Von: lup
Bozen – Anlässlich der geplanten Feier der Alpini-Sektion Bozen am 12. Juni 2028 zum 100. Jahrestag des umstrittenen Siegesdenkmals in Bozen, appelliert das Gedenkkomitees “KZ-Campo d’Isarco” an die Politik, eben diese Feier zu verhindern. Im Rahmen einer Pressemitteilung wird die Wahl eines alternativen Datums und Ortes für die Feier gefordert sowie auf die Dringlichkeit der Aufarbeitung der faschistischen Vergangenheit hingewiesen.
Die Presseaussendung im Wortlaut:
Appell des Gedenkkomitees “KZ-Campo d’Isarco” an die Politik: Verhindert die Alpini-Feier am 100. Jahrestag des Schanddenkmals in Bozen
Das aus verschieden Heimatverbänden und Persönlichkeiten zusammengesetzte Gedenkkomitee „KZ-Campo Isarco“ hat kürzlich vor Beginn ihrer Jahressitzung am KZ-Gedenkstein in Blumau einen Kranz mit Blumen niedergelegt und im Gedenken an alle Opfer der Diktaturen eine Kerze angezündet. Das hatte seine Gründe. Wenige Gedenkstätten stellen in Südtirol die Erinnerung an den Totalitarismus und Krieg besser dar als dieses 2018 mit dem aus Eggentaler Naturstein gemeißelten und mit dem mahnenden Ruf „Nie wieder Faschismus und Krieg“ beschilderten Gedenksteins.
Es ist genau das Gegenteil der von Ministerpräsident Benito Mussolini und seinem Staatssekretär und Hochkommissar für die Umsiedlung der Südtiroler ins Dritte Reich, Guido Buffarini-Guidi veranlassten menschenfeindlichen Militäroperationen. Dazu gehört das Ende der 1930er-Jahre – gleich nach der Option der Südtiroler und Invasion der Balkanländer – auf dem 12 Hektar großen Wirtschaftsgelände der ehemaligen Ersten Tiroler Bierbrauerei Blumau errichtete italienische Konzentrationslager „Campo di concentramento Prato d’Isarco“.
Die Verantwortung für das Blumauer KZ stand in den Händen der Armee und des berüchtigten Präfekten Agostino Podestà. Vor seiner Übersiedlung nach Bozen hatte er am Aufbau des KZs von Colfrito bei Perugia mitgewirkt, wo Slawen zu Tode geprügelt wurden. Im KZ in Blumau waren unter miserablen Bedingungen von Neujahr 1941 bis Ende 1943 abwechselnd zwischen 400 und 3.000 slawische und griechische Regime-Gegner und alliierte Kriegsgefangene aus England, aus den Commonwealth Ländern und aus Russland interniert.
Die Gefangenen wurden zu Zwangsarbeiten beim Fertigbau des Virgltunnels, Ausbau der Brennerstraße und im Völser Straßenbau eingesetzt. Ein früherer Bozner Rekrut der faschistischen Avantguardisten beendete in seinen Memoiren die von ihm beschriebenen Beobachtungen der zu Zwangsarbeiten eingesetzten und als „Parasiten“ und „Lausbefallene“ beschimpften Gefangenen mit der höchst sarkastischen Bemerkung: „Veramente una bella iniziativa“, „eine wahrhaft schöne Initiative“. Laut den Tagebuch-Aufzeichnungen eines aus Trient stammenden und beinahe ein Jahr lang in Blumau als einer der 66 als Scharfschützen in Blumau eingesetzten Italiener waren die in den ersten Jänner-Tagen im KZ eingesperrten, halbverhungerten kroatischen, bosnischen, serbischen und montenegrinischen Häftlinge nach mehreren Wochen zum Zugbahnhof von Blumau getrieben und in Güterzügen nach Deutschland verfrachtet worden.
Diese und andere Jahrzehnte lange vertuschten Ereignisse die sich im faschistischen KZ-Campo d’Isarco“ abspielten wurde vom Geschichtsforscher und Publizisten Günther Rauch verfasst und vom Südtiroler Heimatbund (SHB) in zwei Büchern veröffentlicht. Da die Bücher längst vergriffen sind, beschloss das Gedenkkomitee auf Vorschlag des Obmannes des SHB Roland Lang, den ersten Band des Buches neu aufzulegen.
Mit Besorgnis hat das Gedenkkomitee aus Mediennachrichten erfahren, dass die „Alpini-Sektion Bozen“, am 12. Juni 2028 am 100. Jahrestag der Einweihung des Siegesdenkmals in Bozen, zu einer großen „Adunata“ in der Südtiroler Landeshauptstadt aufrufen. Aus welcher faschistischen Geisteswelt die Alpini-Gründung in Bozen kam lässt sich aus der damaligen Rede des Erzfaschisten Manaresi erkennen, in der er „die Enthebung sämtlicher deutscher Lehrer und deutscher Geistlicher“ gefordert hatte. Weiter: Den „Kinder des Alto Adige muss eine italienische Seele eingeflößt werden“. Zu „diesem Zwecke muss man sie mit den italienischen Kindern vermischen“.
Das Gedenkkomitee appelliert daher an alle demokratisch gesinnten Landtagsabgeordneten und Gemeinderäte in Bozen diesen parafaschistischen Unsinn aufzuhalten. Die Alpini sollen für ihre Feiern einen anderen Tag und Ort wählen und nicht mit Steuergeldern der Südtiroler die Einweihung von faschistischen Schanddenkmälern feiern.
Für das Gedenkkomitee
Roland Lang
Aktuell sind 7 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen