Von: apa
Flüchtlinge sollen früher an die hier geltenden Werte herangeführt und zur Aufnahme gemeinnütziger Tätigkeiten animiert werden. Das ist das Ziel einer von Innenminister Gerhard Karner und Integrationsministerin Susanne Raab (beide ÖVP) am Dienstag vorgestellten Initiative. So sollen “Grundregelkurse” schon vor Entscheidung über den Asylstatus verpflichtend werden und zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden.
Freilich gilt das neue Regulativ nur für jene Asylsuchenden, die in Bundesbetreuung sind, also ganz am Anfang des Verfahrens stehen. Von den 35.000 Flüchtlingen in Grundversorgung werden aktuell gerade einmal 1.600 vom Bund betreut. Vertriebene in der Ukraine sind hier nicht mitgerechnet und auch nicht von den Neuerungen betroffen.
Karner verwies in dem Pressegespräch darauf, dass ja die Länder um entsprechende Maßnahmen ersucht hätten. Der Bund habe nun “wichtige Anhaltspunkte” geschaffen, an denen sich die Länder, die den weit größeren Teil der Grundversorgung bestreiten, orientieren könnten. Verpflichten dazu kann sie der Minister freilich nicht.
Wiens zuständigem Stadtrat Peter Hacker gehen (SPÖ) die Pläne schon einmal nicht weit genug, er ist “enttäuscht”, wie es gegenüber der APA Dienstagnachmittag hieß. Bei der kommenden Flüchtlingsreferentenkonferenz am 4. Juni wird Wien daher einen Antrag stellen, das Kursangebot auf alle 35.000 Asylwerber in der Grundversorgung auszuweiten. Doch nicht nur das: Hacker will, dass nicht bloß Werte- und Orientierungskurse offeriert werden, sondern auch Deutsch- und Alphabetisierungskurse. Dazu soll es mit dem AMS einen beruflichen Kompetenzcheck geben.
So weit der Wiener Wunsch – nun dazu, was sich tatsächlich ab Ende Juni ändern soll: es soll für die Neuankommenden über Bundesbetreuungsagentur (BBU) und Integrationsfonds eine verpflichtende Teilnahme an “Grundregelkursen” geben, die den “Wertekursen” für Asylwerber ähneln dürften. Überblicksartig sollen dort Themen wie Kultur und Umgangsformen, Gleichberechtigung, Demokratie, Rolle von Männern und Frauen sowie Antisemitismus besprochen werden. Vorgesehen sind vier Module a 90 Minuten, wie Raab erläuterte. Wer fehlt, dem wird das Taschengeld gekürzt.
BBU-Geschäftsführer Andreas Achrainer sieht hier ganz wichtige Inhalte, die vermittelt werden. Die meisten Flüchtlinge seien selbst “neugierig, wie man sich in Österreich verhält”. Zusatzvorteil laut Achrainer: Man habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass gerade Familienoberhäupter auf junge Mädchen starke Einwirkung hätten, die gerne mehr über Pflichten und Rechte wüssten. Hier sei die Verpflichtung von Vorteil.
Was die zu leistende Arbeit der Bundesbetreuten angeht, sprach Karner von einer “Arbeitspflicht”. Tatsächlich geht es um eine Halbierung der 40 Euro Taschengeld, wenn man eine Tätigkeit verweigert. Zum Einsatz kommen dürfte diese Pönale wohl eher selten, berichtete Achrainer doch von Wartelisten in den Bundesbetreuungseinrichtungen, um eine Aufgabe annehmen zu können: “Jeder will etwas Sinnvolles machen.” Die Tätigkeiten bisher gehen von der Flurreinigung bis zum Küchendienst.
Daher ist der BBU-Geschäftsführer auch froh, dass die Einsatzmöglichkeiten für die Asylwerber ausgebaut werden. Neben Tätigkeiten im Bereich von Bund, Ländern und Gemeinden sind auch solche in Organisationen der öffentlichen Hand ohne Gewinnorientierung oder Gesellschaften, die Anspruch auf Minimum fünf Zivildiener haben, möglich. Als potenzielle Tätigkeitsfelder nannte Karner Winterdienst sowie Hilfsleistungen in Pflegeheimen und Bibliotheken. Nicht gerade üppig wird der Verdienst sein. Der Innenminister nannte einen “Anerkennungsbeitrag” von 1,50 Euro pro Stunde. Ohnehin gilt für Karner: “Wer von der Allgemeinheit unterstützt wird, soll auch etwas zurückgeben.”
Dass die meisten Flüchtlinge nur zu Beginn ihres Verfahrens in der Bundesbetreuung sind und dann möglichst rasch in von den Ländern organisierte Unterkünfte kommen, macht die Sache für Achrainer nicht weniger sinnvoll. Derzeit funktioniere der “Durchfluss” vom Bund zu den Ländern gut, doch habe es auch schon Zeiten gegeben, wo Flüchtlinge ein halbes Jahr oder noch länger in der Bundesbetreuung gewesen seien.
Die Verordnung, die vor allem die neuen Arbeitsregeln regeln soll, wurde noch am Dienstag in Begutachtung geschickt. Sie regelt im Wesentlichen, in welchen Organisationen die Asylwerber zum Einsatz kommen. Klar gestellt wird dabei etwa, dass gewinnorientierte und damit in der Regel im wirtschaftlichen Wettbewerb befindliche Rechtsträger, die unter dem beherrschenden Einfluss einer Gebietskörperschaft stehen, die Flüchtlinge nicht beschäftigen dürfen. Die berechtigten NGOs müssen ihren Hauptsitz oder ihre Geschäftsleitung in Österreich haben. Die Pönale mit der Halbierung des Taschengelds soll dagegen über die jeweilige Hausordnung geregelt werden.
Seitens der FPÖ hagelte es die übliche Kritik. Die präsentierten Inhalte seien mehr Sein als Schein, meinte Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer, der eine PR-Show zu erkennen meint. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger hielte eine Arbeitserlaubnis für Asylwerber für sinnvoller, auch aus wirtschaftlicher Sicht. Denn sie finde es “reichlich zynisch”, Asylwerbern Arbeit zu verbieten, dann zu sagen, “die hackeln nix”, und sie letztlich zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten, erklärte die pinke Frontfrau am Rande einer Pressekonferenz. Zudem verwies sie auf die Forderung nach einer Rückkehr des Integrationsjahres, eventuell in verschärfter Form, jedenfalls mit Wertekursen und Deutschkurs.