Verhandlungen über Waffenruhe im Gazastreifen

Fortschritte bei Waffenruhe-Verhandlungen für Gaza

Montag, 13. Januar 2025 | 14:10 Uhr

Von: APA/Reuters/dpa

Bei den Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen gibt es offenbar deutliche Fortschritte. “Die nächsten 24 Stunden werden für das Zustandekommen des Abkommens von entscheidender Bedeutung sein”, sagte am Montag ein mit den Verhandlungen Vertrauter der Nachrichtenagentur Reuters. Bei Gesprächen in Doha sei ein Text für eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln ausgearbeitet worden. Israels Finanzminister nannte einen möglichen Deal eine “Katastrophe”.

An dem Treffen hätten auch die Chefs der israelischen Geheimdienste Mossad und Shin Bet, Katars Ministerpräsident sowie Steve Witkoff teilgenommen, der kommende Gesandte des designierten US-Präsidenten Donald Trump. Bei den indirekten Verhandlungen in Doha zwischen Israel und der palästinensischen Terrororganisation Hamas, bei denen neben Katar auch Ägypten und die USA vermitteln, geht es unter anderem um die Freilassung palästinensischer Häftlinge im Gegenzug für die Geiseln sowie um einen Abzug der israelischen Truppen. Katar habe Israel und der Hamas am Montag den endgültigen Entwurf eines Abkommens zur Beendigung des Krieges im Gazastreifen übergeben.

Berichte über Drei-Stufen-Plan

Nach israelischen Medienberichten wurde in der katarischen Hauptstadt ein Drei-Stufen-Plan ausgearbeitet. Ein Durchbruch sei nach Mitternacht erreicht worden.

Die nun ausgearbeitete Vereinbarung orientiert sich den Berichten zufolge an einem Waffenruhe-Plan, den US-Präsident Joe Biden bereits im Mai letzten Jahres vorgestellt hatte. N12 berichtete, in einer ersten Phase sollten mehr als 30 “humanitäre Fälle” unter den Geiseln freigelassen werden und erst danach junge Männer und Soldaten. Die dritte Phase sehe einen Wiederaufbau des weitgehend zerstörten Gazastreifens und eine alternative Regierung des Küstenstreifens vor. Hoffnungen auf eine abschließende Einigung bei den zähen Verhandlungen hatten sich bisher immer wieder zerschlagen.

Der israelische Außenminister Gideon Saar sagte bei einem Treffen mit seinem dänischen Amtskollegen Lars Løkke Rasmussen, er habe diesen über Fortschritte bei den indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas in Katar informiert. “Israel will die Freilassung der Geiseln dringend und arbeitet hart daran, einen Deal zu erzielen”, sagte Saar nach Angaben seines Büros. “Wir werden bald wissen, ob die andere Seite auch einen Deal will. Wir hoffen, in der nahen Zukunft Fortschritte zu sehen.”

Hamas stellt sich auf Freilassung palästinensischer Häftlinge ein

Ein Insider der israelischen Seite sagte, ein Abkommen könne binnen Tagen besiegelt werden, wenn die Hamas darauf eingehe. Von palästinensischer Seite hieß es, die Informationen aus Doha seien “sehr vielversprechend”. Die Differenzen seien geringer geworden und es gebe einen großen Schub in Richtung eines Abkommens, “wenn alles bis zum Ende gut läuft”.

Die islamistische Hamas stellt sich bereits auf eine mögliche Freilassung palästinensischer Häftlinge ein. “Wir erneuern unser Versprechen an unser standhaftes, geduldiges Volk und an unsere heldenhaften Gefangenen in den Gefängnissen und bekräftigen, dass ihre Freiheit bald erreicht wird”, teilte die Hamas mit.

Israels Finanzminister spricht von “Katastrophe”

Israels rechtsreligiöser Finanzminister Bezalel Smotrich erklärte dagegen, das in Katar verhandelte Abkommen sei eine “Kapitulation”. Der sich abzeichnende Deal sei “eine Katastrophe für die nationale Sicherheit des Staates Israel”. “Wir werden nicht Teil einer Kapitulationsvereinbarung sein, die die Freilassung von Erzterroristen, einen Stopp des Krieges und eine Verwässerung der Errungenschaften vorsieht, die mit viel Blut erkauft wurden” schrieb Smotrich auf der Plattform X.

Die Vereinbarung würde auch bedeuten, viele Geiseln im Stich zu lassen, schrieb er. “Jetzt ist der Zeitpunkt, mit aller Kraft weiterzumachen, den ganzen Gazastreifen zu erobern und zu säubern, der Hamas endlich die Kontrolle der humanitären Hilfe aus der Hand zu nehmen und in Gaza die Tore zur Hölle zu öffnen, bis zur völligen Kapitulation der Hamas und Rückführung aller Geiseln”, schrieb Smotrich.

98 Geiseln festgehalten

Der Amtsantritt Trumps am 20. Jänner wird in der Region inzwischen weithin als Frist für eine Vereinbarung angesehen. Trump hat mit Konsequenzen gedroht, wenn die Geiseln, die von der Hamas festgehalten werden, nicht vorher freigelassen werden. Auch Noch-Präsident Joe Biden hat sich für eine Einigung vor seinem Ausscheiden stark gemacht. Der Trump-Beauftragte Witkoff ist seit Ende November mehrmals nach Katar und Israel gereist. Er war am Freitag in Doha und am Samstag in Israel, um Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu zu treffen. Danach kehrte er nach Doha zurück.

Der Krieg im Gazastreifen war durch den beispiellosen Großangriff der Hamas und mit ihr verbündeter Gruppen auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Bei den Hamas-Massakern in Israel wurden nach israelischen Angaben mehr als 1.200 Menschen getötet und 251 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Inzwischen befinden sich noch 98 Geiseln in dem Küstengebiet – unter ihnen der österreichisch-israelische Doppelstaatsbürger Tal Shoham. Es wird davon ausgegangen, dass mindestens ein Drittel der Geiseln bereits tot sein dürfte.

Im Zuge einer Waffenruhe Ende November 2023 hatte die Hamas 105 Geiseln freigelassen. Im Gegenzug entließ Israel 240 palästinensische Häftlinge aus Gefängnissen.

Angriff auf Schule

Israel geht seit dem Hamas-Überfall massiv militärisch im Gazastreifen vor. Im Gazastreifen sind nach Angaben der dortigen Hamas-Gesundheitsbehörde seit Beginn der israelischen Angriffe mindestens 46.584 Menschen getötet worden. Mindestens 109.731 Palästinenserinnen und Palästinenser seien verletzt worden. Am Montag wurden bei erneuten israelischen Militärschlägen nach Angaben von Medizinern mindestens 15 Menschen getötet, darunter fünf bei einem Angriff auf eine Schule in Gaza-Stadt, in der vertriebene Familien untergebracht seien.

Zuletzt waren Kämpfe am nördlichen Rand des Gazastreifens besonders heftig. Dort versucht Israel nach eigenen Angaben, die Hamas an einer Neugruppierung zu hindern. Die Palästinenser werfen Israel indes vor, dort eine Pufferzone errichten zu wollen, die dauerhaft entvölkert bleiben solle. Ein Sprecher des bewaffneten Flügels der Hamas sagte, Kämpfer der Gruppe hätten in den vergangenen 72 Stunden israelische Streitkräfte in dem Gebiet angegriffen und dabei mindestens zehn Soldaten getötet und Dutzende verletzt.

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