Jordan Bardella (r.) will gegen Le Pens Verurteilung protestieren

Nach Le-Pen-Urteil will Rechtsaußen-Partei RN protestieren

Dienstag, 01. April 2025 | 17:12 Uhr

Von: APA/Reuters/AFP

Die Rechtsaußen-Partei Rassemblement National (RN) in Frankreich ruft nach dem Urteil gegen Marine Le Pen zu Protesten auf. “Wir werden an diesem Wochenende auf die Straße gehen”, kündigte Parteichef Jordan Bardella am Dienstag an. Le Pen war am Montag der Veruntreuung von EU-Mitteln für schuldig gesprochen worden. Teil des Urteils ist, dass sie fünf Jahre kein öffentliches Amt ausüben darf. Damit dürfte ihre Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2027 hinfällig sein.

“Ich glaube, die Franzosen müssen heute empört sein, und ich sage ihnen: Seid empört!”, betonte Bardella im Radio Europe 1 und im Fernsehsender CNews. In Umfragen liegt Le Pen derzeit vorne. RN-Vertreter und sie selbst bezeichneten das Urteil des Pariser Gerichts als politisch motiviert und undemokratisch. Aber auch Vertreter der politischen Mitte kommentierten, sie hätten Le Pen lieber an der Wahlurne besiegt.

“System hat die Atombombe hervorgeholt”

Le Pen selbst hält den von einem Gericht gegen sie verhängten befristeten Ausschluss von Wahlen für einen Vernichtungsschlag des politischen Gegners. “Das System hat die Atombombe hervorgeholt und wenn sie eine so mächtige Waffe gegen uns einsetzen, dann weil wir kurz davor sind, die Wahlen zu gewinnen”, sagte sie in Paris mit Blick auf die Präsidentschaftswahl in zwei Jahren.

Ihre Gegner sähen, dass alle bisherigen Schritte gegen sie nichts gebracht hätten und schalteten deswegen einen Gang höher. “Die Dinge sind sehr klar, wir lassen uns nicht alles gefallen”, sagte die RN-Fraktionschefin. Es gehe auch darum, “die Franzosen zu verteidigen, die das Recht haben, zu wählen, wen sie wollen, und um das Land zu verteidigen, weil das Land heute ins Wanken geraten ist.” Die gesamte Abfassung des Urteils sei “Wahnsinn”, sagte sie.

Bardella könnte 2027 Kandidat werden

Der 29-jährige Bardella könnte bei der Wahl 2027 der De-facto-Kandidat des RN werden. Le Pen deutete jedoch an, dass sie noch nicht bereit sei, ihm den Staffelstab zu übergeben. “Ich werde mich nicht einfach so ausschalten lassen”, hatte die 56-Jährige am Montag betont und angekündigt, so schnell wie möglich Berufung gegen das Urteil einzulegen. Le Pen ist bereits drei Mal erfolglos bei Präsidentschaftswahlen angetreten. Sie hat erklärt, 2027 werde ihr letzter Anlauf sein.

Richterin Bénédicte de Perthuis sagte bei der Urteilsbegründung, Le Pen sei im Zentrum eines Systems gestanden, das mehr als vier Millionen Euro an EU-Geldern veruntreut und illegal ihrer Partei zugeleitet habe. Die fehlende Reue der Angeklagten sei einer der Gründe gewesen, warum ihnen mit sofortiger Wirkung die Ausübung öffentlicher Ämter untersagt wurde. Le Pen wurde zudem zu vier Jahren Haft verurteilt, von denen zwei zur Bewährung ausgesetzt und zwei unter Hausarrest verbüßt werden sollen. Zudem muss sie 100.000 Euro Geldstrafe zahlen.

Die Strafen gelten jedoch erst, wenn die Berufungsverfahren ausgeschöpft sind. Diese können in Frankreich Monate oder sogar Jahre dauern. In Umfragen zeigten sich die meisten Franzosen einverstanden mit dem Urteil. In einer Erhebung des Instituts Elabe äußerten sich 57 Prozent entsprechend, 42 Prozent halten den Richterspruch für politisch voreingenommen. Präsident Emmanuel Macron und seine Minderheitsregierung aus der Mitte-Rechts-Koalition haben sich noch nicht offiziell geäußert.

Staatsanwalt verteidigt Urteil

Einer der ranghöchsten Justizbeamten Frankreichs hat die Verurteilung von Le Pen zur Nicht-Wählbarkeit verteidigt. “Es ist keine politische Entscheidung, sondern eine juristische, die von drei unabhängigen Richtern getroffen wurde”, sagte Rémy Heitz, Staatsanwalt des Kassationsgerichts, am Dienstag dem Sender RTL. “Das Urteil fiel am Ende eines gerechten Prozesses, nach einer zwei Monate dauernden Verhandlung und jahrelangen Ermittlungen”, ergänzte er.

Die Richter hätten das Gesetz angewendet und gesetzmäßige Strafen verhängt, betonte er. Heitz verurteilte die persönlichen Anfeindungen gegen die mit dem Fall betrauten Richter. Er sei “schockiert”, dass die Vorsitzende Richterin unter Polizeischutz gestellt werden musste. Nach Angaben aus Justizkreisen bewacht eine Polizeistreife derzeit ihr Haus, nachdem sie Drohungen erhalten hatte.

Die Frage, ob ein Berufungsprozess rechtzeitig vor der Präsidentschaftswahl in Frankreich im Frühjahr 2027 stattfinden könne, müsse das Berufungsgericht entscheiden. Theoretisch sei dies aber möglich, sagte Heitz.

Meloni und Salvini beklagen Urteil

Die italienische Premierministerin Giorgia Meloni und Vizepremier Matteo Salvini haben die Verurteilung von Le Pen beklagt. Meloni sprach von einem “traurigen Tag für die Demokratie”. “Ich kenne weder die Art der Anschuldigungen gegen Marine Le Pen, noch die Gründe für eine solch harte Entscheidung, aber ich denke, dass niemand, dem die Demokratie am Herzen liegt, ein Urteil feiern kann, das die Vorsitzende einer großen Partei betrifft und Millionen von Bürgern die politische Vertretung entzieht”, sagte sie der römischen Tageszeitung “Il Messaggero” (Dienstagsausgabe).

Vizepremier, Verkehrsminister und Lega-Chef Salvini erklärte sich mit Le Pen solidarisch. “In Paris würden man Le Pen gerne aus dem politischen Leben ausschließen. Das Urteil gegen Marine Le Pen ist eine Kriegserklärung Brüssels, in einer Zeit, in der die kriegerischen Impulse von (EU-Kommissionspräsidentin Ursula) von der Leyen und (Frankreichs Präsident Emmanuel) Macron erschreckend sind. Wir werden uns nicht einschüchtern lassen”, kommentierte Salvini. Seine Lega gehört wie Le Pens Partei RN und die FPÖ der Fraktion der Patrioten für Europa (PfE) an.

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