Von: mk
Salurn – Am Dienstag, 22. November, hatte der Bezirk Überetsch-Unterland des Heimatpflegeverbands Südtirol zu einem Vortragsabend in den Herrenhof nach Salurn geladen. Der Landschaftsökologe Prof. Stefan Zerbe von der Universität Bozen referierte über die Bedeutung von Mooren, Torflagerstätten und Feuchtgebieten für Boden, Wasserhaushalt und Klima. Am Ende einer anregenden Diskussion stand die Forderung nach einer dringlichen Erhebung des Moor- und Torfbestandes in Südtirol mittels eines Moorkatasters und in der Folge eine Unterschutzstellung der noch funktionsfähigen Moore und der nachhaltigen Sicherung von Torfbeständen.
Rund 50 Besucher waren in den Saal des Herrenhofs Salurn gekommen, vorwiegend aus Salurn, aber auch aus den anliegenden Gemeinden um den Ausführungen von Stefan Zerbe zu folgen. Der Professor für Umwelt und Angewandte Botanik an der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik an der Universität Bozen und Leiter der Arbeitsgruppe „Interdisziplinäre Landschaftsökologie und Ökosystemrenaturierung“ erläuterte die verschiedenen Arten von Feuchtgebieten und Mooren und ging auf ihre wichtigen Ökosystemleistungen ein.
Ökosystemleistungen: Wasser- und Kohlenstoffspeicher
„Neben ihrer Produktionsleistung (Früchte, Schilf, Heilpflanzen u.v.m.) und ihrer Bedeutung als Lebensraum für spezifische und vielfach bedrohte Arten sind sie ein wichtiges und vielfach unterschätztes Regulatorium für den Wasserhaushalt“, so Zerbe. Ein funktionsfähiges Moor, könne große Mengen Wasser aufsaugen, speichern und langsam wieder abgeben und fungiere so als natürliches Auffangbecken bei Starkregenereignissen. Außerdem – und besonders relevant in Zeiten der Klimakrise – seien intakte Feuchtgebiete in der Lage, Kohlenstoff zu speichern und das in großem Ausmaß. Da Torf als Moorsediment fast vollständig aus Kohlenstoff besteht, sei im Umkehrschluss klar, wie kritisch der Abbau ist. Denn mit dem Abbau wird dieser Kohlenstoff freigesetzt. Moore bedecken weltweit zwar nur drei Prozent der Landoberfläche, speichern aber mehr als 40 Prozent des Bodenkohlenstoffs.
Südtirol: Renaturierung von Feuchtgebieten – Torfabbau einstellen
In Südtirol sind viele Moore und Feuchtgebiete in den letzten 100 Jahren verschwunden oder zerstört worden. Flüsse wurden begradigt und verbaut, die Landnutzung bis an den Gewässerrand ausgedehnt, Böden wurden entwässert, versiegelt und durch eine intensive Nutzung überdüngt. Neben den wenigen intakten Mooren sind aber die Torflagerstätten – wie eben in Salurn, wo Torf abgebaut wird – in den Talebenen erhalten geblieben. Für Zerbe ist klar, die Renaturierung im Sinne einer Wiedervernässung einiger Teilgebiete könne eine große Chance sein, zum Beispiel als Retentionsräume für Wasser bei Überschwemmungen. „Während in Südtirol die Renaturierung, d.h. die Wiederherstellung der Ökosystemleistungen, von Abschnitten der Bäche bzw. Flüsse mit ihren Auen in den vergangenen Jahren sehr gute Fortschritte gemacht hat, schaut es bei den Mooren und Torflagerstätten weniger erfreulich aus, weil es sich hier oft um landwirtschaftlich genutztes Gebiet handelt und ein Interessenkonflikt besteht. Ein erster Schritt wäre eine dringend zu empfehlende Erfassung und Bewertung über ein aktualisiertes Moorkataster (die letzte Erfassung ist ca. 30 Jahre alt) und daraus folgend die Unterschutzstellung der funktionsfähigen Moore und die Renaturierung von geschädigten Mooren“, so der Landschaftsökologe. „Und was auch klar sein muss: Wer seriös Klimaschutz betreiben will, muss den Torfabbau sofort und vollständig einstellen und ein zukunftsfähiges Moorschutzprogramm auf Landesebene etablieren.“