Von: luk
Bozen – Mit 27 Ja und zwei Enthaltungen wurde heute im Südtiroler Landtag das Gesetz zur Gewalt an Frauen und Kindern verabschiedet. Diskussionen wurde heute zur Einlassung des Landes als Zivilpartei und zu den Geschlechterrollen geführt.
Art. 13 betrifft die Einlassung des Landes als Zivilpartei.
Sven Knoll beantragte die getrennte Abstimmung über den Passus “gegen Frauen”, denn das Land sollte neutral bleiben. Es sollte sich auch einlassen können bei Gewalt gegen Männer, denn Gewalt sei immer abzulehnen, auch jene von Frauen gegen Kinder. Brigitte Foppa ärgerte sich über diese Position gegen frauenspezifische Maßnahmen. Jede Form von Gewalt sei abzulehnen, aber dieses Gesetz sei gegen Gewalt an Frauen und ihren Kindern gerichtet. Auch der Missbrauch an Kindern sei nicht Gegenstand dieses Gesetzes, Kinder seien in diesem Gesetz als Mitbetroffene von Gewalt gegen Frauen gemeint. Man sollte die Kinder nicht nur mitmeinen, erklärte Ulli Mair und schlug vor, den Satz zu erweitern: “gegen Frauen und ihre Kinder”. Allgemein könne sie Knolls Position verstehen, aber dieses Gesetz sei für die Frauen. Dem stimmte Sven Knoll auch zu, doch bei der Einlassung in Gerichtsverfahren sollte man alle Gewaltopfer berücksichtigen. Gert Lanz fragte, ob der Artikel zur Einlassung der Sichtbarkeit diene oder einen anderen Grund habe. LR Deeg bestätigte dies.
Der Artikel wurde unverändert mit 25 Ja und zwei Enthaltungen genehmigt.
Die Artikel 14 zur miterlebten Gewalt und 15 zu Maßnahmen, die an Täter gerichtet sind, wurden ohne Debatte genehmigt.
Art. 16 betrifft die Sensibilisierungs- und Präventionstätigkeit.
Brigitte Foppa fragte, ob die Finanzierung laufender Projekte in Gefahr sei; es gebe solche Stimmen. Sven Knoll beantragte eine getrennte Abstimmung zur “Aufhebung von Rollenzuweisungen”. In schwedischen Schulen dürfe man z.B. nicht mehr das Geschlecht der Kinder ansprechen, das gehe zu weit. Einerseits solle die Einlassung in Gerichtsverfahren nur zugunsten von Frauen erfolgen, andererseits wolle man die Geschlechterrollen abschaffen. LH Arno Kompatscher bestätigte, dass die Finanzierung der Tätigkeiten des Beirats für Chancengleichheit in einigen Teilen gekürzt werde, aber nur bei Tätigkeiten, die sich zeitlich nicht mehr ausgingen; insgesamt werde es ein Plus geben. LR Waltraud Deeg betonte, dass es nur um den Abbau von Stereotypen gehe, so sollten Kinder z.B. ohne geschlechtsspezifische Zuweisung selbst entscheiden, womit sie spielen wollten.
Der Artikel wurde mit 27 Ja und zwei Enthaltungen genehmigt, auch die “Aufhebung von Rollenzuweisungen” wurde bestätigt (23 Ja, 4 Nein).
Art. 17 zum Datenschutz wurde ohne Debatte genehmigt, ebenso Art. 18 zu den Sanktionen, Art. 19 mit den Finanzbestimmungen, Art. 20 mit der Aufhebung von Bestimmungen und Art. 21 zum Inkrafttreten.
Erklärungen zur Stimmabgabe
Ihre Fraktion trage dieses Gesetz gerne mit, es sei sehr wichtig, erklärte Brigitte Foppa (Grüne). Auch die Debatte in diesen Tagen sei wichtig gewesen, hier würden Positionen geklärt und geschärft, und es sei auch diskutiert worden, was Gewalt an Frauen bedeutet. Es sei ein guter Text geworden, wenn er auch verbesserbar sei. Man habe ein wichtiges Signal nach außen gesendet.
Maria Elisabeth Rieder (Team K) kritisierte, dass gestern zwei Abgeordnete ihre Stimme nachträglich abändern durften. Das Gesetz, das nun verabschiedet werde, sei wichtig, es sei aber auch ein hartes Stück Arbeit gewesen; dafür danke sie allen. Dieses Gesetz sei eine Grundlage. Man habe auch das Feingefühl der Abgeordneten im Hause geschärft. Einige Bestimmungen im Gesetz seien noch genauer zu regeln, etwa jene zur Grünen Nummer. Sie forderte die Landesregierung auf, die Durchführungsverordnung zum Solidaritätsfonds bald zu erlassen. Bereits bestehende Förderungen seien auf den neuesten Stand zu bringen. Man werde die Umsetzung des Gesetzes genau beobachten.
Bezüglich der gestrigen Abstimmung bestätigte Präsidentin Rita Mattei den Vorgang. Dies sei aber öfters geschehen, wenn das technische System bei einzelnen Abgeordneten nicht funktioniert habe. Die Richtigstellung müsse aber unmittelbar nach der Abstimmung erfolgen. Die gestrige Korrektur habe jedenfalls das Abstimmungsergebnis nicht geändert. Mattei kündigte an, solche Korrekturen nicht mehr zuzulassen. Man sollte aber bedenken, was das bedeute.
Seine Fraktion verurteile jede Gewalt, auch geschlechtsspezifische, erklärte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Es sei wichtig, dagegen Maßnahmen zu ergreifen, die Opfer zu unterstützen und Sensibilisierungsmaßnahmen einzuleiten. Die Ideologie sollte dabei aber vermieden werden, daher werde seine Fraktion sich der Stimme enthalten. Kritisch sah Knoll auch die Bestimmungen zu den Daten, die in einem kleinen Land leicht identifizierbar würden. Insgesamt gefalle ihm die Ausrichtung nicht, dass der Landtag Gewalt an Frauen schlimmer findet als jene an Männern, jene an Mädchen schlimmer als jene an Buben. Bei der Einlassung in Gerichtsverfahren hätte man hier Gleichbehandlung gewährleisten müssen. Knoll kritisierte die Bestimmung zur Aufhebung der Rollenbilder, das sei reine Ideologie. Deswegen, und nur deswegen, werde man sich der Stimme enthalten.
Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) sprach von einem guten, lange erwarteten und sehr weiblichen Gesetz, und auch das sei positiv. Leider seien die aktuellen Zahlen zum Thema kein Anlass zur Freude. Die Fälle hätten zugenommen. Manchmal sei auch der Täter zum Teil Opfer, und das Gesetz gehe auch darauf ein. Diesem Gesetz fehle aber eine ausreichende finanzielle Ausstattung. Eine bessere Abstimmung zwischen staatlicher und Landesebene wäre wünschenswert. Das Gesetz gehe nur zaghaft auf den Bildungsaspekt ein, aber die Bildung sei der einzige Weg, damit die nächste Generation besser werde als die heutige.
LR Waltraud Deeg dankte allen, die an der Erstellung des Gesetzentwurfs beteiligt waren. Beim Abbau der Stereotypen werde vielleicht manchmal etwas überzogen, das sei aber kein Grund, dieses wichtige Ziel fallenzulassen.
Der Gesetzentwurf wurde mit 27 Ja und zwei Enthaltungen genehmigt.