Von: luk
Bozen – Landeshauptmann Arno Kompatscher hat heute Vormittag den Vertrag über den Verkauf der Flughafenbetreibergesellschaft ABD Airport AG an das private Unternehmen ABD Holding GmbH unterzeichnet. Der Rückzug des Landes aus der Betreibergesellschaft erfolgt entsprechend der gesetzlichen Bestimmung im Landesfinanzgesetz 2016 und in Folge der Volksbefragung. Das Land stellt damit die öffentliche Finanzierung des Flughafens ein. Der Flughafen Bozen bleibt ein regionaler Flughafen, den die neue Betreibergesellschaft unter Einhaltung bereits geltender Normen führen muss.
Auf der Grundlage der Volksbefragung vom 12. Juni 2016 und entsprechend dem Landesgesetz Nr. 17 vom 21. Juli 2016 hatte die Landesregierung den Ausstieg der öffentlichen Verwaltung aus der Flughafenbetreibergesellschaft umgesetzt und dazu im August 2017 eine Interessensbekundung eingeleitet. Ende vergangenen Jahres wurde daraufhin die Ausschreibung veröffentlicht. Das einzige Angebot kommt nun nach rechtlicher Prüfung zum Zug: Für die ABD Holding GmbH unterzeichnete Präsident Josef Gostner den Kaufvertrag, mit dem die ABD Holding GmbH hundert Prozent der Anteile an der Flughafenbetreibergesellschaft zum Ausschreibungsbetrag von 3,8 Millionen Euro zuzüglich einer vom Bieter angebotenen Erhöhung erwirbt.
Mit der Vertragsunterzeichnung verpflichtet sich der Käufer, den Flughafen im Sinne der Konzession und der Auflagen der gesamtstaatlichen Zivilluftfahrtbehörde (ENAC) und unter deren Aufsicht zu führen. Zudem trägt die ABD Holding GmbH alle Kosten für die Führung und Verwaltung des Flughafens nach den geltenden Vorschriften einschließlich jener für Sicherheit und Lärmschutz unter Berücksichtigung des von der Luftfahrtbehörde 2013 genehmigten Masterplans. Die Flughafenliegenschaften bleiben nach wie vor im Eigentum des Staates. Der Flughafen Bozen verfügt seit dem Jahr 2000 über die Konzession, die den öffentlichen Flugbetrieb ermöglicht. Ausgestellt und Jahr für Jahr erneuert wird diese von der ENAC.
Landeshauptmann Kompatscher bekräftigte anlässlich der heutigen Unterzeichnung erneut: “Mit dem Verkauf aller ABD-Anteile setzen wir das um, was wir bereits im Vorfeld der Volksbefragung im Falle eines Neins angekündigt hatten.” Gleichzeitig wies der Landeshauptmann darauf hin, dass gegen den Verkauf rekurriert worden sei und das Land in jedem Falle den Entscheidungen des Gerichts Rechnung tragen werde.
“Der Übergang des Flughafens bedeutet für das Land in den nächsten fünf Jahren eine Einsparung von mehr als 20 Millionen Euro, 10.000 Euro am Tag – Geldmittel, die wir in andere Bereiche investieren werden”, erklärte Landeshauptmann Kompatscher nach der Unterzeichnung.
LH verkauft, Grüne machen zweite Eingabe”
Während Landeshauptmann Kompatscher die Übertragung der Landesgesellschaft ABD Airport Spa an die Privatunternehmen unterzeichnet, hat die Grüne Fraktion im Landtag die zweite Eingabe an den Rechnungshof versendet. “Die aktualisierte Eingabe folgt auf die erste vom 24. Juli 2019 und wird nötig, da sich mit der Unterschrift des Landeshauptmannes der Vermögensschaden für die Provinz konkretisiert.”
Zusammenfassung der Fakten, die uns einen Vermögensschaden befürchten lassen:
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Das Unternehmen ABD ist im Landeshaushalt mit einem Wert von 37.155.197 € aufgelistet.
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Das genannte Unternehmen wurde den Privatunternehmern Gostner, Benko und Haselsteiner für einen Preis von 3.813.000 € überlassen.
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Mit diesem Verkauf erfuhr der Landeshaushalt demnach einen Verlust von 33.342.797 €.
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ABD hat derzeit eine verfügbare Liquidität von 5.673.439 €. Mit der Übernahme des Kontos nach dem Kauf werden die drei Privatunternehmer den Verkaufspreis also mehr als nur wiedererlangen.
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Bis zum 31.12.2014 hat das Land Südtirol 120.225.869 € in den Flughafen investiert, davon allein 55.831.050 € in die Infrastruktur. Dazu kommen die Ausgaben des Landes ab dem genannten Datum bis heute.
