Versucht die Landesregierung, negative Gutachten zu umgehen?

Grüne fürchten um den Landschaftsschutz

Samstag, 09. November 2024 | 12:06 Uhr

Von: mk

Bozen – Landeshauptmann Arno Kompatscher bringt am kommenden Montag das Begleitgesetz zum Haushaltsentwurf 2025 in den Gesetzgebungsausschuss des Landtags und damit auch Artikel 14: Die bisherigen Bestimmungen zur Umweltprüfung für Pläne, Programme und Projekte sollen abgeändert werden. Die Grünen befürchten, dass damit eine grundlegende Bestimmung im Umweltschutz ausgehebelt und vor allem die Landschaftsplanung geschwächt wird.

Grund für diese hastige Änderung im Sammelgesetz dürften die negativen Gutachten der Dienststellenkonferenz zu einigen Olympiabauten gewesen sein, vermuten die Landtagsabgeordneten Madeleine Rohrer, Brigitte Foppa und Zeno Oberkofler.

„Mussten bisher alle Gutachten der Dienststellenkonferenz positiv sein, sollen zukünftig nur mehr die Mehrheit der Umweltgesetze eingehalten werden“, so die Grünen.

„Anstoß für diese hastige und überzogene Änderung dürften wohl die Straßenbauten für die Olympischen Spiele im Pustertal sein. Das Amt für Landschaftsplanung hatte kürzlich erst den Bau der Bahnüberführung in Innichen negativ bewertet und damit die zahlreichen Menschen in ihrer Kritik und Ablehnung bestärkt“, so Rohrer, Foppa und Oberkofler.

Heute gilt: Projekte, die mehrere Bereiche betreffen (z. B. Gewässer, Boden oder Natur- und Landschaft) werden in der Dienstellenkonferenz behandelt, also in einer Sitzung der Landesbeamten, die jeweils ihren Fachbereich vertreten. Damit müssen Gemeinden oder private Antragsteller nicht bei jedem einzelnen Amt ein Gutachten einholen, sondern es gibt zur Vereinfachung eine Sammelgenehmigung. Jeder Fachbereich bewertet das Projekt allerdings für sich. Kommt ein Amt zum Schluss, dass das Projekt für seinen Bereich negative Auswirkungen hat und mit dem Gesetz nicht vereinbar ist, wird es nicht genehmigt. Mit anderen Worten und mit einem Beispiel: Ein Vorhaben ohne Folgen für Gewässer, Fische und Natur, das aber die Landschaft verschandelt, kann nicht genehmigt werden.

Die Landesregierung will jetzt, dass die Dienststellenkonferenz bei einem oder mehreren negativen Gutachten das Projekt dennoch gutheißen kann, wenn laut den Grünen ein „nicht näher definiertes“ öffentliches Interesse gibt. „Die Landesregierung muss sich dann nicht mehr in der Öffentlichkeit mit unliebsamen negativen Gutachten herumschlagen, so wie jüngst bei den Olympischen Straßenprojekten“, so Madeleine Rohrer.

Brigitte Foppa kündigt an: „Im Gesetzgebungsausschuss am Montag beantragen wir daher die Streichung dieses Artikels.“

Auch Heimatpflegeverband apelliert

In dieselbe Kerbe schlägt auch der Heimatpflegeverband. „Die Dienststellenkonferenz für den Umweltbereich war bisher ein mächtiges Werkzeug für den Landschaftsschutz. Geht es nach den Plänen der Landesregierung soll sich das nun ändern: In Zukunft können die Gutachten einzelner Ämter einfach übergangen werden, um trotzdem insgesamt zu einem positiven Befund für landschaftsschädigende Projekte zu kommen. Ein verheerendes Signal für den Landschaftsschutz in Südtirol!“, erklärt der Verband in einer Aussendung.

Die Landesregierung habe sich mit ihren Entscheidungen in der Vergangenheit immer wieder über negative Gutachten der Dienststellenkonferenz hinweggesetzt und sich selbst damit sowohl moralisch als auch rechtlich in Erklärungsnotstand gebracht. „Egal ob bei Skigebietserweiterungen, Almerschließungen, Straßenbauprojekten im Pustertal für Olympia: Immer wieder genehmigt die Landesregierung Projekte, die aufgrund ihres nicht zu rechtfertigenden Impacts auf die Landschaft von den Expertinnen und Experten in den zuständigen Ämtern negativ bewertet wurden“, so die Heimatpfkeger. Mit dem Artikel 14 im Gesetz zum Haushalt, das am kommenden Montag vom Gesetzgebungsausschuss bewertet wird, werde eine sinnvolle Schutzmaßnahme ausgehebelt.

Der Heimatpflegeverband appelliert deshalb an den Landeshauptmann, die Landesregierung und die Mitglieder des Gesetzgebungsausschuss, diesen Artikel ersatzlos zu streichen, „damit unsere Natur- und Kulturlandschaft auch weiterhin geschützt bleibt und die Expertinnen und Experten in den Landesämtern auch weiterhin ohne politischen Druck und Beeinflussung ihre Arbeit machen können“, heißt es in der Aussendung abschließend.

Bezirk: Bozen

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