EU hält an Unterstützung der Ukraine fest

Europa nach Eklat mit Trump pro Selenskyj und Kiew

Samstag, 01. März 2025 | 11:29 Uhr

Von: APA/AFP/Reuters/dpa

Nach dem hitzigen Wortgefecht von US-Präsident Donald Trump und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus haben europäische Spitzenpolitiker der Ukraine ihre Unterstützung zugesichert und sich hinter Selenskyj gestellt. “Ihr seid nicht allein”, schrieb etwa Polens Ministerpräsident Donald Tusk im Kurznachrichtendienst X an Selenskyj und das ukrainische Volk gerichtet. Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni schlug ein sofortiges Gipfeltreffen vor.

Bei einem Gipfel zwischen den USA, den europäischen Staaten und Verbündeten soll laut Meloni offen darüber gesprochen werden, “wie wir mit den großen Herausforderungen der Gegenwart umgehen wollen, angefangen bei der Ukraine”. Die rechtsnationale Politikerin, die eine klare Unterstützerin der Ukraine ist, aber auch einen guten Draht zu Trump hat, beschwor die transatlantische Einigkeit: “Jede Spaltung des Westens macht uns alle schwächer und begünstigt diejenigen, die den Untergang unserer Zivilisation herbeiführen wollen.”

Estlands Außenminister Margus Tsahkna erklärte, dass die Unterstützung seines Landes für die Ukraine “unerschütterlich” bleibe. Das einzige Hindernis für Frieden sei die Entscheidung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, seinen Angriffskrieg fortzusetzen. “Wenn Russland aufhört zu kämpfen, gibt es keinen Krieg mehr. Wenn die Ukraine aufhört zu kämpfen, wird es keine Ukraine mehr geben.” Europa müsse jetzt aktiv werden.

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich solidarisch mit der Ukraine. “Seien Sie stark, seien Sie mutig, seien Sie furchtlos. Sie sind niemals allein, lieber Präsident Selenskyj”, erklärt sie auf X. “Wir werden weiter mit Ihnen an einem gerechten und dauerhaften Frieden arbeiten.”

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas stellte unterdessen die Führungsrolle der USA in der westlichen Welt in Frage. “Heute ist klar geworden, dass die freie Welt einen neuen Anführer braucht”, schrieb Kallas in Onlinenetzwerken. Sie bekräftigte zudem die Unterstützung der Europäer für die von Russland angegriffene Ukraine.

Schallenberg: “Russland ist der Aggressor”

Interimskanzler und Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) erklärte auf X: “Russland ist der Aggressor, und wir teilen die Verpflichtung der Ukraine für einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden!” Dessen designierte Nachfolgerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) betonte: “Wir stehen an der Seite der Ukraine für einen gerechten und anhaltenden Frieden.” “Europa muss jetzt zusammenrücken & gemeinsam handeln. Trump betreibt eine abscheuliche Täter-Opfer-Umkehr”, postete der Bundessprecher der Grünen, Werner Kogler, auf Bluesky. FPÖ-Chef Herbert Kickl sah sich dagegen in den “jahrelangen Warnungen vor der Kriegstreiberei und der Forderung nach Frieden auch in Sachen Ukraine-Krieg” bestätigt.

Der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Støre erklärte: “Was wir heute vom Weißen Haus erlebt haben, ist ernst und entmutigend.” Dass Trump Selenskyj beschuldige, mit dem Dritten Weltkrieg zu spielen, sei zutiefst unangemessen. Norwegen stehe an der Seite der Ukraine. “Wir hoffen, dass die Trump-Regierung auch versteht, wie wichtig ein gerechter und dauerhafter Frieden in der Ukraine ist.”

Macron: Europas Russland-Politik richtig

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklärte am Freitagabend nach dem Streit der beiden Staatschefs im Weißen Haus, im Krieg sei Russland der Angreifer und das ukrainische Volk der Angegriffene. Es sei vor drei Jahren richtig gewesen, der Ukraine zu helfen und Russland mit Sanktionen zu belegen und dies weiter zu tun. Man müsse jene respektieren, die von Anfang an gekämpft hätten, betonte Macron, der laut dem Elysée-Palast später auch mit Selenskyj telefonierte. Zum Inhalt des Gesprächs wird zunächst nichts bekannt. Die “Financial Times” berichtete, Selenskyj habe auch mit NATO-Chef Mark Rutte telefoniert.

Auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz versicherte der Ukraine die Unterstützung Deutschlands. “Niemand will Frieden mehr als die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine! Deswegen suchen wir gemeinsam den Weg zu einem dauerhaften und gerechten Frieden”, teilte er mit. “Auf Deutschland – und auf Europa – kann sich die Ukraine verlassen.”

