Von: apa
Die Grazer KPÖ-Bürgermeisterin Elke Kahr hat den World Mayor Prize 2023 – also “Bürgermeisterin des Jahres” – gewonnen. Die in London ansässige City Mayors Foundation vergibt die Auszeichnung seit 2004 alle zwei Jahre und Kahr war im Sommer des Vorjahres für ihre “Robin-Hood-Politik” nominiert worden. Auf der Shortlist für den Preis war unter anderem auch der Bürgermeister von Kiew Vitali Klitschko. Im APA-Interview im Sommer hatte sie sich noch wenig Chancen ausgerechnet.
Kahr wurde laut der Begründung der City Mayors Foundation mit dem World Mayor Preis 2023 “für ihren selbstlosen Einsatz für ihre Stadt und deren Bürger ausgezeichnet”. Lokalpolitik bedeute für Bürgermeisterin Kahr, “für alle Grazer das Beste zu wollen, ohne dabei die individuellen Sorgen einzelner Mitbürger zu vergessen”. “Ihre Entscheidung, einen großen Teil ihres Gehalts mit bedürftigen Menschen zu teilen, hat weltweit Bewunderung hervorgerufen. Bürgermeisterin Kahr hat bewiesen, dass bürgernahe Politik überzeugen und erfolgreich sein kann”, ist weiter in einer Aussendung zu lesen.
Die Bürgermeisterin sagte am Dienstag im APA-Gespräch, dass es eine große Ehre für sie sei, den Preis zu erhalten. Sie nehme ihn “stellvertretend für alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister” an, denn Kommunalpolitik sei so wichtig, weil “sie den Leuten am nächsten ist”. Interessant fand sie die Motivationsgründe für die übrigen Auszeichnungen, weil da sehe man mit welch unterschiedlichen Problemen die Bürgermeister zu kämpfen hätten. “Das ist eine schön Auszeichnung und Ehre, auch für unsere Stadt, und hat noch dazu nichts gekostet”, so Kahr ganz pragmatisch. Feiern werde sie den Award aber nicht, “es ist ja ein normaler Arbeitstag”, sagte sie.
Tann vom Hove von der City Mayors Foundation hält Kahr für ein “Vorbild für Menschen, nicht nur für Politiker, die einen Beitrag zu ihrer Gemeinschaft leisten wollen, ohne nach persönlichen Vorteilen zu streben”. Unterstützung erhielt Kahr von einer Reihe von Menschen, die Empfehlungen eingereicht hatten – darunter waren nicht nur Bürgerinnen und Bürger aus Graz, sondern auch aus Salzburg und Städten in Deutschland wie Berlin oder Jena. Kahr werde demnächst die Skulptur, die sich aus drei Kuben zusammensetzt, erhalten, kündigte die Foundation an.
Im Sommer hatte Kahr im Gespräch mit der APA zur Nominierung gesagt: “Es freut mich natürlich unter den 25 besten und nicht den 25 schlechtesten Bürgermeistern der Welt zu sein”. Chancen rechnete sie sich aber nicht aus. “Es ehrt einen, dabei zu sein und bringt vielleicht auch positive Werbung für die Stadt.” Klitschko kenne sie eher als Boxer und weniger als Bürgermeister, aber weil er in einem Land sei, das derzeit ein “fürchterliches Elend erlebt, wäre es ihm zu wünschen, dass er es wird”, sagte sie damals noch.
In ihrem auf der Website der Foundation abrufbaren Essay, das sie vor der Vergabe in der engeren Auswahl einzureichen hatte, beschrieb Kahr ihr Credo: “Mir war persönlicher Kontakt zu Menschen, zu den Bürgerinnen und Bürgern von Graz, immer das Wichtigste. Ich bin so oft wie möglich in den Stadtbezirken, besuche Leute, halte Sprechstunden ab, rede mit Menschen, die Probleme und Sorgen haben. Ich brauche keine Studien, um zu wissen, wo der Schuh drückt. … Dabei geht es nicht immer nur um die großen Dinge. Hier fehlt eine Stiege, da ist ein Nachbar zu laut, dort braucht jemand einen Lift oder es gibt ein Gebrechen im Haus. Ich mache mir dann oft vor Ort ein Bild. Wenn es einen Konflikt gibt, will ich beide Seiten hören. Ich treffe dabei auch Menschen, die einfach nur plaudern oder ihre Sorgen teilen wollen.”
Neben dem World Mayor Preis hat die City Mayors Foundation drei weitere Auszeichnungen vergeben: Den World Mayor Jury Award erhält Manuel De Araújo, Bürgermeister von Quelimane, Mosambik, für seinen Einsatz für die demokratischen Werte in seinem Land. Der World Mayor Friendship Award wurde Stefan Fassbinder, Oberbürgermeister von Greifswald, Deutschland, für seine Zusammenarbeit mit und Unterstützung von Gemeinden in der Ukraine, Polen und Brasilien verliehen. Der World Mayor Community Award wurde Tony Keats, dem Bürgermeister von Dover, Neufundland und Labrador, Kanada, für seine außergewöhnlichen Verdienste um seine Gemeinde und deren Einwohner seit 1996 verliehen.
Der Preis geht auf eine Aussage der früheren amerikanischen First Lady Eleanor Roosevelt im Jahr 1958 zurück: Sie sagte damals bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen, dass Menschenrechte in Gemeinden beginnen, in denen einfache Menschen gleiche Gerechtigkeit, gleiche Chancen und gleiche Würde ohne Diskriminierung anstreben. “Eleanor Roosevelt hätte die Arbeit von Bürgermeisterin Elke Kahr in Graz gewürdigt”, glaubt Tann vom Hove.
(S E R V I C E – http://www.worldmayor.com/ )