Von: luk
Das Flaggschiff Autonomie hat ein Leck. So titelt heute das Tagblatt Dolomiten und meint damit den Streit zwischen SAD-Chef Ingemar Gatterer und dem Land. Konkret hat Gatterer mit der Einstellung zweier Italiener den Proporz umgangen. Die erste Runde vor Gericht konnte er erst kürzlich für sich entscheiden. Heute läutet die Landesregierung die zweite Runde vor Gericht ein. „Geht der Sieg am Ende an Gatterer, kann er sich als Ko-Autor in der Kategorie Totengräber des ethnischen Proporzes eintragen lassen“, meint Ex-SVP-Senator Karl Zeller.
Ganz anders sieht es Ingemar Gatterer. Er habe nichts getan, was das Land im Gesundheitswesen nicht auch macht. Mit voller Zustimmung der Politik verpflichte der Sanitätsbetrieb Personal unter Umgehung von Zweisprachigkeit und Proporz, um den Dienst zu garantieren. Auch er habe mit der Einstellung der Italiener den Dienst garantiert. Zuvor seien zwei deutsche Mitarbeiter abgesprungen.
Es bleibt also spannend: Mehr dazu lest ihr in der heutigen „Dolomiten“-Ausgabe!
Land verteidigt Proporz im öffentlichen Bahnverkehr in zweiter Instanz
Der Proporz ist wie die Zweisprachigkeit eine tragende Säule der Autonomie. Er muss in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes garantiert werden, auch wenn diese Dienste von Privaten geführt werden. Diesen Standpunkt vertritt die Landesregierung und verteidigt ihn auch in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht.
Den Stein ins Rollen brachte im vergangenen Jahr eine Stellenausschreibung der SAD, bei der die Stellenvergabe nach Sprachgruppenstärke (Proporz) nicht beachtet worden war. Die Landesregierung zog vor Gericht, um die Prinzipien des Autonomiestatuts und der Durchführungsbestimmungen – Proporz und Zweisprachigkeit – zu verteidigen. Dabei berief sie sich unter anderem auf ein Urteil des Verfassungsgerichts aus dem Jahr 1988, nach dem Betriebe, die in Südtirol die Aufgaben der ehemaligen Staatsbahnen übernehmen, vor einer Stellenausschreibung das zuständige Einvernehmenskomitee damit befassen und die Stellen nach Proporz vergeben. Die Klage des Landes war aber nicht erfolgreich. Sie wurde vom Gericht abgewiesen, das davon ausgeht, dass die Proporzregelung im Eisenbahnsektor lediglich auf “öffentliche” und nicht auch auf private Subjekte anzuwenden sei, wie dem am 29. Juni zugestellten Urteil zu entnehmen ist.
Die Landesregierung hat heute (10. Juli) entschieden, gegen dieses Urteil des Landesgerichtes vom 22. Juni 2018 in Sachen Proporz im Bereich des öffentlichen Eisenbahnverkehrs Berufung beim Oberlandesgericht einzureichen. “Aus unserer Sicht handelt es sich um ein Fehlurteil”, erklärt Landeshauptmann Arno Kompatscher, “der Proporz ist auch dort zu gewährleisten, wo die von ehemaligen staatlichen Konzessionsbetrieben geführten Dienste nun durch Private erfolgen. Das ist eine wichtige Säule der Autonomie, die es zu verteidigen gilt.” Die Landesregierung gehe davon aus, dass das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil entsprechend korrigieren werde. “Sollte selbst das Oberlandesgericht zur gleichen Auffassung wie das Landesgericht gelangen, ist es mit Sicherheit notwendig, die Durchführungsbestimmung aus dem Jahr 1997 entsprechend neu zu formulieren, damit rechtliche Klarheit geschaffen wird”, sagt der Landeshauptmann.
In dem heute genehmigten Beschluss zur Berufung gegen das Landesgerichtsurteil, geht die Landesregierung auf das sogenannte “Versteinerungsprinzip” ein, das vom Landesgericht völlig außer Acht worden sei. Es besagt, dass auch anderen Gesellschaften, welche die gleiche Tätigkeit wie die Eisenbahn auf Landesgebiet durchführen, den Gebrauch der beiden Landessprachen gewährleisten müssen und somit zur Zweisprachigkeit verpflichtet sind. Aus diesen Überlegungen leitet sich auch die Pflicht zur Einhaltung des Proporzes ab.
„Weltbeste Autonomie“ vor dem Aus?
Der Landtagsabgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit, Bernhard Zimmerhofer, fordert die Landesregierung auf, sofort und unmissverständlich in allen Bereichen des öffentlichen Lebens in Südtirol für die Einhaltung von Proporz und Sprachbestimmungen zu sorgen. Zimmerhofer verweist auf eine interne Statistik der Süd-Tiroler Freiheit, die aufzeige, dass mit Antritt der Regierung Kompatscher die Verletzung von Sprachbestimmungen in erschreckendem Maße zugenommen haben. „Wenn wir unsere verbrieften Rechte nicht mehr in Anspruch nehmen können, wozu nützt dann noch eine Autonomie und wozu braucht es dann noch eine Landesregierung?“, fragt sich Zimmerhofer.
„Bereits mit einer seiner ersten Amtshandlungen nach der Wahl, nämlich mit der Übertragung der Behindertentransporte an eine Firma aus dem fernen Apulien, hätten alle Alarmglocken läuten müssen! Sonst wird von der Landesregierung gerne immer von der Förderung lokaler Kreisläufe geredet und der damit zusammenhängenden Einhaltung der Sprachbestimmungen, aber in diesem Fall hat man alle guten Vorsätze über Bord geworfen“, zeigt Zimmerhofer auf. „Mit der Untergrabung des Proporzes im Gesundheitswesen, und jetzt offensichtlich auch im öffentlichen Nahverkehr, wird diesem Grundpfeiler der Autonomie Schritt für Schritt der Garaus gemacht!“