Von: APA/dpa//Reuters
Das Oberste Gericht in Israel hat die von der Regierung beschlossene Entlassung des Chefs des Inlandsgeheimdienstes vorerst ausgesetzt. Eine Richterin erließ am Freitag eine einstweilige Verfügung, die laut dem Gericht so lange gilt, bis eine Anhörung in der Angelegenheit stattgefunden hat. Dies solle bis spätestens 8. April passieren. Mehrere Gruppen, darunter Politiker der Opposition, hatten bei Gericht Petitionen gegen die Entscheidung eingereicht, Ronen Bar zu entlassen.
Die israelische Regierung hatte die höchst umstrittene Entlassung des Inlandsgeheimdienstchefs in der Nacht trotz Massenprotesten gebilligt. Bar werde sein Mandat am 10. April beenden, es sei denn, es werde bereits zuvor ein Nachfolger ernannt, teilte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu mit.
Israelische Unternehmen solidarisch mit Geheimdienstchef
Nachdem das Oberste Gericht die Entlassung aussetzte, sprachen Firmen im Land eine deutliche Warnung an die israelische Führung aus. Ein wichtiges Wirtschaftsforum drohte Medienberichten zufolge damit, die Wirtschaft des Landes lahmzulegen, sollte die Regierung dem Gerichtsbeschluss nicht Folge leisten. Das Forum vertritt Führungskräfte der 200 größten Unternehmen im Land. “Wenn die Regierung die Anordnung nicht befolgt und Israel in eine Verfassungskrise stürzt, rufen wir die gesamte israelische Öffentlichkeit dazu auf, die Entscheidungen der Regierung nicht mehr zu respektieren”, erklärte das Forum laut Berichten.
Auch Dutzende der größten Unternehmen der Hightech-Branche, die in Israel als treibender Motor der Wirtschaft gilt, schlossen sich laut Nachrichtenseite “ynet” an. Sie drohten mit einer Schließung ihrer Unternehmen und einer öffentlichen Auseinandersetzung. Eine Missachtung einer gerichtlichen Anordnung stelle eine “rote Linie” dar, hieß es dem Bericht zufolge in einer Erklärung.
Auch der Gewerkschafts-Dachverband Histadrut, der rund 800 000 Mitglieder vertritt, sprach “ynet” zufolge eine Warnung aus. Die Regierung stehe nicht über dem Gesetz. Er werde nicht bei der Zerstörung der israelischen Gesellschaft mithelfen, sagte der Vorsitzende Arnon Bar David demnach.
Mehrere Oppositionsparteien gegen Entlassung
In einer Untersuchung des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet über Fehler, die das Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober 2023 ermöglicht hatten, war Netanyahu nicht gut weggekommen. Zudem ermittelt Shin Bet zu mutmaßlich illegalen Beziehungen von Vertrauten Netanyahus zu Katar. Das Land gehört zu den Unterhändlern bei indirekten Gesprächen mit der Hamas, gilt aber auch als Unterstützer der Terrororganisation.
Die Mitte-Rechts-Partei Yesh Atid des Oppositionspolitikers Yair Lapid erklärte am Freitag, sie habe beim Obersten Gerichtshof Berufung gegen das Vorgehen der Regierung eingelegt. Sie verurteilte die Entlassung von Bar und gab an, die Entscheidung beruhe “auf einem eklatanten Interessenskonflikt” von Premier Netanyahu. Die Berufung wurde im Namen von insgesamt vier Oppositionsparteien eingereicht: Neben Yesh Atid schlossen sich die zentristische Nationale Union des ehemaligen Verteidigungsministers Benny Gantz, die Demokratische Partei von Yair Golan und die nationalistische Partei Yisrael Beiteinu von Avigdor Lieberman an. Die israelische “Bewegung für eine Qualitätsregierung” prangerte ihrerseits am Freitag in einer Erklärung “eine rechtswidrige Entscheidung an, die ein echtes Risiko für die nationale Sicherheit des Staates Israel darstellt”.
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