Von: mk
Brenner/Salurn/Rom – Der Brenner und das Flüchtlingsthema rückt wieder in den Fokus der Behörden. Laut einem Bericht der Tiroler Tageszeitung würden Schleuser derzeit die Route über den Brenner bevorzugen.
Vor allem die Grenzkontrollen in Bayern setzen laut dem Bericht das österreichische Bundesland unter Druck. In Bayern wurden 77.000 Migranten überprüft, 9.600 davon wurden zurückgewiesen. Davon mussten 4.981 Personen wieder nach Tirol zurückkehren.
Gerade deshalb bleibt die Brennerroute im zentralen Blickfeld von Tirol und auch von der deutschen Polizei, wie der Sprecher der Polizeiinspektion Rosenheim, Rainer Scharf, erklärte. Denn nachdem die so genannte Balkanroute für Flüchtlinge praktisch dichtgemacht wurde, verlagerte sich die Migrationsbewegung auf die Brennerachse.
Unterdessen wurde Medienberichten zufolge bekannt, dass im Jahr 2016 in Südtirol insgesamt 348 minderjährige unbegleitete Migranten aufgegriffen wurden. Laut Meldungen der Bahnpolizei an das Jugendgericht und des Polizeikommissariats am Brenner handelt sich vorwiegend um Jugendlichen aus Eritrea, Somalia und Afghanistan.
In Südtirol selbst gibt es zudem massive Diskussionen über ein geplantes Abschiebezentrum, das Rom in allen Regionen vorsieht. Dort sollen bis zu hundert Personen untergebracht werden, die entweder am Ende eines Strafverfahrens stehen oder deren Asylantrag abgelehnt wurde, wie das Tagblatt Dolomiten berichtete. Entstehen soll es an der südlichen Landesgrenze in Salurn. Südtirol sei aber kein geeigneter Standort dafür, argumentiert Landeshauptmann Arno Kompatscher, der heute in Rom zu einem Flüchtlingsgipfel mit Innenminister Marco Minniti zusammentraf. Südtirol will gegebenenfalls zusammen mit dem Trentino selbst nach einem Standort suchen und pocht auf seine Autonomie.
Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Ansa wurden bei der Regionenkonferenz am heutigen Donnerstag keine konkreten Entscheidungen getroffen.
Kompatscher bei Regionenkonferenz
Der italienische Innenminister hat stattdessen heute die Präsidenten der Regionen und autonomen Provinzen im Rahmen der Regionenkonferenz über die Pläne der Regierung zur Bewältigung der Flüchtlingsproblematik unterrichtet. „Wir setzen dabei auf den Dialog mit Regionen und autonomen Provinzen“, erklärte Minister Minniti vorab.
„Strenge“ und „Integration“, so der Minister, seien die Schlüsselbegriffe in der Flüchtlingsfrage. Es gelte klare Regeln und Strenge walten zu lassen, um die Integration der Personen mit Anrecht auf Asyl möglich zu machen. Dabei setze die Regierung auf die Stärkung der Beziehungen und Vereinbarungen mit den Herkunftsländern, um die Zahl der in Italien ankommenden Flüchtlinge zu senken. Die Umverteilung der Flüchtlinge auf die europäischen Staaten sei zu verbessern. Die Abwicklungszeiten für die Asylverfahren wolle man – auch durch die Einschränkung der Rekursmöglichkeiten – verkürzen. Die Abschiebungsmaßnahmen für Flüchtlinge, deren Asylantrag abgelehnt wurde, wolle die Regierung verbessern, wozu auch die Einrichtung der Rückführungszentrum, kurz CIE (Centro di Identificazione ed Espulsione) zählt. Italienweit solle die Aufteilung der Asylbewerber dadurch verbessert werden, dass eine größere Anzahl an Gemeinden mit einbezogen werde, um große Ansammlungen zu vermeiden. Und schließlich möchte die Regierung auch die Einbeziehung der Asylbewerber in gemeinnützige Tätigkeiten steigern, berichtete der Innenminister.
Südtirols Landeshauptmann Kompatscher begrüßte die Vorgehensweise der Regierung: „Dass die Regierung das Gespräch mit uns sucht, uns Vorschläge unterbreitet und uns nicht Entscheidungen aufzwingt, erleichtert den Weg zu Lösungen.“ Das Prinzip von Strenge in Verbindung mit Integration, so der Landeshauptmann, entspreche auch den Vorstellungen der Landesregierung.
In seiner Stellungnahme brachte Landeshauptmann Komaptscher einige Vorschläge und Forderungen des Landes vor. Aus Südtiroler Sicht und auch für alle norditalienischen Grenzregionen, so Landeshauptmann Kompatscher, sei für die Festlegung der Quoten eine Gleichstellung der Flüchtlinge, die übers Meer nach Italien kommen, mit jenen die den Landweg wählen, sehr wichtig, so könne der zweifache Zustrom berücksichtigt werden. Für die Verteilung der Flüchtlinge auf die Regionen sei das Verhältnis zur Einwohnerzahl der geeignetste Schlüssel, zeigte sich Landeshauptmann Kompatscher überzeugt. „Wir sprechen uns auch für eine bessere und kapillarere Verteilung aus, möchten aber, dass die Regionen und Ländern in ihrem Zuständigkeitsgebiet Entscheidungsbefugnis haben, da sie Bedürfnisse, Besonderheiten und Probleme besser kennen“, betonte der Landeshauptmann.
Um die Bearbeitung der Asylanträge zu beschleunigen, schlug Kompatscher die Einführung des Systems der „sicheren Herkunftsstaaten“ vor, das bereits von anderen EU-Staaten angewendet wird. Landeshauptmann Kompatscher zeigte sich auch von der Sinnhaftigkeit der Errichtung von Rückführungszentren überzeugt: „Von diesen Rückführungszentren geht eine Botschaft aus, die Botschaft, dass nur jene Asylbewerber im Land bleiben dürfen, die Anrecht darauf haben.“ Allerdings forderte der Landeshauptmann, dass die Einrichtung dieser Zentren im Einvernehmen mit den Regionen erfolge. Schließlich sprach sich Kompatscher auch für die Vereinfachung der Verfahren zur Einrichtung von Aufnahmezentren aus, die derzeit sehr bürokratisch sei, wodurch wertvolle Zeit verloren ginge.
Der heute aufgenommene Dialog zwischen Innenministerium, den Regionen und autonomen Provinzen wird in den nächsten Wochen fortgesetzt. Minister Minniti hob dabei den Willen der Regierung hervor, die geplanten Maßnahmen zügig umzusetzen.