Von: luk
Bozen – Im Landtag wurde heute das Gesetz zur sozialen Landwirtschaft verabschiedet. Die Artikeldebatte zum Landesgesetzentwurf Nr. 155/18 – „Soziale Landwirtschaft“ (vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag von LR Schuler) – wurde bei Art. 10 wieder aufgenommen.
Art. 10 betrifft Überwachung und Strafen.
Brigitte Foppa bezeichnete die Strafen für die unerlaubte Ausübung der Tätigkeit als Lappalie und forderte eine Erhöhung auf 2-6.000 Euro. Außerdem sollten regelmäßige Lokalaugenscheine durchgeführt werden. LR Schuler verteidigte die Höhe der Strafen (300-1.800 Euro). Manchmal müsse man sehr geringfügige Übertretungen ahnden. Die Kontrollen seien bereits über die Akkreditierung vorgesehen. Die Fortführung der Tätigkeit nach Übertretung werde bereits untersagt. Die Änderungsanträge wurden abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 16 Ja, zwei Nein und zehn Enthaltungen genehmigt.
Art. 11 enthält Übergangsbestimmungen und wurde ohne Debatte genehmigt.
Art. 12 enthält Änderungen am Gesetz zu den Sozialdiensten.
Brigitte Foppa forderte die Streichung des Artikels. Die Gleichstellung der sozialen Landwirtschaft mit den anderen Trägern der Sozialdienste sei verfrüht und gewagt. LR Schuler verteidigte die Bestimmung, die den Zugang zur Förderung ermögliche. Ohne diesen würde das System nicht funktionieren. Der Streichungsantrag wurde abgelehnt.
Auf Nachfrage von Myriam Atz Tammerle erklärte Maria Hochgruber Kuenzer, dass bei Sozialdiensten die Zweisprachigkeit gewährleistet sein müsse.
Der Artikel wurde mit 14 Ja, vier Nein und elf Enthaltungen genehmigt.
Art. 13 zum Inkrafttreten wurde ohne Debatte genehmigt.
Erklärungen zur Stimmabgabe
Dieses Gesetz sei nicht auf die Nutzer ausgelegt, sondern auf die Anbieter, kritisierte Brigitte Foppa (Grüne), die es auch bedauerte, dass die Mehrheit keine Änderungsvorschläge angenommen habe. Der Ansatz, eine Genesungsmöglichkeit in der Natur, sei gut, aber hauptsächlich konzentriere man sich darauf, der Landwirtschaft eine weitere Einkunftsmöglichkeit zu verschaffen. Die bisherigen Träger der Sozialdienste und der Sozialberufe würden nicht eingebunden, die Vertretung der Bäuerinnen werde nicht garantiert, ebenso wenig gleichwertige Ausbildungswege.
Sigmar Stocker (Freiheitliche) kündigte Enthaltung an. Besonders kritisierte er die Ausbildung an den Haushaltsschulen. Man habe es versäumt, die Sozialverbände einzubinden. Alle drei Verbände würden den Entwurf kritisieren. Es tue der Landwirtschaft auch nicht gut, wenn das Gesetz als Einkommensmöglichkeit für sie gesehen werde.
Andreas Pöder (BürgerUnion) äußerte die Hoffnung, dass das Gesetz funktioniere und dass es nicht zu einem Wettlauf um die Sozialbetreuung kommen werde. Besonders der Ausbildungsaspekt sei kritisch. Das Gesetz sehe nach einer Hilfe für die Landwirtschaft aus. Der Ansatz sei grundsätzlich aber gut, daher werde er sich enthalten.
Auch Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) kündigte Enthaltung an. Der Kerngedanke sei gut, der Zweifel bestehe bei der Ausbildung. Andere im Sozialbereich Tätige müssten eine weit höhere Ausbildung absolvieren. Vorsicht geboten sei bei der Zweisprachigkeitspflicht, warnte Atz Tammerle und verwies auf die Erfahrungen im Behindertentransport. Man hoffe, dass dennoch alles gut gehe – dann sei es eine wirkliche Bereicherung.
Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) bedauerte, dass das Gesetz von manchen so ausgelegt werde. Man habe zwei Jahre daran gearbeitet, immer mit den Bedürfnissen der Menschen im Fokus, wobei auch auf die Belastung der Betreuenden geachtet wurde. Für die Betreuung von Menschen mit Beeinträchtigung brauche es keine Ausbildung, dennoch habe man sich für eine solche entschieden. Die Sozialunternehmen seien von der Landesregierung in das Gesetz eingefügt worden, das komme nicht aus der Arbeitsgruppe. Damit werde aber auch niemand mehr ausgegrenzt. Auch sie hoffe, dass alles gut gehe. Es sei erst der Grundstein gelegt worden, in zehn Jahren werde man mehr sehen.
