Prozent gesunken. Ein Europa der zwei Geschwindigkeiten sah er als mögliche Lösung, damit würde niemand überfordert. De facto könne heute jeder, der nach Europa komme, auch hier bleiben – das sei auch das Hauptproblem der europäischen Flüchtlingspolitik. Zur Bankenkrise, die vor allem Italien derzeit treffe, sah er eine Trennung in Geschäfts- und Investmentbanken als sinnvoll, dazu gebe es parteiübergreifend Konsens. Er sehe eine Teilung in Hartwährungs- und Weichwährungszone als möglich, aber auch einen Erhalt des Euro, wenn es gelinge, die Länder wirtschaftlich stabil zu halten. Zum Spannungsfeld zwischen EU und Nationalstaaten meinte Vilimsky, er sehe Europa als pluralistisches Gebilde mehrerer Systeme. Er sei dagegen, gewachsene Realitäten über denselben Kamm zu scheren. Europa solle einen Schritt zurück machen und den Staaten mehr Spielraum lassen. Vilimsky äußerte sich Befürworter der Selbstbestimmung und auch der Verankerung der Schutzmachtfunktion in der österreichischen Verfassung.
Herbert Dorfmann stellte klar, dass Arbeitsmigranten sehr wohl nach Europa dürften, sie müssten aber als solche kommen, nicht als Flüchtlinge. Er berichtete von mehreren Regionen, die das Herkunftszeichen Bergprodukt verwendeten. Der Landtag könne sich in Brüssel über den Ausschuss der Regionen einbringen. Zum Thema Glyphosat plädierte Dorfmann dafür, sich auf die Wissenschaft zu verlassen, es sei auch nicht sinnvoll, mit dem Verdampfen auch die gesamte Bodenfauna zu vernichten. Italien sei Gründungsstaat der Union und darin drittgrößte Volkswirtschaft, ganz ohne Italien werde Europa nicht funktionieren. Er sei auch gegenüber dem Vorschlag der zwei Geschwindigkeiten skeptisch. Was die Steuerharmonisierung betreffe, so sei sie bei der Mehrwertsteuer bereits Tatsache. Zur Selbstbestimmung Kataloniens meinte er, wenn die Bürger dafür stimmten, so werde man das in Brüssel eben zur Kenntnis nehmen. Dorfmann berichtete auch von seinen Bemühungen um die Finanzierung der BBT-Zulaufstrecken. Ein einheitliches Sozialsystem sei derzeit schwierig, aber man müsse alles tun, dass wenigstens eine gegenseitige Anerkennung möglich sei. Zur Finanzierbarkeit von Wasserprojekten durch die EU erklärte er schließlich, dass dies für Bewässerung möglich sei, Trinkwasser hingegen sei Zuständigkeit der Staaten.