Von: apa
Die EU-Wahl in Österreich ist geschlagen und sie hat erstmals bei einem bundesweiten Urnengang die FPÖ auf Platz eins gebracht. Mit (laut Trendprognose von 17 Uhr) 27 Prozent dürften die Freiheitlichen ÖVP und SPÖ hinter sich lassen. Die Volkspartei hat hier in einem engen Duell mit 23,5 zu 23 Prozent derzeit knapp die Nase vorn. Grüne und NEOS schaffen wohl beide mit 10,5 Prozent die Zweistelligkeit. Die KPÖ liegt wie die DNA aktuell unter der entscheidenden 4-Prozent-Marke.
Freilich ist all das noch mit einer gewissen Unsicherheit behaftet. Denn es handelt sich um eine Prognose der Institute FORESIGHT, ARGE Wahlen und Peter Hajek für APA, ORF und Puls4 ohne tatsächlich ausgezählte Stimmen. Die dürfen zwar bereits ausgewertet, nicht aber veröffentlicht werden, solange die Wahl in anderen Ländern noch läuft. So wird man erst um 23 Uhr genaueres wissen. Die Schwankungsbreite der Prognose liegt bei 2,5 Prozent.
Die FPÖ mit ihrem Spitzenkandidaten Harald Vilimsky dürfte jedenfalls in etwa am Niveau ihres bisherigen Rekordergebnisses von 27,5 Prozent bei der EU-Wahl 1996 landen. Das wäre ein Plus von rund zehn Prozentpunkten. ́ Für die ÖVP wird es wohl fix, für die SPÖ möglicherweise das schlechteste Ergebnis bei einem europäischen Urnengang. Die Volkspartei erleidet mit etwa elf Prozentpunkten minus den bisher größten Absturz bei einer Bundeswahl, die Sozialdemokraten treten auf der Stelle.
Die NEOS wiederum können über das beste Ergebnis ihrer noch recht jungen Geschichte jubeln. Das Plus liegt bei zwei Punkten. Die Grünen kommen nach den Turbulenzen um ihre Spitzenkandidatin Lena Schilling mit einem blauen Auge davon und büßen nur 3,5 Prozentpunkte ein. Die KPÖ steigerte sich von 0,8 auf drei Prozent. Ganz ausgeschlossen ist ein Einzug ins EU-Parlament noch nicht. Spitzenkandidat Günther Hopfgartner sieht jedenfalls “ein gewisses Sprungbrett im Hinblick auf die Nationalratswahlen”. Die Listenerste der erstmals kandidierenden DNA, Maria Hubmer-Mogg, zeigte sich über die prognostizierten 2,5 Prozent enttäuscht und will nicht für den Nationalrat kandidieren.
Deutlich besser war die Stimmung bei den Freiheitlichen. Spitzenkandidat Harald Vilimsky sah ein Votum für mehr nationale Selbstbestimmung. Die Angstkampagne der Konkurrenz sei ins Leere gelaufen. Der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) erwartet, dass man diesen Trend auch bei der Nationalratswahl im Herbst spüren wird.
Trotz starker Verluste von einer gelungenen Aufholjagd sprach VP-Generalsekretär Christian Stocker. Mit einem zweistelligen Verlust könne man zwar keine Freude haben, das Ergebnis sei aber respektabel. Spitzenkandidat Reinhold Lopatka nannte die starken Einbußen “bitter”, erkannte aber auch die “riesige Chance” und eine “gute Basis”, das im Herbst schon wieder gut zu machen.
Seitens SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim erwartet man angesichts von Platz eins der FPÖ ein kollektives Aufwachen und dann im Bund ein Duell zwischen Parteichef Andreas Babler und FPÖ-Obmann Herbert Kickl um Platz eins. Sollte es heute allerdings nur für Platz drei reichen, wäre man dann aber doch nicht zufrieden. Realistisch äußerte sich Spitzenkandidat Andreas Schieder: “Rückenwind wäre besser gewesen.” Die SPÖ befinde sich weiter in einer schwierigen Phase.
Angesichts der nun prognostizierten Mehrheit für die FPÖ in Österreich rief auch Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) im Hinblick auf die Nationalratswahl im Herbst einmal mehr dazu auf, gemeinsam aufzutreten “gegen die rechte Hetze”. Spitzenkandidatin Lena Schilling will sich nach einem für sie turbulenten und “argen” Wahlkampf nun mit Herz für die Klimagerechtigkeit in Brüssel kämpfen. Nicht schlecht reden lassen wollte sich NEOS-Spitzenkandidat Helmut Brandstätter sein “hervorragendes Ergebnis”, obwohl es knapp hinter den Umfragen-Werten blieb. Parteichefin Beate Meinl-Reisinger zeigte sich begeistert: “Wir sind Gewinner heute.”
Statt wie bisher mit 19 Abgeordneten wird Österreich nach der Wahl künftig mit 20 Mandataren in Straßburg bzw. Brüssel vertreten sein. Grund dafür ist die für die kommende Legislaturperiode beschlossene Erhöhung der Gesamt-Mandatszahl im EU-Parlament, das in Zukunft 720 statt 705 Sitze stark sein wird.
Die Freiheitlichen würden nach derzeitigem Stand drei Mandate dazugewinnen, die NEOS eines. Die ÖVP verliert im Gegenzug zwei, die Grünen eines. Die SPÖ bliebe gleich.
Wenig begeistert vom Ausgang in Bezug auf den Sieg der FPÖ war Österreichs scheidender EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP): “Ein Reputationsschub war das nicht. Das Ergebnis der Freiheitlichen sei “keines, über das man sich freuen kann”.