Von: mk
Bozen – Die Anzahl von Flüchtlingen, die sich zurzeit auf dem Gemeindegebiet von Bozen aufhalten und die aus dem italienischen System der Flüchtlingsbetreuung „herausfallen“, ist mittlerweile auf 300 angestiegen. Diese Flüchtlinge haben ihren Asylantrag selbständig und direkt bei der Quästur von Bozen gestellt, nachdem sie eigenständig bis nach Südtirol gelangt sind. Sie gehören nicht in die „Quote“, welche Südtirol vom italienischen Staat zugewiesen wurde und werden deshalb auch nicht durch staatliche Systeme betreut. Darauf weist Chiara Rabini von den Grünen-Verdi-Verc/Projekt Bozen in einer Aussendung hin.
Nach zahlreichen Appellen durch Vereine und Freiwilligenverbände seien diese Menschen schließlich in zwei Einrichtungen in Bozen aufgenommen („Lemayr“ und „Salewa“) worden, die Ende Dezember 2015 im Rahmen der „Winterunterkünfte für Obdachlose“ geschaffen wurden. Die 139 Menschen, welche in diesen Einrichtungen Zuflucht gefunden haben, erhalten dank der Landesverwaltung Verpflegung und Unterkunft, seit August 2016 können sie auch einen Teil des Tages hier verbringen.
„Genannte Einrichtungen stellen jedoch nur eine Übergangslösung dar. Sie sind keine Zentren für Asylbewerber da hier den Flüchtlingen all jene zusätzlichen Maßnahmen, die eigentlich vom Gesetz vorgesehen sind, nicht angeboten werden. Zusätzliche Maßnahmen wie Sprachkurse oder Freizeitbeschäftigungen werden bisher von Freiwilligenvereinen organisiert. Die übrigen Asylsuchenden leben weiterhin auf der Straße. In Bozen werden also Flüchtlinge offensichtlich auf zwei verschiedene Arten behandelt: Es gibt Flüchtlinge der Kategorie „A“ und jene der Kategorie „B“. Dies schafft große Unsicherheit und es ergeben sich dadurch immer wieder Probleme im Zusammenleben zwischen Flüchtlingen bzw. Asylsuchenden und der Bevölkerung der Stadt“, erklärt Rabini.
Die Grünen-Verdi-Verc/Projekt Bozen fordern die verantwortlichen Institutionen auf, diese Situation so rasch als möglich zu beseitigen, besonders hinsichtlich des bevorstehenden Winters. Die Grünen-Verdi-Verc/Projekt Bozen teilen mit dem Bürgermeister Renzo Caramaschi die Ansicht, dass eine bessere Verteilung der Flüchtlinge zwischen den Gemeinden des Landes dringend und unumgänglich ist. Sie weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass gerade die kleinen Gemeinden Südtirols besonders erfolgreich in der Integration von Flüchtlingen seien.
„Es ist nötig, eine hohe Konzentration von Flüchtlingen zu vermeiden und eine faire Verteilung der Flüchtlinge zu gewährleisten. Dies ist auch das Ziel des letzten Dekrets der italienischen Regierung, welches das „Schutzsystem für Asylbewerber und Flüchtlinge“ („Systema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati“ SPRAR) vorsieht, das auf Vorschlag der „Nationalen Vereinigung der Gemeinden“ ANCI am 3. August 2016 verabschiedet wurde. In Zukunft soll es keine Einrichtungen für mehr als 50 Menschen geben, es sollte hingegen die Unterbringung in Mikrostrukturen gefördert werden und es sollen jene Gemeinden und Provinzen ausgezeichnet und gefördert werden, die am System des SPRAR teilnehmen. Innerhalb des Monats August wird die Regierung die lokalen Institutionen über jene Richtlinien informieren, die in Zukunft als Modell für die Aufnahme von Flüchtlingen dienen sollen und welche bereits verwirklichten Erfolgsmodellen folgen sollen“, so Rabini.
Zu den Zielen des Koalitionsprogramms der Bozner Stadtregierung gehöre – auf Vorschlag der Grünen-Verdi-Verc/Projekt Bozen – auch das Vorhaben, mit dem Land die Möglichkeiten und Chancen dieses SPRAR-Modells auszuloten. Die Teilnahme am SPRAR-Programm, das von zahlreichen italienischen Lokalverwaltungen bereits mit Erfolg getestet worden sei, würde für die Gemeinde Bozen die Möglichkeit eröffnen, ein SPRAR-Projekt auf Gemeindegebiet durchzuführen. Das Projekt würde aus dem Nationalen Fond für Flüchtlingshife finanziert und könnte von der Gemeinde selbst verwaltet werden, so die Grünen.
Die Grünen-Verdi-Verc/Projekt Bozen schlagen auch die Organisation von Informationsveranstaltungen vor, um die Diskussion über Probleme und Lösungsmöglichkeiten der Flüchtlingsaufnahme zu versachlichen. „Es braucht außerdem eine Reflexion über die sogenannte Flüchtlingskrise, die Bevölkerung muss sensibilisiert werden, damit Hintergründe und Lebensbedingungen der Flüchtlinge wie Gewalt, Unterdrückung, Elend und Krieg besser verstanden werden“, erklärt Rabini abschließend.