Kein Platz für Israel bei Pro-Palästina-Demo in Wien

Friedliche Pro-Palästina-Demo in Wien – Festnahme in Graz

Samstag, 14. Oktober 2023 | 22:26 Uhr

Von: apa

Eine pro-palästinensische Kundgebung in Wien-Favoriten ist am Samstagnachmittag friedlich über die Bühne gegangen. “Wir stehen heute nicht hier, um zu jubeln, sondern um zu trauern”, betonte Sami Ayad von der Palästinensischen Gemeinde Österreichs. Rund 300 Menschen skandierten Parolen wie “Lasst Gaza leben, lasst Gaza frei” oder “Israel Terrorist”. 30 Personen versammelten sich trotz Verbots in Graz. Nach einer Attacke auf einen Polizisten wurde ein junger Mann festgenommen.

In Wien war die Polizei war mit einer großen Anzahl an uniformierten und zivilen Kräften im Einsatz, hieß es bei der Landespolizeidirektion Wien auf Anfrage der APA. Meldungen über Anzeigen oder Festnahmen lagen vorerst keine vor. Ganz im Gegensatz zur umstrittenen Kundgebung am Stephansplatz am vergangenen Mittwoch, die von der Landespolizeidirektion Wien kurzfristig untersagt wurde und bei der es über 300 Anzeigen gab. Die Stimmung an Ort und Stelle war emotional, aber friedlich. Wiederholt wurde auch “Boycott Israel” sowie “Kindermörder Israel” gerufen.

“Was in Gaza passiert, das ist eine massive Unterdrückung, eigentlich Völkermord”, sagte Ayad gegenüber der APA. “Wir rufen die Welt, dass sie einschreitet. Israel steht nicht über dem Gesetz.” Die palästinensische Gemeinde in Österreich wolle keine Gewaltaufrufe. Sehr genau achtete Ayad während der Kundgebung darauf, was die Rednerinnen und Redner auf der Kundgebungsbühne von sich geben. Als ein Jugendlicher “Allahu Akbar” rief, schritt ein Ordner sofort ein und ermahnte ihn, dies zu unterlassen. Generell waren arabische Parolen unerwünscht, ermahnte Ayad die Kundgebungsteilnehmer. “Das ist eine Solidaritätskundgebung für die Zivilbevölkerung in Gaza (…) Wir sind hier, um zu zeigen, dass wir an sie denken”, betonte er gegenüber der APA.

Wer eine Lösung für den Konflikt suche, müsse zunächst über seine Ursachen sprechen, erklärte Mary Pompalk von der Friedensinitiative “Frauen in Schwarz”. “Israelische Apartheid, Besatzung und die Komplizenschaft der Vereinigten Staaten und auch Europas bei dieser Unterdrückung sind die Quelle all dieser Gewalt.” Wenn man über palästinensischen Terror spreche, müsse man auch den “staatlichen Terror” bedenken, den die israelische Regierung, Militär und Siedler an den Palästinenser seit Jahrzehnten tagtäglich verüben”, so Pompalk. Ein dauerhafter Frieden sei nur erreichbar, wenn sowohl Menschenrechte als auch das Völkerrecht respektiert würde.

“Gaza ist ein Gefängnis mit zwei Millionen Insassen”, sagte Willi Langthaler von der Palästina Solidarität Österreich auf der Kundgebung. Seine Organisation war es auch, die zur Kundgebung am vergangenen Mittwoch am Stephansplatz aufgerufen hatte. Angesprochen auf Vorwürfe, es hätte sich dabei um eine Jubeldemo für Gräueltaten der Hamas an israelischen Zivilisten gehandelt, wies er entschieden zurück. “Das ist eine klassische Verleumdung. Wir als Organisatoren haben Slogans vorgegeben, die alle für den gerechten Frieden, für Selbstbestimmung für die Palästinenser, für ein Ende des Kolonialismus eintreten.” Die Massaker an Zivilisten in Israel seien bedauerlich, aber eine Reaktion auf die “massive Form von struktureller Gewalt” Israels gegenüber den Palästinensern. Dies produziere “Gegengewalt, die nicht immer moralisch ist”, so Langthaler. In seinen Augen könne nur “ein gemeinsamer demokratischer Staat aller dort lebenden Menschen” zu dauerhaftem Frieden führen.

Auch Ayad verurteilte die Massaker an der israelischen Bevölkerung, versuchte aber zu erklären: “Das ist wie der Ausbruch durch ein Druckventil bei einem Kessel.” Diese Deutung Ayads steht freilich im Widerspruch zu Erkenntnissen, wonach die Hamas-Terroristen ihre Mordkampagne mit 1.200 Toten, darunter auch Säuglinge, monatelang vorbereitet hatte. “Auf jeden Fall verurteile ich den Mord an Zivilisten. Aber was Israel tut, ist genau das gleiche. Israel macht Kollektivbestrafung. In Gaza sind nicht alle bei der Hamas”, betonte er. Auf die Frage, ob die geforderte Freiheit in Palästina mit der radikal-islamischen Bewegung möglich sei, entgegnete er: “Wenn man die Chance bekommt, in Freiheit zu leben, werden das alle akzeptieren.”

In Graz fand eine pro-palästinensische Versammlung am Südtirolerplatz trotz Untersagung statt. Wie die Landespolizeidirektion Steiermark am Abend mitteilte, waren rund 30 Männer und Frauen gekommen. Nach Intervention der Polizei löste sich die Gruppe zwar wieder auf, doch kam es danach zu einem Zwischenfall. Die Versammlungsteilnehmer verließen den Südtirolerplatz in Kleingruppen in Richtung Herrengasse, wo sie auf etwa 30 weitere Personen trafen, die sich mit ihnen solidarisierten. Ein jugendlicher Palästinenser habe dort einen Polizisten verbal beleidigt, sei nach einer Wegweisung wieder zurückgekommen und habe den Beamten leicht im Gesicht verletzt. “Daraufhin wurde er wegen Verdacht des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt festgenommen. Die Ermittlungen zum Sachverhalt laufen”, so die Polizei.

Gegen 16.00 Uhr war das Aufgebot an Polizei, Medienleuten und Passanten am Südtirolerplatz vor dem Grazer Kunsthaus deutlich größer als die Zahl der Versammlungsteilnehmer gewesen. Sie riefen mehrmals “Free, free Palestine” sowie “From the river to the sea, Palestine must be free” und schwenkten Fahnen. Manche der Versammlungsteilnehmer trugen ein Palästinensertuch oder T-Shirts mit Palästina-Aufdrucken. Eine ältere Frau meinte zu Journalisten, dass sie schon drei Mal für drei Monate in Palästina gewesen sei und wisse, was Unterdrückung sei. Sie wolle daher Solidarität zeigen.