Von: mk
Bozen – Der Landtag hat sich heute mit dem Beschlussantrag Nr. 176/14: Schutz der Familie (eingebracht von den Abg. Leitner, Blaas, Oberhofer, Stocker S. und Tinkhauser am 4.7.2014) befasst. Die Landesregierung soll aufgefordert werden, – stets auf die Bedeutung der natürlichen Familie auf der Basis von Mann und Frau hinzuweisen sowie diese vorzüglich zu fördern; – die grundsätzliche kulturelle Bedeutung der Familie in den Bereichen Bildung und soziale Verantwortung hervorzuheben und zu stärken; – die Publikation „Standards für die Sexualaufklärung in Europa“ nicht an Südtiroler Schulen zu verteilen bzw. anzuwenden.
“Die verfassungsmäßige Einzigartigkeit der natürlichen Familie, aufbauend auf der Ehe zwischen Mann und Frau, bedarf eines besonderen Schutzes und Hervorhebens in der Gesellschaft”, forderte Pius Leitner (Freiheitliche). “Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und als solche auf den Schutz durch die Gesellschaft als auch durch den Staat angewiesen, wie dies auch in der Erklärung der Menschenrechte von 1948 verankert ist. Die Familie stellt viel mehr als eine bloße juristische, soziale und wirtschaftliche Gemeinschaft dar. Sie ist auch Lehrerin der Solidarität, überträgt soziale, spirituelle, kulturelle und ethische Werte, die für die Entwicklung und das Wohlbefinden ihrer Mitglieder und der Gesellschaft wichtig sind. In der natürlichen Familie reproduziert sich unsere Gesellschaft und ist somit Garant für die Zukunft unseres Landes und unseres Wertesystems. Seit einiger Zeit sind vermehrt Gender-Ideologien und homosexuelle Ideologien auf dem Vormarsch und werden an Schulen angeworben. Bei Gender-Ideologien wird das biologische Geschlecht aufgelöst in ein sogenanntes soziales Geschlecht. Besonders bei Kindern und Jugendlichen kann sich dies auf die eigene Identität und die Entwicklung manipulierend auswirken. Dazu trägt auch die weitverbreitete Publikation „Standards für die Sexualaufklärung in Europa“ der WHO bei, die auch an Schulen vorzufinden ist.”
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) wandte sich gegen den Begriff “natürliche Familie”, der gegen andere Familienformen gerichtet sei und der Realität nicht gerecht werde. Er sei ohne Vater bei Mutter und Oma aufgewachsen, und das sei nicht unnatürlich. Was die Homosexualität betreffe, so sei diese keine Entscheidungssache, sie sei aber auch keine Gefahr für Heterosexuelle. Jugendliche sollten einen unkomplizierten Umgang damit haben.
Andreas Pöder (BürgerUnion) stimmte den ersten beiden Punkten zu, hatte zum dritten aber Bedenken. Die genannte Publikation sei nicht gut gelungen, aber auch nicht bedenklich, es sei ein umfangreicher Leitfaden zur Sexualerziehung. Davon abgesehen sei es richtig, dem Schwinden der traditionellen Familie entgegenzuwirken.
Der Antrag sehe Familie als Fortpflanzungsgemeinschaft, meinte Brigitte Foppa (Grüne), für sie sei es eine Solidargemeinschaft. Wer mit zwei Frauen aufwächst wie Knoll oder eine Familie mit einem außerehelichen Kind würde nicht unter die Kriterien des Antrags fallen. Wenn es nur um die Fortpflanzung gehe, wäre ein Mann zum Fremdgehen berechtigt, wenn seine Frau nicht mehr fortpflanzungsfähig sei.
Die Freiheitlichen bezögen sich auf die Definition von 1948, bemerkte LR Waltraud Deeg, aber der Begriff habe sich geändert wie die Familie selbst. Das Land unterstütze alle Familienformen. Wichtig sei, dass ein Kind gute Bedingungen vorfinde, um sich zu entwickeln. In Südtirol würden zwei von drei Ehen gelingen, und das sei europaweit ein gutes Niveau. Die genannte Publikation werde nicht an die Schüler verteilt. Beim ersten Punkt solle jeder abstimmen, wie er es für richtig halte, bei den anderen Punkten plädiere sie für Ablehnung.
Pius Leitner verteidigte den Begriff “natürliche Familie” gegenüber “traditionelle Familie”. Traditionen gebe es verschiedene auf dieser Welt, die natürliche Fortpflanzung bleibe überall gleich. Der erste Punkt des Antrags wurde mit 24 Ja, sieben Nein bei einer Enthaltung, Punkt zwei mit 24 Ja, sechs Nein bei einer Enthaltung genehmigt, Punkt drei wurde abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 209/14: Mittelschulgebäude Peter Rosegger in Meran ist unter Denkmalschutz zu stellen (eingebracht vom Abg. Urzì am 29/9/2014).
