Von: mk
Kiew – Seit mehr als zwei Jahren wehrt sich die Ukraine gegen den Angriffskrieg Russlands. Während der Ukraine derzeit vor allem Munitionsengpässe und fehlender Nachschub an Waffen zu schaffen machen, richtet sich gleichzeitig mit der Eskalation in Nahost die internationale Aufmerksamkeit vermehrt auf Israel und den Iran. Trotzdem wagt ausgerechnet ein chinesischer Politologe eine überraschende Prognose: Feng Yujun zufolge wird die Ukraine als Siegerin aus dem militärischen Konflikt hervorgehen. Dafür nennt der renommierte Professor vier Gründe, wie aus einem Bericht im britischen “Economist” hervorgeht.
Der erste davon sei der starke Zusammenhalt der Ukrainer. Der gesellschaftliche Konsens, sich gegen die Besatzer zur Wehr zu setzen, ist auf nationaler Ebene in der Ukraine immer noch außergewöhnlich hoch. Damit habe niemand gerechnet, auch Russland sei wohl überrascht worden. Obwohl auch die Ukraine Verluste erleidet, bleiben die Stärke und die Geschlossenheit ihres Widerstands groß und rütteln am Mythos von der militärischen Überlegenheit Russlands.
Der zweite Grund liegt Yujun zufolge die internationale Unterstützung für die Ukraine. Zwar sei die in der vergangenen Zeit hinter den Erwartungen des Landes zurückgeblieben, sie sei aber weiterhin gegeben.
Als dritten Faktor hebt der Experte die ukrainische Kriegsführung hervor, die laut ihm moderner als die russische sei. Die Ukrainer stützen sich seiner Ansicht nach auf eine Kombination aus industrieller Stärke sowie Kommando-, Kontroll-, Kommunikations- und Aufklärungssystemen, während sich Russland noch nicht von der dramatischen Deindustrialisierung erholt hat, die es nach dem Zerfall der Sowjetunion erlitten hatte.
Als vierten Grund nennt den “Informationskokon”, in dem Kreml-Despot Wladimir Putin steckt. Seit mehr als 20 Jahren bestimme Putin die Politik im Land, weshalb er mittlerweile in seiner eigenen Welt gefangen sei. Dadurch seien der russische Machthaber und sein Team auch blind für präzise Erkenntnisse im Interesse von Russlands nationaler Sicherheit. Während Russland demnach ein wirksamer Mechanismus zur Fehlerbehebung fehlt, ist die Ukraine Yujun zufolge in dieser Hinsicht viel flexibler und effizienter.
Krieg wird zum Wendepunkt für Russland
Die Schlussfolgerung des Professors klingt aus russischer Sicht hart: Demnach wird der Kreml seinen Angriffskrieg verlieren und muss sich im Anschluss aus allen besetzten ukrainischen Gebieten, einschließlich der Krim, zurückziehen.
Laut Yujun seien die russischen Atomwaffen ebenfalls keine Garantie für den Erfolg. Auch die atomar bewaffneten USA hätten sich schließlich damals aus Korea, Vietnam und Afghanistan zurückgezogen.
Vielmehr sei Russland vielen unabschätzbaren Risiken ausgesetzt. Putin habe das Land mit dem Einfall in die Ukraine weitgehend in die internationale Isolation geführt. Dazu würden immer wieder innenpolitische Probleme aufflammen – von der Rebellion der Wagner-Söldner über ethnische Spannungen in mehreren russischen Regionen bis hin zum jüngsten Terroranschlag in Moskau.
Gerade angesichts des jüngsten Besuchs vom deutschen Bundeskanlzer Olaf Scholz in China ist die Analyse erstaunlich, zumal darüber gerätselt wird, welche Haltung China zum Ukraine-Krieg wirklich einnimmt. Während der chinesische Präsident Xi Jinping immer wieder offiziell betont, sich für den Frieden einsetzen zu wollen, wirft der Westen China vor, Russland mit Gütern zu versorgen, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können und so die russische Kriegswirtschaft unterstützen.