Von: ka
Bozen – Mittlerweile erwirtschaften 22 tunesische Frauen in einer Genossenschaft mit dem Knüpfen von Teppichen ein Auskommen – mit Unterstützung des Landes Südtirol.
Cherifa stahlt stolz ihre Besucher aus Bozen an. Sie ist die Vorsitzende der Genossenschaft Citè El Khadra in Kasserine, einer Region Tunesiens an der Grenze zu Algerien. Seit deren Gründung im Jahr 2014 ist die Anzahl von Frauen, die als Mitglieder der Genossenschaft auf Bestellung hochwertige Teppiche knüpfen, auf über 22 gestiegen. Cherifa ist der Anker der Frauengruppe, von ihr ging die Initiative für den Frauenbetrieb aus. Sie erzählt dem Arzt Franco De Giorgi, der mit einer Reisegruppe des Bozner Vereins „Beppe e Rossana Mantovan“ Ende März nach Kasserine gereist ist, ihre Geschichte. Ziel des Besuchs ist es, nachzuschauen, wie die Fördergelder eingesetzt wurden, die der Verein für das Projekt „Eco des Femmes“ vom Land Südtirol erhalten hatte. Damit sollten in Zusammenarbeit mit örtlichen Hilfsorganisationen Frauengruppen der ländlichen Gebiete von Sidi Bouzid und Kasserine dabei unterstützt werden, in genossenschaftlich organisierten Betrieben Produkte zu erzeugen, deren Verkauf ihnen eine finanzielle Unabhängigkeit bieten würde. Die Bewohner dieses Gebiets sind vor allem Berber, eine Minderheit, die bis zur Jasminrevolution in den maghrebinisch-arabisch geprägten Ländern unterdrückt wurde – ein Grund mehr, diesen Menschen Perspektiven für die Zukunft zu geben, heißt es vom Landesamt für Kabinettsangelegenheiten.
Cherifa hat als Mädchen von ihrer Großmutter gelernt, wie Berber ihre Teppiche herstellen. „Als Kind war ich oft neben der Schule mit meinen täglichen Aufgaben beschäftigt, beispielsweise Wasser zu holen, Brennholz zu sammeln oder auf meine Geschwister zu schauen. Da hatte ich oft erst nach dem Abendessen Zeit, meiner Großmutter beim Knüpfen zuzuschauen oder mich selbst daran zu versuchen“, erzählt Cherifa Franco De Giorgi in verständlichem Französisch. Als verheiratete, junge Frau hatte sie dann seit 2004 selbst ein, zwei Teppiche im Jahr hergestellt. Sie involvierte zunächst ihre Schwester, dann zwei Freundinnen, bis sie zu viert abwechselnd den einzigen Knüpfstuhl benutzten.
Als Cherifa nach der Revolution von den Förderungen erfuhr, die die EU auch ihrem Land anbot, zog sie los, um Mittel für ihre Idee eines genossenschaftlichen Betriebs aufzutreiben. Sie reiste allein nach Tunis, wandte sich an das Landwirtschaftsministerium und erreichte die Finanzierung ihrer ersten fünf Teppichknüpfstühle. „Im vergangenen Jahr hat das Land Südtirol der Frauengruppe über unseren Verein weitere fünf Knüpfstühle finanziert, so dass jetzt 22 Frauen mitwirken und ein angemessenes Einkommen erwirtschaften“, sagt der Präsident des Vereins, Claudio Polo, der ebenso das Gebiet besucht hat. Die Vereinsmitglieder finanzieren solche Reisen allesamt aus eigener Tasche.
Cherifa teilt den Erlös, den die Teppiche bringen, mit den anderen Frauen. Was De Giorgi aufgefallen ist, dass die gesamte Gruppe sehr selbstsicher auftritt, nicht nur Cherifa. Sie alle nehmen an den Gesprächen mit den Besuchern aus Bozen aktiv teil. „Ihr gemeinsamer Erfolg hat sie stark gemacht und ihnen im Dorf Ansehen gebracht“, sagt De Giorgi.
„Die Prinzipien, auf die die Genossenschaft baut, hat uns Erfolg gebracht. Es geht darum, den Geist der Zusammenarbeit voranzubringen, denn gemeinsam können wir etwas auf die Beine stellen, das uns und unseren Familien zu essen und unseren Kindern eine Perspektive gibt“, erklärt Cherifa.
Das Projekt Eco des Femmes umfasst neben der Teppichwerksatt auch eine Hühnerfarm, eine Imkerei und eine Werkstatt zur Herstellung von Käse. Bislang sind knapp 50.000 Euro in die vier Teilprojekte geflossen, an denen insgesamt 68 Frauen beteiligt sind. Insgesamt sind Kosten von 71.770 Euro für das Projekt zugelassen.