“Dieses Gebäude wurde von Musch und Luhn Ende des 19. Jahrhunderts erbaut und weist ausgesprochene künstlerische Merkmale auf, abgesehen davon, dass es sich um ein historisches Gebäude handelt”, erklärte Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore).
Es freue ihn, dass ein Vertreter der italienischen Rechten auch einmal ein Gebäude aus der Zeit vor dem Faschismus schützen wolle, erklärte Sven Knoll (STF) und unterstützte den Antrag.
Das Gebäude gehöre zu einem Komplex aus dem Jahr 1903, erklärte LR Florian Mussner, es habe neoklassizistische Formen. Das zuständige Amt empfehle einen Ensembleschutz, für einen Denkmalschutz reichten die Eigenschaften nicht aus. Für den Ensembleschutz sei die Gemeinde zuständig. Ein Denkmalschutz wäre effizienter, meinte Alessandro Urzì, aber er nehme die Anregung Mussners an. Der Antrag wurde bei einer Enthaltung genehmigt.
Beschlussantrag Nr. 217/14: Rückkauf von WOBI-Wohnungen (eingebracht von den Abg. Leitner, Tinkhauser, Blaas, Mair, S. Stocker und Oberhofer am 16.9.2014). Der Landtag möge die Landesregierung auffordern, umgehend mit dem Wohnbauinstitut die Voraussetzungen zu schaffen, damit der Kauf von Institutswohnungen durch die Mieter wieder möglich wird. Die notwendigen Bestimmungen und Voraussetzungen werden im Einvernehmen festgelegt.
“Für den Erwerb von Institutswohnungen durch Mieter sprechen mehrere Gründe”, erklärte Pius Leitner (Freiheitliche). “Einerseits bleiben die Mieter in der bisherigen Wohnung und in ihrem gewohnten Umfeld, andererseits übernehmen sie in Eigenverantwortung Aufgaben (Sanierungsmaßnahmen usw.), die sonst die öffentliche Hand tragen müsste. Somit könnte das Institut Geld sparen, das für neue Wohnungen dringend gebraucht wird.” Man sollte auch bedenken, dass Eigentümer mehr auf ihre Wohnung schauten. Leitner wies auch auf Konfliktsituationen hin, die sich durch Mieter aus anderen Kulturkreisen ergäben. Er unterstützte auch das Vorhaben, die Null-Miete zu streichen.
Hans Heiss (Grüne) hielt das Anliegen für verständlich, zweifelte aber an der Umsetzbarkeit. In der Vergangenheit hätten nur wenige von der Möglichkeit Gebrauch gemacht. Das WOBI sei auch dazu da, den Mietwohnungsmarkt zu erweitern und den Preis in Grenzen zu halten. Die derzeit 13.000 Wohnungen seien noch zu wenig. Andreas Pöder (BürgerUnion) sah Schwierigkeiten bei Mehrfamilienhäusern, wenn dann ein Teil dem WOBI, ein anderer Privateigentümern gehören würde. Bei Einzelwohnungen dürfte es hingegen keine Probleme geben. Es werde keine Massennachfrage geben.
Zum Beispiel bei sanierungsbedürftigen Wohnungen könnte ein Verkauf auch für das WOBI sinnvoll sein, meinte Sven Knoll (STF). Es würde eine ganze Reihe von sinnvollen Beispielen geben.
Es sei weder ökonomisch noch sozial sinnvoll, WOBI-Wohnungen zu verkaufen, meinte LR Christian Tommasini. Wer eine Wohnung kaufen wolle, dem stehe eine andere Förderungsmöglichkeit zur Verfügung. Die 13.200 Institutswohnungen gehörten zum Vermögen des Landes, das den sozial Schwächeren zur Verfügung stehe. Wenn man Wohnungen verkaufe, werde dieses Vermögen geringer. In der Vergangenheit hätten 130 von 500 angeschriebenen Mietern Kaufinteresse bekundet, aber nur 57 gekauft. Es sei ein Riesenaufwand gewesen und ein dürftiges Ergebnis, und nun habe man einige Gebäude mit privaten Eigentümern mittendrin, was die Verwaltung ziemlich erschwere.
Pius Leitner ließ sich von diesen Argumenten nicht überzeugen. Es gehe nur darum, die Möglichkeit zu schaffen, zum Beispiel für ein Einfamilienhaus, wo die Einwohner nicht einmal eine Lampe austauschen dürfen. Der Antrag wurde mit 14 Ja, 17 Nein bei einer Enthaltung abgelehnt.
Die Sitzung wird morgen wieder aufgenommen.