Von: luk
Bozen – Im Südtiroler Landtag wurde heute noch über Führungsstruktur der Landesverwaltung gesprochen.
Landesgesetzentwurf Nr. 127/17: „Regelung der Führungszulage und Änderung der Führungsstruktur der Südtiroler Landesverwaltung“ (vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag der Landesrätin Deeg).
LR Waltraud Deeg stellte in Zusammenhang mit Diskussionen im Vorfeld klar, dass man mit diesem Gesetz nicht die Gehälter der Spitzenkräfte erhöhen, sondern das staatlich vorgegebene Limit von 240.000 Euro festschreiben wolle. Der bestbezahlte Landesbeamte verdiene derzeit 166.000 Euro. Es werde ein Führungskräfteverzeichnis eingeführt und der Zugang dazu geregelt. Wer bei einem Wettbewerb für Führungskräfte für geeignet befunden werde, aber die Stelle nicht erhalte, bleibe für zwei Jahre im Verzeichnis, aus dem man dann direkt berufen werden könne. Für die Führungspositionen seien drei Wege vorgesehen: Wettbewerb, Berufung aus dem Verzeichnis und Berufung von außen. Die derzeitige Führungsstruktur sei gut, sonst hätte sie nicht so lange gehalten, das vorliegende Gesetz nehme nur einige Korrekturen vor. Ein wichtiger Punkt im Gesetz sei die permanente Weiterbildung, für die Führungskräfte organisiere man zusammen mit den Universitäten und auf Euregio-Ebene ein entsprechendes Angebot. Bei den Ressortdirektoren führe man nichts Neues ein, man regle die Situation nur besser. Als Bindeglied zwischen Politik und Verwaltung bräuchte sie eine gewisse Entscheidungsbefugnis. Ein wichtiger Bereich sei die Digitalisierung, ein weiterer der Fachkräftemangel. In manchen Bereichen habe man nicht genügend Bewerber, hier müsse die Landesverwaltung gegenüber der Privatwirtschaft an Attraktivität gewinnen. Die Gesellschaft erwarte sich bei gleichbleibendem Haushalt mehr Leistung, und da hätten die Führungskräfte eine entscheidende Rolle.
Nach den Erläuterungen von LR Deeg verlas Brigitte Foppa ihren Minderheitenbericht.
Ulli Mair (Freiheitliche) sah in dem Gesetzentwurf einige politische Knackpunkte. So solle die Führungszulage auch an Personal ohne Führungsauftrag ausbezahlt werden, die Führungsaufträge würden mit Direktauftrag erteilt. So könnte z.B. ein Landesrat seinen “Lieblingen” Sonderaufträge zuschanzen. Der Sonderauftrag an sich sei ein Dehnbegriff. Eigentlicher Knackpunkt sei Art. 6 mit dem Durchgriffsrecht für Ressortdirektoren, die Entscheidungen an sich ziehen und somit unliebsame Amtsdirektoren entmachten könnten. Auch in anderen Artikeln gehe es um die Verteilung von Macht nach oben. Art. 7 sei ein Zuckerle für Generalsekretär Magnago, der sich eine eigene Stabsstelle einrichten könne. Das Führungsverzeichnis sei eine Übernahme des staatlichen “ruolo dirigenti”, mit dem man eine autonome Zuständigkeit über Bord werfe. Der erste Entwurf von Generaldirektor Staffler sei am deutschen Sprachraum orientier, bemerkte Mair und fragte, warum man diese Orientierung wieder verlassen habe. Die Sonderaufträge seien eigentlich Versorgungs- bzw. Entsorgungsposten, für Politikerfreunde im einen Fall, für unliebsame Beamte im anderen. Eine Gesetzesaufhebung in Art. 18 sei eine Regelung ad personam. Insgesamt sehe sie im Gesetzentwurf eine Stärkung der Führungsebene und eine Schwächung der unteren Ebenen und keine Vorstellung von modernem Management.
Der Entwurf übernehme zum einen staatliche Bestimmungen, etwa zu den Führungszulagen, zum anderen werde die Führungsstruktur neu aufgestellt, erklärte Dieter Steger (SVP). Ersteres sei eine rechtliche Notwendigkeit, damit das Gesetz einem Rekurs standhalten könne. Es sei unfair, im Gesetz eine Gehälteraufstockung zu sehen, während nur eine Obergrenze eingeführt werde. Wenn man diese staatlich vorgegebene Obergrenze nicht einhalten müsste, würde man sich z.B. in der Sanität leichter tun, leere Stellen zu besetzen. Aber vorliegendes Gesetz enthalte keine Gehaltserhöhung, und auch die bestehenden Gehälter seien weit entfernt von der neuen Obergrenze. Was die Führungsstruktur betrifft, so habe es anfangs zwei Orientierungen gegeben, jene des Generaldirektors, das auch von den Grünen unterstützt werde, und eines, das sich am Trentiner Modell orientiere. Man habe einen Kompromiss gewählt. Demnach bleibe die Anordnung nach Abteilungen und Ämtern, aber die Ressortdirektoren bekämen auch ein gewisses Entscheidungsrecht. Die totale Trennung von Politik und Verwaltung funktioniere nirgends, damit könnte die Landesregierung auch nicht ihre strategischen Ziele erreichen. Es sei die Landesregierung, die den Kopf hinhalten müsse, die in der Öffentlichkeit und vor Gericht zur Verantwortung gezogen werde. Der größte Betrieb in diesem Lande müsse sich professionell aufstellen. Die Ressortdirektoren seien das Scharnier zwischen Politik und Verwaltung und sollten daher auch eine besondere Rolle haben.