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock schrieb auf Sozialen Medien: “Die Ukraine ist nicht allein. Deutschland steht gemeinsam mit unseren europäischen Verbündeten geschlossen an der Seite der Ukraine – und gegen die russische Aggression.” Sie betonte: “Die Ukraine kann auf unerschütterliche Unterstützung aus Deutschland, Europa und darüber hinaus bauen.”

CDU-Chef Friedrich Merz, der nach seinem Wahlsieg Scholz wohl als Kanzler ablösen dürfte, versicherte Selenskyj seine Solidarität. “Lieber Wolodymyr Selenskyj, wir stehen der Ukraine in guten und in schwierigen Zeiten bei”, schrieb Merz er auf Englisch auf X. “Wir dürfen niemals Aggressor und Opfer in diesem schrecklichen Krieg verwechseln.”

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez versichert der Ukraine die Solidarität seines Landes. “Ukraine, Spanien steht an euer Seite”, schrieb er auf X.

Demokratischer Senator: Trump macht “Drecksarbeit” Putins

Ein hochrangiger US-Politiker der oppositionellen Demokraten warf Trump und seinem Vize J.D. Vance vor, die “Drecksarbeit” des russischen Präsidenten Putin zu machen. “Trump und Vance machen Putins Drecksarbeit”, erklärte der Anführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, in Onlinenetzwerken. “Die Demokraten im Senat werden nie aufhören, für Freiheit und Demokratie zu kämpfen”, fügte Schumer hinzu.

Selenskyj war davor am Freitag zu seinem mit Spannung erwarteten Besuch im Weißen Haus eingetroffen. Bei dem Empfang im Oval Office kam es zu einem heftigen Wortwechsel, bei dem Trump von Selenskyj “Kompromisse” einforderte und ihm ‘”Undankbarkeit” vorwarf. Selenskyj verließ das Weiße Haus daraufhin vorzeitig.

Hämische Reaktionen Moskaus

Ein ranghoher Vertreter Russlands bezeichnete die Eskalation im Weißen Haus indes als “historisch”. “Historisch” schrieb Kirill Dmitrijew, Chef des russischen Direktinvestitionsfonds, am Freitag im Onlinedienst X. Dmitrijew war einer der russischen Unterhändler bei den Gesprächen zwischen Russland und den USA am 18. Februar in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad.

Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew erklärte mit Blick auf Selenskyj, “zum ersten Mal hat Trump dem Kokain-Clown die Wahrheit gesagt”. Das sei eine “eiskalte Klatsche” gewesen. Trump habe Selenskyj die Wahrheit ins Gesicht gesagt und ihm erklärt, dass er mit dem Dritten Weltkrieg spiele. “Und das undankbare Schwein bekam eine kräftige Ohrfeige von den Besitzern des Schweinestalls. Das ist nützlich”, schrieb Medwedew auf Telegram. Genug sei das aber nicht. Vor allem müsse nun die Militärhilfe für die Ukraine eingestellt werden.

Orbán dankt Trump

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán dankte US-Präsident Trump nach dem Eklat für dessen Einsatz für den “Frieden”. “Starke Männer schließen Frieden, schwache Männer führen Krieg”, schrieb Orbán auf X. “Heute hat sich Präsident Donald Trump mutig für den Frieden eingesetzt. Auch wenn es für viele schwer zu verdauen war”, fuhr Orban fort und schloss mit den Worten: “Danke, Herr Präsident!”

Ukrainische Politiker stärken Selenskyj den Rücken

Spitzenpolitiker aus der Ukraine drückten wiederum demonstrativ ihre Unterstützung für Präsident Selenskyj aus. Selenskyj habe Recht, erklärte Ministerpräsident Denys Schmyhal auf dem Kurznachrichtendienst X. “Frieden ohne Garantien ist nicht möglich.”

Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk teilte mit: “NIEMAND hat das Recht zu vergessen, dass in diesem Krieg Russland der Angreifer und die Ukraine das Opfer der Aggression ist.”

Selenskyjs Kanzleichef, Andrij Jermak, verteidigte den Präsidenten so: Selenskyj kämpfe um die Ukraine, um jeden, der einen gerechten und lang anhaltenden Frieden wolle. “Ich unterstütze den Präsidenten, der die Interessen unseres heldenhaften Volkes vertritt. In jeder Situation. Punkt”, unterstrich Jermak.

Außenminister, Andrij Sybiha, der wie Jermak auch im Weißen Haus anwesend war, unterstützte Selenskyj in einem Post auf X. Selenskyj habe “den Mut und die Kraft, für das einzutreten, was richtig ist”.

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