LR Arnold Schuler wehrte sich gegen die Kritik an der unterlassenen Frauenquote; dies sei bereits durch das Gleichstellungsgesetz geregelt. Für die verschiedenen Arten der Tätigkeit sei bereits von anderen Bestimmungen die entsprechende Ausbildung vorgesehen. Von jeder Bäuerin den Zweisprachigkeitsnachweis zu verlangen, sei sicher nicht notwendig. Zur Einbindung der Verbände betonte Schuler, dass es hier nicht um ein grundlegendes Gesetz zu den Sozialdiensten gehe. Der soziale Bereich sei angesichts der demografischen Entwicklung eine große Herausforderung. Die soziale Landwirtschaft sei in diesem Sinne eine Bereicherung und nicht eine Konkurrenz. Schuler bedankte sich schließlich bei allen, die am Gesetz mitgearbeitet haben.
Andreas Pöder äußerte Bedenken zur Finanzierung. Die entsprechende Bestimmung sei nicht ausreichend, das Gesetz dürfte daher gar nicht verabschiedet werden. LH Arno Kompatscher erklärte, dass die Finanzierung durch die Verringerung anderer Haushaltskapitel gedeckt sei.
Der Gesetzentwurf wurde mit 17 Ja und 16 Enthaltungen genehmigt.
Chance „Soziale Landwirtschaft“
Heute wurde das Landesgesetz zur Sozialen Landwirtschaft vom Landtag genehmigt. “Soziale Dienstleistungen am Bauernhof bieten viele Chancen – für die Gesellschaft, den Betrieb und den ländlichen Raum”, so die SBO.
Bereits seit über zehn Jahren beschäftigt sich die Südtiroler Bäuerinnenorganisation (SBO) mit dem Thema der Sozialen Landwirtschaft. 2006 wurde die Sozialgenossenschaft Mit Bäuerinnen lernen-leben-wachsen gegründet, um die Kinderbetreuung am Bauernhof anzubieten. Mittlerweile sei die Soziale Landwirtschaft für die SBO zu einem zentralen Auftrag geworden. Schule am Bauernhof, Kinder- und Seniorenbetreuung oder die Wissensvermittlung von bäuerlichem Wissen könnten bereits auf eine erfolgreiche Geschichte blicken. Nun beginne ein neues Kapitel, ist Landesbäuerin Erschbamer überzeugt: „Soziale Dienstleistungen auf dem Bauernhof schaffen einen Mehrwert: ein mehr an Wohlbefinden, ein mehr an Unterstützung. Sie fügen sich ein in ein Netz, in dem es schon vieles gibt. Und wo noch viel mehr gebraucht wird.“
Der Bauernhof mit seinen Menschen, seinen Tieren und Pflanzen könne Bildungs-, Gesundheits-, Arbeits- oder Erholungsort für Menschen in besonderen Situationen sein. „Wir Bäuerinnen“, so Erschbamer, „spielen dabei eine zentrale Rolle. Vor allem für Frauen, die bereits aus sozialen Berufen kommen, können sich hier neue Möglichkeiten auftun. Es ist Aufgabe unserer Organisation, Bäuerinnen in ihrer Vielfältigkeit zu stärken. Und soziale Dienstleistungen sind ein Baustein davon.“
Soziale Landwirtschaft sei ein Gewinn für alle: “Für die betroffenen Personen, die aus einem zusätzlichen Angebot auswählen können, für den bäuerlichen Betrieb, für den sich neue Möglichkeiten eröffnen und für den ländlichen Raum, der dadurch erhalten und lebendig bleibt. Soziale Landwirtschaft ist zudem eine zusätzliche Brücke zwischen der Landwirtschaft und der Gesellschaft“, so die Landesbäuerin.
Ein funktionierendes Netzwerk von Partnern aus Sozial-, Bildungs- und Landwirtschaftspolitik sei dabei unerlässlich. „Allen, die sich für diesen Weg stark gemacht haben, vor allem unserer Landtagsabgeordneten Maria Hochgruber Kuenzer und unserem Landesrat Arnold Schuler, sei mein Dank gesagt. Ein Vergelt´s Gott geht auch an all jene, die bereits seit vielen Jahren erfolgreich mit uns zusammenarbeiten. Ich unterstreiche, dass dieses neue Angebot nur durch ein Miteinander auf Augenhöhe gelingen kann. Ich wünsche uns eine Vision, ein Ziel, den Mut und die Ausdauer, um aus der Sozialen Landwirtschaft eine Chance für viele Menschen zu machen“, so die Landesbäuerin.