Von: mk
Bozen – Die Debatte zu den beiden Gesetzentwürfen im Gesundheitsbereich über: Landesgesetzentwurf Nr. 119/17: „Organisationsstruktur des Landesgesundheitsdienstes“ und Landesgesetzentwurf Nr. 118/17: „Änderung von Landesgesetzen im Gesundheitsbereich“ wurde heute mit der Replik der Landesregierung im Landtag wieder aufgenommen.
LR Martha Stocker betonte, dass die Dienste, die im Laufe der Debatte angesprochen wurden, bereits im Landesgesundheitsplan geregelt seien. Auch Sektorenpläne gebe es bereits, etwa zur Prävention. Ebenso sei ein detailliertes Projekt zur Geburtshilfe in Ausarbeitung. Die vorliegende Reform sei mit allen Beteiligten diskutiert worden, Patientenvertretungen, Gewerkschaften und anderen. Es sei ein sehr umfangreicher Prozess gewesen, der auch hätte anders ablaufen können. Für die Notaufnahme seien eine Reihe von Verbesserungen geplant, unter anderem die Verlagerung des Nachtdienstes ins Krankenhaus. Die Wartezeiten seien stark von der europäischen Regelung zu den Arbeitszeiten abhängig. Es seien in der Zwischenzeit 81 Ärzte aufgenommen und 120 Stellen für Pfleger ausgeschrieben worden. Die ambulatorischen Leistungen, 8 Millionen im Jahr, hätten zugenommen, das liege an der Veränderung der Gesellschaft, die durchschnittlich älter geworden sei. In Südtirol würden im Vergleich weniger Medikamente verbraucht, aber der Kostenzuwachs hier betrage immerhin 30 Mio. Euro. Ein verbesserter IT-Dienst, den sie bald vorstellen werde, werde auch bessere Dienste ermöglichen. Stocker ging auch auf das Drei-Säulen-Modell von Dello Sbarba ein: Dieses habe man anfangs selbst angedacht, aber es habe sich die Frage gestellt, wer die Koordinierung leiste. Dazu brauche es den Bezirksdirektor, wobei die fachliche Zuständigkeit bei den Fachdirektoren liege. Der Generaldirektor habe laut Gesetz die Verantwortung und vertrete den Betrieb nach außen. Jedenfalls entspreche nicht alles im Gesetzentwurf so ganz ihren Wünschen. Man mache nun aus vier Betrieben einen, vor allem wolle man die Abläufe beschleunigen. Eine Hauptaufgabe bestehe darin, auf die chronischen Erkrankungen besser einzugehen, dafür möchte man die Basisärzte mit im Boot haben, die auch in den Sprengeln tätig sein sollten. Das werde man über die Kollektivverhandlungen ansprechen. Mit dem Modell “ein Krankenhaus, zwei Standorte” könne man die Versorgung langfristig sichern, ebenso den Erhalt der kleinen Krankenhäuser. Neue Hausärzte könne man nicht von einem Tag auf den anderen finden, aber einigermaßen habe man das Problem nun im Griff. Es seien 19 neue Hausärzte beauftragt worden, als Übergangslösung habe man bei Pensionierungen auch die Patientenzahl erhöht. Zu den Sorgen vor einer Zentralisierung erklärte Stocker, man strebe eine Vereinheitlichung der Leistungen im ganzen Land an, keine Zentralisierung. Die Sprache sei im Gesundheitswesen ein zentrales Anliegen, auch für befristete Aufträge würden nun Sprachkurse Pflicht. Bozen sei “Landeskrankenhaus”, weil es auch einen landesweiten Auftrag habe.
Die Sitzung wurde anschließend für eine Beratung innerhalb der SVP-Fraktion zu den vorgelegten Tagesordnungen unterbrochen.
Anträge von Fünf Sterne Bewegung und Grünen
Zum Landesgesetzentwurf zur Organisationsstruktur des Landesgesundheitsdienstes wurden sieben Tagesordnungen vorgelegt.
