Von: mk
Bozen – Der Südtiroler Landtag hat sich am Mittwoch mit dem Beschlussantrag Nr. 270/14 – Anreize für die Zusammenlegung von Klein- und Kleinstgemeinden (eingebracht vom Abg. Pöder am 18.12.2014) befasst: 1) Der Landtag spricht sich grundsätzlich für die Unterstützung der Zusammenlegung von Klein- und Kleinstgemeinden aus, sofern die Gemeinden die entsprechenden Schritte einleiten und die Bürger in Volksentscheiden zustimmen. 2) Die Landesregierung wird beauftragt, befristete steuerliche Entlastungen und höhere Zuweisungen aus dem Landeshaushalt als Anreize für Gemeinden, die Fusionen umsetzen zu prüfen und entsprechende Vorschläge zu unterbreiten bzw. Beschlüsse zu fassen.
“In Südtirol gibt es derzeit 116 Gemeinden, das bedeutet 116 Gemeinden, 116 Bürgermeister, 116 Gemeindeausschüsse und nicht zuletzt 116 Gemeinderäte und 116 Gemeindeverwaltungen”, bemerkte Andreas Pöder (BürgerUnion). “48 dieser Gemeinden haben weniger als 2.000 Einwohner, 17 Gemeinden haben weniger als 1.000 Einwohner und fünf kommen nicht einmal auf 500 Seelen. Der Einfluss der Gemeinden, die Effizienz der Gemeindeverwaltungen sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in den Gemeinden würden durch Fusionen steigen. Eine höhere, befristete Pro-Kopfzuweisung im Rahmen der Gemeindenfinanzierung sollte als möglicher Anreiz für die Gemeinden befristet für einige Jahre, z.B. fünf Jahre angeboten werden. Auch befristete Steuerentlastungen für die Bürger der fusionierten Gemeinden könnten ein denkbarer Anreiz sein. Durch die Zusammenschlüsse können mittelfristig beachtliche Steuergelder eingespart werden Die Gemeinden würden zudem an Einfluss gewinne. Der durchaus positive Dorfpatriotismus würde durch die Zusammenlegung nicht merklich beeinträchtigt, die neuen Gemeinden könnten ja beispielsweise Doppelnamen tragen.” Er würde die Bürgermeisterrente sogar an ein Entgegenkommen in dieser Frage koppeln, erklärte Pöder, denn eine Rente würde sich in Kleinstgemeinden kaum rechtfertigen.
Walter Blaas (F) zweifelte an der Überlastung der Bürgermeister, der ehemalige Brixner Bürgermeister sei nebenher WOBI-Präsident gewesen. Derzeit sehe man bei den Gemeinden keinen Bedarf für eine Zusammenlegung, daher sollte man wirklich finanzielle Anreize schaffen, die auch die Bürger überzeugen könnten.
Im Unterschied zum Trentino seien in Südtirol die meisten Fusionen schon unter dem Faschismus vorgenommen worden, bemerkte Hans Heiss (Grüne). Mehr Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden, die gemeinsame Führung von Diensten wären sinnvoll, gegen Zusammenschlüsse gebe es aber noch viel Widerstand. Daher sollte man bei den Bürgern das Interesse wecken und die Vorteile aufzeigen. Denn in Gemeinden, die früher zusammengezwungen wurden, spüre man die Differenzen noch heute. Der Anstoß müsse von unten kommen, und hier müsse es nicht unbedingt um Geldanreize gehen.
Sigmar Stocker (F) pflichtete Heiss bei. Andererseits gebe es viele kleine Gemeinden, die effizienter seien als die großen. Gries wäre heute als eigenständige Gemeinde besser dran. Zusammenschlüsse seien gut, wenn die Bürger sie wollten. Es sei nicht sinnvoll, faschistische Zwangsmaßnahmen fortzusetzen, fand Oswald Schiefer (SVP). Auch im Trentino würden die Zwangsfusionen nicht funktionieren. Besser sei der jetzt eingeschlagene Weg der Vereinbarungen und der Zusammenarbeit mit gemeinsamen Diensten.
Die Gemeinden seien der Ort, wo sich das Leben abspiele, meinte Sven Knoll (STF). Die heutige Größe der Gemeinden sei auch durch die knappen bebaubaren Flächen bedingt, aber auch in der Wirtschaft sehe man die Kleinbetriebe als Reichtum an. Die kleinste Gemeinde in der Europaregion sei Grameis mit 51 Einwohnern, und dort gebe es ein blühendes Vereinsleben. Wenn die Gemeinden fusionieren wollten, würden sie es tun, aber Druckmittel seien nicht sinnvoll.
Gemeinden seien die langlebigsten Gebietskörperschaften in der Geschichte, bemerkte LR Arnold Schuler, es seien über Jahrhunderte gewachsene Strukturen. In Kleingemeinden würden auch die Bürger Aufgaben zum Allgemeinwohl übernehmen, was in größeren Gemeinden nicht selbstverständlich sei. Unter dem Aspekt der Effizienz wären 3-4000 Einwohner die ideale Größe, so gesehen müsste man größere Gemeinden aufteilen. Es sei nicht fair, den Bürgermeistern von Kleingemeinden vorzuwerfen, sie hätten keinen Vollzeitjob, sie bekämen auch nur einen Bruchteil einer Abgeordnetenentschädigung. Den Anreiz zur Fusion, den Pöder fordere, gebe es bereits von der Region, zusätzliche Anreize vom Land wären eine Doppelgleisigkeit. Man sollte nicht nur die Kosten im Auge haben, es gehe vor allem um effiziente Dienste für die Bürger, und dafür seien Zusammenarbeiten sinnvoll.
Er höre von den Gemeinden immer nur Forderungen, etwa zur Rente, aber Vorschläge zur Einsparung habe man noch nicht vernommen, replizierte Andreas Pöder. Zuerst sollte man über Effizienz und Kosten reden, danach könne man auch über Renten reden. Er verstehe aber auch, dass es um die vielen Posten gehe. Der Antrag wurde mit zwei Ja, 19 Nein und zehn Enthaltungen abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 265/14: Ausgleich der Einkommensunterschiede in Südtirol zwischen den Lehrpersonen an gleichgestellten italienischen Privatschulen und jenen an gleichgestellten deutschen Privatschulen (eingebracht vom Abg. Urzì am 10.12.2014). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, entsprechende Ausgleichsverfahren einzuführen, damit die Gehälter der Lehrer an den gleichgestellten italienischen Privatschulen jenen der Lehrer an den gleichgestellten deutschen Privatschulen angeglichen werden.
“In Südtirol verdienen Lehrer an den italienischen gleichgestellten Privatschulen ein Grundgehalt von 1.240 Euro pro Monat, während ihre Kollegen an den deutschen gleichgestellten Privatschulen ca. 1.900 Euro beziehen, also gleich viel wie die Lehrer an den öffentlichen Schulen”, erklärte Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore). “Dies obgleich die Aufgaben, die Wochenstunden und die Voraussetzungen für die Berufsbefähigung für beide gleich sind. Die Einkommensunterschiede sind darauf zurückzuführen, dass die Lehrer an den gleichgestellten deutschen Privatschulen vom deutschen Schulamt einen Landeszuschlag erhalten, wie auch die Lehrer an den öffentlichen Schulen. Für die Lehrer an den gleichgestellten italienischen Privatschulen greifen hingegen die staatlichen Kollektivverträge ohne Landeszuschlag.”
Die Kriterien für die Landesbeiträge seien für beide Schulen gleich, erklärte LR Christian Tommasini. Das Land gebe Beiträge an die Schulen, diese würden entscheiden, welchen Arbeitsvertrag sie anwenden möchten. Alessandro Urzì bat um Vertagung.
Beschlussantrag Nr. 296/15: Beachtlicher Anstieg von Melanomen erfordert verstärkte Prävention (eingebracht vom Abg. Urzì am 21.1.2015). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, die Südtiroler Bevölkerung mit besonderem Augenmerk auf die Primär- und Sekundärprävention verstärkt für das Thema Melanomerkrankungen zu sensibilisieren und zu informieren und die Screeningprogramme für diese Form des Tumors insbesondere bei jüngeren Menschen (zwischen 20 und 30 Jahren), bei denen dies die häufigste Krebsform ist, zu intensivieren.
“Südtirol hält europaweit den nicht beneidenswerten Rekord der höchsten Melanominzidenz”, stellte Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore) fest. “Daher sollten die Screeningprogramme intensiviert werden, besonders in der Bevölkerung über 30 Jahre, aber auch in der Altersgruppe der 20- bis 30-Jährigen, in der das Melanom laut Antwort der Landesrätin Stocker die häufigste Tumorart ist. Zur Förderung der Prävention und der frühzeitigen Diagnose von Melanomen und Hautkrebs muss die Informations- und Sensibilisierungsarbeit in der gesamten Südtiroler Bevölkerung ausgebaut werden.”
LR Martha Stocker warnte vor einer Überlagerung von zu vielen Screeningprogrammen, das würde deren Akzeptanz nicht erhöhen. Es seien derzeit Studien im Gange, die Effizienz von Screenings bei Hauttumoren zu bewerten, diese Ergebnisse wolle man abwarten. Stocker plädierte aber für die Annahme des ersten Teils des Antrags.
Eine breite Informationskampagne sei nützlich, erklärte Alessandro Urzì, sie motiviere zum Screening. Er zog den zweiten Teil des Antrags zurück. Der so geänderte Antrag wurde einstimmig angenommen. Die Sitzung wird morgen wieder aufgenommen.