Gabriel Attal bietet seinen Rücktritt an

Französische Linke gewinnt Wahl – Premier Attal tritt zurück

Montag, 08. Juli 2024 | 00:19 Uhr

Von: APA/AFP/dpa

Überraschende Wende bei der Parlamentswahl in Frankreich: Das links-grüne Bündnis Neue Volksfront liegt laut Prognosen vom Sonntagabend zufolge überraschend vorn. Der französische Premierminister Gabriel Attal kündigte seinen Rücktritt an. Das Mitte-Lager von Staatspräsident Emmanuel Macron verfüge über keine Mehrheit mehr, teilte er nach Bekanntwerden erster Hochrechnungen mit. Der rechtspopulistische Rassemblement National (RN) könnte auf den dritten Platz abrutschen.

Der Neuen Volksfront war der Wahlsieg am späten Sonntagabend kaum noch zu nehmen. Sie führte mit 176 Sitzen vor dem Präsidentenbündnis Ensemble mit 154 Sitzen und dem Rassemblement National mit 140 Sitzen, wobei nur noch 25 der 577 Mandate noch nicht vergeben waren. Die konservativen Republikaner hielten bei 45 Mandaten, kleinere Rechts- und Linksparteien 15 beziehungsweise 11.

Die nach Wahlschluss veröffentlichten Prognosen hatten das links-grüne Bündnis bei 172 bis 215 Sitzen gesehen, während das Regierungslager von Ministerpräsident Attal von derzeit 250 auf 150 bis 180 Sitze abrutschte. Das RN konnte zwar deutlich zulegen, verpasste aber überraschend den von allen Meinungsforschern vorhergesagten relativen Wahlsieg. Vor allem aufgrund von taktischen Stimmabgaben des linken und liberalen Lagers landete es den Prognosen zufolge mit 115 bis 155 Sitzen nur an dritter Stelle.

Der Schock im siegesgewissen rechtspopulistischen Lager war groß. Parteiführerin Marine Le Pen sprach von einem “aufgeschobenen” Sieg ihrer Partei Rassemblement National. “Die Flut steigt. Sie ist dieses Mal nicht hoch genug gestiegen, aber sie steigt weiter und deshalb ist unser Sieg nur aufgeschoben”, sagte sie im Fernsehsender TF1.

Das siegreiche Linksbündnis stellte umgehend den Regierungsanspruch. “Die Neue Volksfront ist bereit zum Regieren”, sagte der frühere Chef der linkspopulistischen La France Insoumise (LFI), Jean-Luc Mélenchon. Sozialisten-Chef Olivier Faure sprach sich ausdrücklich gegen eine mögliche “Koalition” mit dem Regierungslager aus. “Die Neue Volksfront muss diese neue Seite unserer Geschichte in die Hand nehmen”, kündigte er die Umsetzung einer linken Sozial- und Wirtschaftspolitik an. So soll etwa auch die Pensionsreform Macrons zurückgenommen werden. “Es ist an der Zeit, die Superreichen und die Supergewinne zu besteuern”, erklärte er.

Ex-Präsident Francois Hollande gelang bei der Wahl ein Parlamentscomeback. Allerdings erklärte er, “kein Kandidat” für den Posten des Premierministers. “Muss man, um in einer Regierung zu sein, noch ein Kandidat dafür sein, sie zu führen? Ich bin es nicht”, sagte Hollande im Fernsehsender BMFTV. Allerdings ließ er Ambitionen auf einen Ministerposten durchblicken. Dem Sender France 2 sagte Hollande, er könne aufgrund seiner Erfahrung in der Außenpolitik “nützlich dabei sein, dass die Interessen Frankreichs gewahrt werden”. Hollande hatte bei der Wahl einen zentralfranzösischen Wahlkreis erobert, den er bereits zwischen 1988 und 1993 sowie von 1997 bis 2012 vertreten hatte.

SPÖ-Chef Andreas Babler freute sich laut Aussendung über den überraschenden Sieg des linken Bündnisses in Frankreich. “Entgegen allen Umfragen hat sich heute einmal mehr gezeigt, dass die Rechte gestoppt werden kann”, sagte Babler. “Ich bin überzeugt, dass es auch in Österreich gelingen kann, eine rechte Regierung zu verhindern und mit einer SP-geführten Regierung die Lebensbedingungen der Menschen wieder zu verbessern.”

Attal sagte, dass er seinen Rücktritt am Montag in der Früh bei Präsident Macron einreichen werde. Macron kann Attal und die Regierung bitten, für die laufenden Geschäfte zunächst kommissarisch im Amt zu bleiben, bis die Mehrheit für eine neue Regierung steht. Auch mit Blick auf die Olympischen Spiele, die am 26. Juli in Paris beginnen, kann es sein, dass die Regierung von Attal noch einige Wochen im Amt bleibt. Der 34-Jährige war erst im Jänner von Macron zum jüngsten Regierungschef in der jüngeren französischen Geschichte ernannt worden. Er gilt als beliebt und hatte den Ruf, auch mit Vertretern anderer Lager diskutieren zu können. Als Spitzenkandidat des Regierungslagers im Wahlkampf stand er jedoch weitgehend auf verlorenem Posten.

Bei Kundgebungen am Wahlabend kam es in Paris und anderen Städten zu schweren Ausschreitungen und Zusammenstößen. In Paris versammelten sich Tausende Menschen auf dem Place de la République im Zentrum der Hauptstadt, um den Sieg des Linksbündnisses bei der vorgezogenen Wahl zu feiern. Die Polizei setzte Tränengas gegen ausschreitende Demonstranten ein. Barrikaden aus Holz wurden in Brand gesetzt. Im Zentrum von Paris hatten etliche Geschäfte und Banken ihre Fenster am Wahltag mit Blick auf befürchtete Ausschreitungen mit Holzplatten gesichert.

Auch aus Lille in Nordfrankreich wurden Zusammenstöße zwischen Antifaschisten und der Polizei gemeldet. Hier ging die Polizei ebenfalls mit Tränengas gegen die Menschen vor. Im westfranzösischen Rennes gab es nach Medienberichten 25 Festnahmen, nachdem die Bereitschaftspolizei mit Tränengas gegen linke Demonstranten vorgegangen war, die unter anderem “Alle hassen die Polizei” skandiert hatten. In Nantes wurde ein Polizist nach einem Bericht der lokalen Zeitung durch den Wurf eines Molotowcocktails verletzt. Demonstranten warfen Feuerwerkskörper auf die Sicherheitskräfte, die ihrerseits Tränengas einsetzen. In Frankreichs zweitgrößter Stadt Marseille kamen ebenfalls sehr viele Menschen zur Feier des Wahlsiegs der Linken im Stadtzentrum zusammen. Die Polizei hielt sich zunächst zurück, während die Demonstranten Slogans gegen rechtslastige Medien riefen.

Kommentare

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3 Kommentare auf "Französische Linke gewinnt Wahl – Premier Attal tritt zurück"


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magg
magg
Superredner
2 h 37 Min

Oh, jetzt werden einigen die Nackenhaare zu Berge stehen. 😝😆😆

Aber wie schreiben einige hier im Forum, das Volk hat gewählt und man muss es respektieren.

user6
user6
Superredner
2 h 15 Min

magg, stimmt, das sind die probleme der franzosen, nicht unsere. wir haben ja eine gute regierung

Dagobert
Dagobert
Kinig
1 h 16 Min

Die Rechte Marine schaut ein weiteres Mal in die Röhre 😂😂
Und das ist gut so! 👍

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