Sie sei in der Privatwirtschaft aufgewachsen und wisse, was eine Führungsrolle bedeute, erklärte Brigitte Foppa (Grüne). Im Gesetzentwurf würden sich unterschiedlichste Managementideen widerspiegeln. Sie vermisste eine deutliche Aussage über eventuelle Gehaltserhöhungen, da argumentiere die Mehrheit widersprüchlich. In der Privatwirtschaft gebe es ganz andere Gehälter, dennoch gebe es gewisse Vorstellungen in der Gesellschaft, was noch gerecht und was zu viel sei. Im Vorfeld sei oft von Privilegien der öffentlich Bediensteten gesprochen worden, in Wahrheit sei das Niveau in der Privatwirtschaft immer mehr abgebaut worden. Eine Zusammenarbeit von Politik und Verwaltung sei immer notwendig, aber die Landesregierung setze hier auf Vertikalisierung und Hierarchisierung. Foppa kritisierte, dass sich die Landesregierung immer mehr auf technische Argumente zurückziehe und die ideellen Diskussionen den Rändern des politischen Spektrums überlasse.
Eine öffentliche Verwaltung sei keine Basisgruppe, sie müsse eine gewisse Hierarchie haben, und es müssten die Zuständigkeiten festgelegt sein, meinte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Er sei nicht für Gehaltskürzungen oder Beschränkungen im öffentlichen Dienst, zu viele würden abwandern, weil sie anderswo besser bezahlt würden. Was aber in der Öffentlichkeit einen unguten Eindruck hinterlasse, seien die Führungszulagen. Besser wären Erfolgszulagen als Zulagen für die Erledigung der vorgesehenen Arbeit.
Natürlich müsse die Exekutive ein Weisungsrecht gegenüber der Verwaltung haben, erklärte Andreas Pöder (BürgerUnion), andererseits dürfe ein Beamter nicht zum willenlosen Vehikel der Politik werden, wie es auch die Verfassung vorschreibe. Im angelsächsischen Modell werde mit jeder neuen Regierung die Führungsebene ausgetauscht, aber auf dem Festland gebe es eine andere Orientierung, da setze man auf Kontinuität und Bürgernähe. Aus dem Gesetzentwurf könne man ein Durchgriffsrecht der Ressortdirektoren herauslesen. Ob das gut sei oder nicht, hänge vom Vertrauensverhältnis mit den Bürgern ab. Wenn alles in Ordnung wäre, bräuchte es ein solches Gesetz gar nicht. Eine Gehälterobergrenze sei richtig, meinte Pöder, niemand in der Landesverwaltung sollte mehr verdienen als der Landeshauptmann, auch nicht in der Sanitätsverwaltung. Man brauche nicht in bestehende Verträge eingreifen, aber man sollte für die Zukunft vorsorgen. Die Sorge, dass man dann keine guten Manager mehr bekomme, sei unbegründet. Pöder sprach sich gegen die Befugnis für die Ressortdirektoren aus, Dekrete zu erlassen; wenn die Landesregierung eine Entscheidung durchsetzen wolle, müsse sie selbst dafür die Verantwortung übernehmen.
LR Waltraud Deeg ging in ihrer Replik auf das Zusammenspiel von Politik und Verwaltung ein. Vielfach seien in der Debatte dazu Medienmeinungen wiedergegeben worden, so zum ursprünglichen Staffler-Entwurf. Die Landesverwaltung sei vertikal strukturiert, und das Projektmanagement sei in diesem Zusammenhang zu sehen. Es sei nicht angebracht, gleich schon dessen Missbrauch vorauszusehen. Deeg stellte auch in Abrede, dass dieser Gesetzentwurf rein das staatliche System übernehme. Man wolle das effiziente und kostengünstige System, das man habe, auch aufrecht erhalten. Man habe auch nicht das staatliche Führungskräfteverzeichnis übernommen. Vorliegender Entwurf enthalte nur, was man zusätzlich brauche. Die Möglichkeit für die Ressortdirektionen, Entscheidungen an sich zu ziehen, gebe es bereits, sie werde nun nur besser formuliert. Solche Maßnahmen müssten auch immer begründet werden. Es gebe auch kein “Zuckerle” für irgendjemanden. Man habe vor Jahren Generaldirektion und Generalsekretariat getrennt, aber vergessen, für beide eine Stabsstelle vorzusehen – dies werde hiermit nachgeholt. Die Eintragung ins Führungskräfteverzeichnis erfolge mit Wettbewerb, nicht durch Berufung. Deeg rief dazu auf, sich nicht über die Medien ein Bild vom Gesetz zu machen, die Erstellung des Entwurfs sei ein partizipativer Prozess gewesen. Die Verwaltung solle so aufgestellt sein, dass man sich einen bürgernahen Dienst erwarten könne. Mit dem LH-Gehalt als Obergrenze würde man nur die engere Landesverwaltung treffen, daher sei die Übernahme der staatlichen Obergrenze richtig.