Von: luk
Bozen – Im Südtiroler Landtag wurde heute die Generaldebatte zum Landeshaushalt abgehalten. Die Stellungnahmen der Fraktionen zu den Änderungen am laufenden Haushalt:
Landesgesetzentwurf Nr. 14/19: Änderungen zum Haushaltsvoranschlag der Autonomen Provinz Bozen für die Finanzjahre 2019, 2020 und 2021 und andere Bestimmungen (vorgelegt von der Landesregierung).
Es sei eine erste Änderung zum diesjährigen Haushalt, und sie sei nötig, weil man vor den Wahlen einen rein technischen Haushalt mit nur den notwendigen Ausgaben verabschiedet hatte, erklärte die Landesregierung. Mit dieser Änderung könne man die zusätzlichen Mittel eintragen, die in der Zwischenzeit an Steuereinnahmen festgestellt wurden, etwa 137 Mio. Euro, und einige Verschiebungen zwischen Haushaltskapiteln vornehmen. Im Nachtragshaushalt würden dann die zusätzlichen Mittel eingetragen, etwa 300 Mio., vor allem für Investitionen. Die Landesregierung räumte ein, dass in dem Gesetz auch haushaltsfremde Artikel enthalten seien, dringende Bestimmungen nach einer achtmonatigen Zeit ohne Gesetzgebung.
Die Grünen haben zum Gesetzentwurf einen Minderheitenbericht vorgelegt.
Es sei ein Mehrjahreshaushalt, der somit auch mittelfristig Weichen stelle, bemerkten die Grünen in der Generaldebatte. Es habe eine Verringerung gegeben, da die Rückzahlungen des Staates nun ausblieben. Man habe es über die Jahre versäumt, das Kapitel zu den Kollektivverträgen genügend zu dotieren, dadurch sei ein Flaschenhals entstanden. Es brauche gut 150 Mio., um den 40.000 Mitarbeitern jene Erhöhung zu gewähren, die den Kaufkraftverlust von zehn Prozent ausgleiche. Im Privatsektor seien die Löhne im Vergleichszeitraum um zehn Prozent gestiegen, deshalb würden auch viele Beamte in die Privatwirtschaft abwandern. Zudem würden junge, hochqualifizierte Kräfte ins Ausland ziehen. Kurzfristig helfe nur eine Lohnerhöhung. Der öffentliche Arbeitgeber habe Vorbildcharakter, stattdessen vermittle er seinen Mitarbeitern das Gefühl der fehlenden Wertschätzung, im Alltag wie auch durch die fehlende Verhandlungsbereitschaft. Das Autonomiestatut verweise nicht von ungefähr auf die Bedeutung der Zuständigkeit fürs Personal: Es seien die öffentlichen Bediensteten, die tagtäglich die Autonomie umsetzten.
Die Süd-Tiroler Freiheit erinnerte an die gestrige Kundgebung der Landesbediensteten, die berechtigterweise und demokratisch ihren Unmut bekundet hätten. Es sei eine zentrale Frage, ob man mit seiner Arbeit ein Auskommen finden in diesem Land, es gehe aber auch um die Attraktivität des Arbeitsplatzes. Daher müsse man sich fragen, ob die Landesverwaltung für die Zukunft richtig aufgestellt sei. Arbeiten und Studieren im Ausland erweitere den Horizont, es sei aber problematisch, wenn diese Leute nicht zurückkämen, weil die Bedingungen nicht passten, oft auch wegen bürokratischer Auflagen, aber auch wegen der schwachen Anbindung der Peripherie. Die STF nutzte auch die Gelegenheit, um nach der Umsetzung von beschlossenen grenzüberschreitenden Mobilitätsprojekten zu fragen: Zugverbindung nach Wien, Euregio-Ticket.
Die SVP meldete sich mit unterschiedlichen Stimmen zu Wort. Sie wies auf den Finanzierungsbedarf der Gemeinden hin, das System sei zu überdenken, da Investitionsmittel oft für anderes verwendet würden. Wichtig sei die Unterstützung der Berglandwirtschaft, da sei mehr zu tun. Auch für den ländlichen Raum sei mehr zu tun, damit die Dörfer nicht entvölkert werden, auch durch den geförderten Wohnbau. Der Zivilschutz werde durch den Klimawandel immer mehr Mittel brauchen. Bei den Gehältern der Mitarbeiter des Landes gebe es Nachholbedarf, aber es gäbe viele andere, die Grund zum Unmut hätten, etwa die Rentner.
Die SVP kritisierte aber auch einen europaweiten Neoliberalismus zu Lasten der Schwächeren. Viele würden einen Kurswechsel verlangen, daher müsse man gute Rahmenbedingungen nicht nur für Unternehmen, sondern auch für die Arbeitnehmer zu schaffen. Nicht arbeitnehmerfreundlich sei es, dass der Freibetrag für den Irpef-Aufschlag im Haushalt nicht erhöht wurde. Im Gegenzug werde die reduzierte Irap beibehalten, während die Krise bereits vorbei sei. Die zwei Mio. im Haushalt für die Tarifverhandlungen seien nur ein Platzhalter, die Landesregierung habe eine Erhöhung für den Nachtragshaushalt zugesichert. Nun seien die Verhandlungen aufzunehmen, über Geld aber auch über andere Aspekte, wie etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Reform der Wohnbauförderung sei überfällig, die Mittel dazu seien aufzustocken. In der Sanität wäre eine genauere Kostenkontrolle nötig. Nachholbedarf gebe es auch bei Forschung und Innovation. Die SVP verwies auch auf die vielen positiven Maßnahmen in diesem Haushaltsgesetz: die Facharztausbildung, die Aufnahme von neuem Personal in der Europaabteilung, um die EU-Fonds besser nutzen zu können, oder die Bestimmung zur Stellenwahl der Lehrpersonen. Es sei Pflicht der Gewerkschaften, ihre Mitglieder zu vertreten und dafür auch auf die Straße zu gehen. Die Kommunikation zwischen Gewerkschaften und Landesregierung sei zu verbessern. Die anstehenden Verhandlungen würden den Bedarf aufzeigen. Wenn die Landesregierung nicht angemessen aufstocke, würden die SVP-Arbeitnehmer nicht für den Haushalt stimmen können.
Es sei aber nicht korrekt, dauernd über einen Betrag zu reden, der in diesem Haushaltsgesetz nicht zur Verfügung stehe, die 150 Mio. für die Tarifverhandlungen. Es gehe heute um 100 Mio., und das für alle Bereiche. Man werde die Verhandlungen aufnehmen, und dann werde es auch Lohnerhöhungen geben. Andererseits sei das Land auch verantwortlich für andere Bevölkerungsgruppen. In Südtirol sei sehr viel aufgebaut worden, auch durch die SVP, und es gehe dem Land im Vergleich sehr gut. Daher könne man nicht in die Kollektivvertragsverhandlungen eintreten mit der Aussage, in Südtirol sei in zehn Jahren nichts passiert. Die Personalkosten seien immer gestiegen, während man nun weniger Geld für wichtige Investitionen habe. Der SVP werde oft Lobbyarbeit vorgeworfen, aber in dieser Debatte würden viele ehemalige öffentlich Bedienstete Lobbyarbeit betreiben. Man werde in dieser Frage die Arbeitnehmer unterstützen, die sich jahrelang für die Sache eingesetzt hätten.
Die Freiheitlichen zeigten Verständnis für die haushaltsfremden Artikel nach der langen legislativen Pause. Tausende hätten gestern ihren Unmut zum Ausdruck gebracht, ein Beispiel dafür, dass Südtirol nicht mehr die Insel der Seligen sei. Für viele sei das Leben hier zu teuer. Das Wohnen müsse wieder leistbar werden. Es gebe viele Faktoren, um einen Arbeitsplatz attraktiv zu machen, etwa gute Verkehrsverbindungen. Das Land sollte auch mehr Respekt gegenüber den Verhandlungspartnern aufbringen.
Das Team Köllensperger wies darauf hin, dass der Haushalt 100 Mio. weniger aufweise als im Vorjahr. Die Zeit des stetigen Anstiegs sei vorbei, jetzt müsse man die Kosten durchforsten, sonst werde eine sinnvolle Haushaltspolitik immer schwieriger. Die gestrige Kundgebung der Bediensteten sei nicht als Angriff zu werten, sondern als Zeichen, dass sie mehr Wertschätzung wollten. Die privaten Arbeitgeber seien sich dagegen sehr bewusst, wie wichtig eine Wertschätzung ihrer Mitarbeiter für ihren Betrieb sei.
Die Debatte wird morgen fortgesetzt.