Kritik vom Heimatpflegeverband

Geplantes Stadelgesetz: “Ein neuer Höhepunkt des Ausverkaufs der Heimat”

Donnerstag, 24. April 2025 | 15:31 Uhr

Von: luk

Bozen – Der Heimatpflegeverband Südtirol schlägt Alarm: Mit dem Wiedereinführen des sogenannten „Stadel-Artikels“ in das Wohnbaureformgesetz drohe ein folgenschwerer Rückschritt für den Schutz der Südtiroler Kulturlandschaft.

„Jede und jeder von uns kennt es: einen alten Stadel, eine ungenutzte Säge, eine verfallene Scheune oder einen Stall irgendwo auf der grünen Wiese. Und nun stelle man sich vor, dass all diese Gebäude künftig zu Wohnbauten mit bis zu 2.000 Kubikmetern umgebaut werden dürfen“, erklärt Claudia Plaikner, Obfrau des Heimatpflegeverbandes. „Was das sogenannte Stadelgesetz hier möglich machen will, bedeutet nichts anderes als eine neue Dimension der Zersiedelung und Bodenversiegelung – auf Kosten unserer gewachsenen Kulturlandschaft. Jeder Stadel werde zum potenziellen Spekulationsobjekt“

Zersiedelung unter dem Deckmantel der Wohnungsnot

“Was 2018 mit dem Gesetz für Raum und Landschaft bewusst abgeschafft wurde, feiert nun unter dem Deckmantel der Wohnungsnot ein gefährliches Comeback – und zwar in verschärfter Form. Der neue Artikel wurde nicht durch die Landesregierung selbst eingebracht, sondern über einen Änderungsantrag einzelner SVP-Abgeordneter eingeschleust. Widerstand aus der Landesregierung blieb aus”, so Plaikner.

Und weiter: “Bereits der frühere Stadel-Artikel (2018 abgeschafft) ermöglichte Wohnbauten im landwirtschaftlichen Grün. Doch der neue Vorschlag geht deutlich weiter: Er erweitert die Berechtigung auf Gebäude, die bis 1997 errichtet wurden, vergrößert den Maximalabstand zu bewohnten Gebieten und öffnet damit der Immobilienspekulation Tür und Tor. Durch die dafür nötigen Infrastrukturen wie Zufahrtsstraßen, Parkplätzen und Versorgungsleitungen würde die Allgemeinheit zusätzlich belastet.”

Immobilienspekulation statt bezahlbarem Wohnraum

Der geplante Artikel sei ein Affront gegen alle bisherigen Bemühungen, den Flächenverbrauch zu begrenzen – nicht zuletzt im Hinblick auf das Klimaziel einer Nettoneuversiegelung von null bis 2040.

Auch das oft strapazierte Argument der Wohnungsnot müsse hier kritisch hinterfragt werden: “Zwar sieht Artikel 23 der Wohnbaureform eine Konventionierungspflicht für neue Wohnungen vor – diese hat jedoch viele Schlupflöcher. Zahlreiche Ausnahmen schwächen die soziale Zielsetzung massiv: So dürfen künftig auch Personen konventionierte Wohnungen beziehen, die bereits über andere, gut erreichbare Wohnungen verfügen. Darüber hinaus kann ein Teil der Wohnungen frei verkauft werden, was faktisch die Spekulation mit zweckgebundenem Wohnraum ermöglicht.”

Der Stadel-Artikel muss gestrichen werden

„Das Narrativ, diese Gebäude würden ausschließlich einheimischen Familien zugutekommen, hält der Realität nicht stand“, kritisiert Claudia Plaikner. „Statt gezielt leistbaren Wohnraum zu schaffen, wird mit dem Stadelgesetz ein neuer Immobilienmarkt im freien Grün eröffnet – mit massiven Auswirkungen auf Natur, Landschaft und soziale Gerechtigkeit.“

Viel sinnvoller sei es, sich auf den reichlich vorhandenen Leerstand in den bewohnten Gebieten zu konzentrieren und dort leistbaren Wohnraum mit hoher Lebensqualität für die Südtiroler Bevölkerung zu schaffen.

Landesrätin Ulli Mair bezeichnet den Stadel-Artikel in einem Interview als „interne SVP-Geschichte“ und Landesrat Peter Brunner betont, dass der „Stadel-Paragraph nicht abgesprochen“ sei. Das zeige deutlich, dass es sich hier um ein reines Lobby-Geschenk auf Kosten der Allgemeinheit handelt, so Plaikner.

Der Heimatpflegeverband fordert die Landesregierung auf, Verantwortung zu übernehmen, den umstrittenen Artikel ersatzlos zu streichen und stattdessen auf eine transparente, gesamthaft geplante Wohnbau- und Raumordnungspolitik zu setzen – “im Interesse aller Südtirolerinnen und Südtiroler und im Sinne eines echten Schutzes unserer Heimat.”

HPV/Armin Huber

Bezirk: Bozen

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