Für die neue Struktur des Gesundheitsdienstes forderte Paul Köllensperger ein Organigramm, das auch die hierarchischen Beziehungen zwischen Führungskräften, Bezirken und Gremien darlegt. Die Tagesordnung wurde von der Landesregierung angenommen.
Zur Rückkehr von Medizinstudierenden aus dem Ausland forderte Paul Köllensperger die Einführung des Berufsbildes eines Ausbildungsarztes als Pilotprojekt. Die Landesregierung solle sich in Rom dafür einsetzen.
Andreas Pöder erinnerte an die verschiedenen Bemühungen um Ärztenachwuchs, jene mit dem Stipendium, das an eine anschließende Arbeit in Südtirol gebunden wurde, sei vom EuGH abgelehnt worden. Sven Knoll sah den Hemmschuh ebenfalls in den rechtlichen Rahmenbedingungen. Der Antrag löse den Kern des Problems nicht. LR Martha Stocker gab Knoll recht, das Problem sei die Anerkennung der österreichischen Facharztausbildung. Man könne die Tagesordnung nicht annehmen, da man das Problem Schritt für Schritt anzugehen. Derzeit bemühe man sich um die Anerkennung der österreichischen Ausbildung, danach werde man auf diesen Gedanken wieder zurückkommen. Der Antrag wurde mit vier Ja, 16 Nein und neun Enthaltungen abgelehnt.
Hans Heiss forderte eine Überprüfung der Einkommensschwellen für die Ticketbefreiung für Personen über 65. Es gehe um eine Bevölkerungsgruppe, die öfter Sanitätsleistungen in Anspruch nehmen müsse und die auch ein geringeres Einkommen aufweise. Die Schwelle von 70 Mio. Lire, die 1993 eingeführt wurde, betreffe heute nur mehr sehr bedürftige Personen. Auch Walter Blaas bezeichnete eine Anpassung als notwendig und appellierte an das Gewissen der Landesrätin. Andreas Pöder bezeichnete das System als falsch, wenn man für Dienste bezahlen müsse, für die man bereits Steuern entrichtet habe. LR Martha Stocker wies auf die Steuererleichterungen durch diese Landesregierung hin. Außerdem sei bereits die Hälfte der Bevölkerung vom Ticket befreit. Sie zeigte sich aber bereit, die Möglichkeit für eine Anpassung der Einkommensschwelle zu überprüfen. Der Antrag wurde in diesem Sinne angenommen.
Brigitte Foppa forderte auch ein Pilotprojekt zur Einführung eines von Hebammen geleiteten Geburtshauses. Dieses könnte auch an ein Krankenhaus angebunden werden. Es gebe in Südtirol Hebammen, die Interesse daran hätten, aber es fehlten die rechtlichen Voraussetzungen dafür. Mit dieser zusätzlichen Möglichkeit, könnte man die freie Wahl der Frauen unterstützen. Andreas Pöder fand den Vorschlag interessant. Wenn andere Regionen bereits Geburtshäuser hätten, dann seien sie rechtlich auch möglich. Pöder kritisierte, dass sich die Landesregierung sklavisch an die römischen Vorgaben zu den Geburtenzahlen gehalten habe – Sizilien habe sich nicht daran gehalten. Das Risiko einer Geburt im Auto sei höher als die Geburt in einer kleinen Geburtenstation, meinte Sven Knoll. Geburtenhäuser seien ein erfolgreiches Modell in anderen europäischen Regionen. Skeptisch zeigte er sich gegenüber Ambulatoriumsgeburten, denn die seien eingeleitet. Dies verneinte Tamara Oberhofer, die Frauen würden dort von Hebammen versorgt, die sie bereits im Vorfeld begleitet hätten. LR Martha Stocker verteidigte die Bestimmung zur Geburtenmindestzahl auch mit strafrechtlichen Aspekten – in Sizilien seien übrigens italienweit die meisten Geburtenabteilungen geschlossen worden. In Deutschland sei die Zahl der Geburtenhäuser zurückgegangen, auch wegen Versicherungsfragen. In den Krankenhäusern seien von Hebammen geführte Kreisssäle vorgesehen, daher sei der Antrag überholt. Die Tagesordnung wurde abgelehnt.
