Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich heute mit dem Beschlussantrag Nr. 878/18: Mehr Straßen und Plätze nach Frauen benennen (eingebracht von den Abg. Foppa, Dello Sbarba, Heiss am 26.01.2018) befasst. Der Landtag wolle laut Antrag die Landesregierung beauftragen, dem Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte an der Uni Bozen den Auftrag zu erteilen, eine Liste mit den Namen von Frauen zu erstellen, die sich in den Bereichen Geschichte, Kultur, Politik, Kunst, Wissenschaft, Sport usw. in Südtirol und der Welt hervorgetan haben. Diese Liste soll allen Gemeinden übermittelt werden mit der Empfehlung, Frauennamen bei der Benennung von neuen Straßen und Plätzen größere Aufmerksamkeit zu schenken, wenn nicht sogar den Vorrang einzuräumen.
“Von den Straßennahmen einer Stadt in ihrer Gesamtheit kann man sich ein Bild der geographischen, wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Situation einer bestimmten Zeit und gleichzeitig der Ausrichtung der Behörden, insbesondere der Gemeindeverwaltungen, die für die Benennung der öffentlichen Flächen zuständig sind, verschaffen”, meinte Brigitte Foppa (Grüne), “Seit dem 20. Jahrhundert spielen zahlreiche Frauen eine entscheidende Rolle in der Geschichte, der Politik, der Kunst, der Musik, der Wissenschaft, der Wirtschaft, im Sport usw. Leider mangelt es in vielen Gemeinden, die für diesen Bereich zuständig sind, nicht am Willen, sondern an Bewusstsein und Information. Und somit sind zahlreiche verdienstvolle Frauen der Öffentlichkeit völlig unbekannt.”
Dieter Steger (SVP) wies darauf hin, dass die Straßennamen in die Zuständigkeit der Gemeinden fallen. Die Stoßrichtung des Antrags gehe aber in Ordnung. Er beantragte die Streichung des letzten Halbsatzes.
Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) stimmte dem Antrag grundsätzlich zu. Er hoffe aber nicht, dass in Südtirol noch viele Straßen und Plätze gebaut werden. Außerdem sollten bei der Gelegenheit faschistisch belastete Namen durch Frauennamen ersetzt werden. Die Grünen seien auf diesem Auge leider oft blind.
Walter Blaas (Freiheitliche) sprach sich gegen den Antrag aus. Es zeige sich leider oft, dass die Regierenden hier ihre Vorstellungen durchdrücken würden. Bei neuen Straßen könne er Foppas Antrag nachvollziehen, aber die Änderungen bestehender Straßennamen folgten nur dem Zeitgeist und bedeuteten Unannehmlichkeiten für die Anrainer.
Hans Heiss (Grüne) sprach von einer positiven Erfahrung in Brixen, wo nicht nur Mehrheitswünsche berücksichtigt worden seien. Der Antrag könnte auch vom Trend wegführen, italienische Namen einfach durch Flurnamen zu ersetzen.
Sigmar Stocker (F) sah in dem Antrag eine Bevormundung der Gemeinden. Namensgebungen sollten im Dorfleben entstehen, es brauche keine akademische Besserwisserei aus der Landeshauptstadt. In seiner Gemeinde stehe eine Frau bei den Namen ganz oben: Margarethe Maultasch, nach der demnächst auch ein Platz benannt werde. Eine Namensgebung im Dorf habe auch mit Emotionen zu tun, und es zähle auch der Verdienst ums Dorfleben.
Bei Straßennamen sei keine Fifty-fifty-Regelung möglich, meinte Sven Knoll (STF). Er wies auch darauf hin, dass viele Gastbetriebe Frauennamen tragen. Er unterstützte den Vorschlag, faschistische Straßennamen durch Frauennamen zu ersetzen. Es sollten Frauen aus der Gemeinde oder dem engeren Umfeld sein, die sich verdient gemacht hätten, es müssten nicht immer klingende Namen sein.
Magdalena Amhof (SVP) betonte, dass man die Gemeinden damit nicht bevormunden, sondern sie unterstützen wolle. Es gehe auch nicht um eine akademische Besserwisserei, sondern um fundierte Vorschläge an die Gemeinden. Viele verdiente Frauen seien aus dem Gedächtnis verschwunden, eine gezielte Suche könne sie wieder ans Licht bringen. Andreas Pöder (BürgerUnion) unterstützte das Anliegen. Wenn den Gemeinden aber eine Liste vorgelegt würde, dann müssten sie es begründen, wenn sie davon abweichen würden. Man sollte eine bessere Lösung suchen.
Oswald Schiefer (SVP) hielt den Ansatz ebenfalls für gut, über die Methode könne man streiten. In seiner Gemeinde habe man eine Straße nach der Katakombenlehrerin Angela Nikoletti benannt. Faschistische Straßennamen könnte man durchaus durch Frauennamen ersetzen. Jede Gemeinde habe Namen von Frauen aus der Vergangenheit, beginnend etwa bei den Hexenprozessen. Schiefer schlug vor, den Beschluss dem Rat der Gemeinden zu übermitteln, der dazu sicher gute Vorschläge hätte.
Waltraud Deeg (SVP) meinte, es gehe nicht um eine Bevormundung der Gemeinden, sondern darum, ein Thema bewusst zu machen. Es gebe viele Frauen, die sich verdient gemacht hätten. Damit nicht der Eindruck der Bevormundung entstehe, sollte man die Gemeinden bei der Erstellung der Liste einbinden.
Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) schlug ebenfalls eine Zusammenarbeit mit den Gemeinden vor. Viele Namen seien nur vor Ort bekannt. Ulli Mair (F) schlug vor, den Antrag zu überarbeiten, um die in der Debatte gemachten Vorschläge einzubauen. Das Anliegen sei richtig, auch in Zusammenhang mit der Ersetzung faschistischer Namen, aber die Gemeinden müssten eingebunden werden. Insgesamt befinde man sich hier aber in einer Luxusdebatte, die echten Probleme der Frauen lägen woanders.
Brigitte Foppa beantragte die Einfügung der Zusammenarbeit mit den Gemeinden in den Text. LR Florian Mussner verwies auf das Landesgesetz, das die Straßennamen in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinde überträgt. Selbstverständlich werde das Landesarchiv die Gemeinden weiterhin beraten. Das Kompetenzzentrum an der Uni Bozen, an das sich die Gemeinden ebenfalls wenden könnten, habe eine eigene Arbeitsgruppe für die Frauennamen. Mussner plädierte für die Streichung des Vorrangs im letzten Nebensatz des Antrags. Wichtig sei auch die Verankerung der Zusammenarbeit mit den Gemeinden.
Brigitte Foppa dankte für die positive Debatte, wandte sich aber gegen den Vorwurf der Luxusdebatte. Dieses Argument werde immer wieder ins Spiel gebracht, um Anliegen auszubremsen. Derzeit seien wenige Straßen nach Frauen benannt und wenn, dann meist nach Heiligen, nicht nach Frauen aus der Geschichte. Meistens kämen die Namengeber gar nicht auf die Idee, Frauennamen zu verwenden. Natürlich kämen nur Frauen in Frage, die sich verdient gemacht hätten – obwohl das bei den Männern nicht immer der Fall sei. Der Antrag wurde mit 13 Ja, sechs Nein bei zehn Enthaltungen genehmigt.