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Der lächerliche Verkaufspreis beruht auf einer Schätzung, die den Ausrufpreis auf 3.800.000 € festlegte. Diese Schätzung hat den Vermögenswert von ABD (über 36 Millionen Euro) nicht berücksichtigt. Die Begründung lautete, dass es sich um Güter handle, über welche die Gesellschaft nicht verfügen könne. Es handle sich um eine provisorische Konzession, welche jederzeit widerrufen werden könnte, sobald die Güter an die Domäne übergeben werden. Diese Schätzung ignoriert jedoch zwei Tatsachen:
- Unter den unbeweglichen Gütern des Flughafens sind 16,5 Hektar im direkten Eigentum von ABD und haben einen Wert von 16.000.000 €. Diese Flächen wurden mit öffentlichen Geldern angekauft und gehören nicht zu jenen Gütern, die nach Ablauf der Konzession an die Domäne übertragen werden müssen.
- ABD verfügt bereits über eine 20-jährige Konzession, so entschieden von der italienischen Zivilluftfahrtbehörde ENAC, mit Beschluss Nummer 20 vom 9. Mai 2013. Sobald ABD das Abkommen mit ENAC unterschreibt, bleiben auch die Güter, welche der Domäne übergeben werden müssen, für 20 Jahre in der Hand von ABD. Dieser Wert muss also berücksichtigt werden.
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Der von den Privatunternehmern gebotene Preis liegt gerade einmal 13.000 € über dem Ausrufpreis. Erfreulich für die Unternehmer, die konkurrenzlos ins Rennen gingen. Bei einer Ausschreibung mit nur einem Teilnehmer ist es bekanntermaßen schwierig, den Verkaufpreis auf das Maximum zu treiben (zur Erinnerung: Bei der Ausschreibung von Solland Silicon gab es mehrere Angebote, ca. 80 Mal wurde geboten, und am Ende war der Verkaufpreis etwa drei Mal so hoch wie der Ausrufpreis).Es gibt staatliche Richtlinien, die es dem Land ermöglicht hätten, die Ausschreibung aufgrund solcher Bedingungen zu wiederholen. Auch sah die Ausschreibung unter Punkt „V.1. Zusätzliche Informationen“ die Möglichkeit vor, die Ausschreibung bei Bedarf zu annullieren und zu wiederholen, ohne die Teilnehmer entschädigen zu müssen. Das Land hat diese Möglichkeit jedoch nicht wahrgenommen und ABD an den einzigen Teilnehmer praktisch verscherbelt.
“Es ist ein gravierender politischer Fehler, den der Landeshauptmann heute begeht. Er hat sich auf einen Behauptungsstreit mit der Bevölkerung eingelassen, anstatt deren Willen zu respektieren“, so die Landtagsabgeordneten der Grünen Fraktion. „Dieser Flughafen, erst recht wenn er womöglich erweitert wird, ist von den Bürgerinnen und Bürgern nicht gewollt. Er ist schädlich für Klima, Umwelt und Gesundheit. Und er lastet auf der Steuerkasse. Was zu viel ist, ist zu viel.“
Aus all den genannten Gründen hat die Grüne Fraktion im Landtag die Eingabe um die neuesten Informationen erweitert und ersucht den Rechnungshof zu überprüfen, “ob durch den Verkauf von ABD um einen Bruchteil seines Vermögenswertes ein unzulässiger Vermögensschaden entstanden ist.”
“Kein Freibrief für Startbahnverlängerung und Erweiterung des Flugbetriebes”
“Tatsächlich hat Landeshauptmann Kompatscher mit der heutigen Unterschrift unter den Abtretungsvertrag der Flugplatzgesellschaft ABD an die Investorengruppe den ersten Teil seiner Verpflichtung aus der Volksabstimmung Juni 2016 ‘erfüllt’: Den Ausstieg des Landes aus der unmittelbaren Finanzierung des Flughafens. Nun ist er verpflichtet, den zweiten Teil des Volksabstimmungs-Resultats umzusetzen, nämlich den Stopp jeglichen Ausbaues des Startbahn und des Flugbetriebes”, hält Rechtsanwalt Rudolf Benedikter für den Heimatpflegeverband Südtirol fest.
“Die Investorengruppe hat den Flugplatz in voller Kenntnis dieser Rechtslage übernommen. Und das Land hat die rechtliche Verpflichtung und die volle Kompetenz, die Eckdaten der Volkabstimmung auch gegenüber jedem Flugplatzbetreiber durchzusetzen. Mit dem Nein zum Landesgesetz-Entwurf Nr. 60/2015 wurde nicht nur die öffentliche Finanzierung des Flugplatzes durch das Land (Art. 3) abgelehnt, sondern auch Artikel 2 („Entwicklungsziele“), mit der darin enthaltenen Kategorie 2/C (“kommerzieller Flugbetrieb”) und dem darin enthaltenen ‘Flughafenentwicklungskonzept 2015’. Das Land kann die ABD zwar verkaufen – und sich auch sonst aus der Finanzierung des Flugplatzes zurückziehen-, aber nur auf der Rechtsgrundlage die durch die Volksbefragung 2016 geschaffen wurde: Kein Ausbau der Flugplatzinfrastruktur und des Flugbetriebes”, so Benedikter.