Anträge von BürgerUnion, Alto Adige nel cuore, Freiheitliche und Fünf Sterne Bewegung
Andreas Pöder forderte mit einer Tagesordnung zum Landesgesetzentwurf Nr. 119/17: „Organisationsstruktur des Landesgesundheitsdienstes“ die Abschaffung des Tickets für Ansässige. Der Antrag wurde mit sechs Ja, 18 Nein und drei Enthaltungen abgelehnt.
Andreas Pöder forderte auch eine Geburtenabteilung an allen sieben Krankenhäusern. Der Antrag wurde mit acht Ja, 18 Nein und drei Enthaltungen abgelehnt.
Andreas Pöder forderte schließlich die Beibehaltung aller sieben Krankenhäuser als eigenständige Strukturen im Sanitätsbetrieb.
Die Tagesordnung wurde mit sieben Ja, 17 Nein und drei Enthaltungen abgelehnt.
Zum Landesgesetzentwurf Nr. 118/17: „Änderung von Landesgesetzen im Gesundheitsbereich“ wurden sechs Tagesordnungen vorgelegt.
Die Rückvergütung der Kosten für diagnostische Dienstleistungen in der Pädiatrie sollten nicht zur jährlichen Vergütung zählen, forderte Alessandro Urzì. Die Tagesordnung wurde mit sechs Ja, 18 Nein und fünf Enthaltungen abgelehnt.
Paul Köllensperger forderte eine Vergütungsobergrenze bei konventionierter selbständiger Arbeit, also bei Basis- und Kinderärzten. Dafür sollte das besteuerbare Einkommen berücksichtigt werden. Dementsprechende Verhandlungen seien mit dem Ministerium aufzunehmen. LR Martha Stocker gab Köllensperger recht, dass hier Äpfel mit Birnen verglichen würden, da es um Freiberufler, nicht um Angestellte gehe. Man habe in Rom interveniert, aber ohne Erfolg. Das Land bereite eine Norm vor, um z.B. Leasingraten übernehmen zu können. Die Tagesordnung sei derzeit hinfällig. Die Tagesordnung wurde mit neun Ja, 18 Nein und drei Enthaltungen abgelehnt.
Paul Köllensperger forderte mit einer weiteren Tagesordnung ein Einheitsgesetz zum Gesundheitswesen. Es gebe neben den zwei heute diskutierten Gesetzen noch ein weiteres, das in Kraft bleibe. Sven Knoll erinnerte an das Vorhaben einer Gesetzesbereinigung, das die Landesregierung wieder aufnehmen sollte. Der Gesetzentwurf 118 enthalte übersichtlich alles, was die Sanität betreffe, antwortete LR Martha Stocker. Man wollte im Moment keine Vereinheitlichung, um nicht wieder alles einer Überprüfung durch Rom auszusetzen. Die Tagesordnung wurde mit zehn Ja, 18 Nein und drei Enthaltungen abgelehnt.
Ulli Mair forderte Maßnahmen gegen den Notstand an Kinderärzten. Sie erinnerte an den Pusterer Kinderarzt, der wegen Überschreitung der Entlohnungsgrenze gezwungen war, seine Praxis zu schließen. LR Martha Stocker verwies auf die vorhin angekündigte Gesetzesinitiative, mit der man genau dieses Problem angehen wolle. Die Tagesordnung wurde von der Landesregierung angenommen.
Andreas Pöder forderte eine Wartezeit von höchstens 21 Tagen, in dringenden Fällen von 14 Tagen. Die Tagesordnung wurde mit neun Ja, 18 Nein und vier Enthaltungen abgelehnt.
Andreas Pöder forderte schließlich die Begrenzung der Zahl der Patienten ohne Wohnsitz in Südtirol. Die Tagesordnung wurde mit zehn Ja und 19 Nein abgelehnt.
Anschließend wurde der Übergang zur Artikeldebatte zu den beiden Gesetzentwürfen beschlossen.