Von: mk
Bozen – Die Grünen Südtirols stehen den Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien zwar mit Verständnis, aber insgesamt skeptisch gegenüber: Das Ziel einer Selbstbestimmung erscheine aus der Geschichte und Gegenwart von Katalonien heraus begreiflich. „Es wäre aber auch ein ‚Sprung ins Dunkle‘, der zwar die Eigenstaatlichkeit von Catalunya im Blick hätte, aber bei näherer Analyse von schweren Hypotheken belastet und von ungewissem Ausgang wäre“, erklären die Landtagsabgeordneten Hans Heiss, Brigitte Foppa und Riccardo Dello Sbarba.
Der spanische Ministerpräsident Rajoy habe mit seinem harten und unnachgiebigen Vorgehen jedoch alles nur Denkbare unternommen, um die Position der Unabhängigkeitsbefürworter zu stärken. Er trage aus drei Gründen große Verantwortung an der Eskalation des Konflikts, der sich vor dem Referendum am 1. Oktober abzeichnet.
Denn Mariano Rajoy weigere sich, über den für die Katalanen ungerechten Finanzausgleich zwischen den Regionen zu verhandeln; er kriminalisiere die beeindruckende und wachsende Zahl der Katalanen, die das Recht auf ein demokratisches Votum über die Zukunft ihrer Heimatregion einfordern, und er verstärke den Zulauf zur Unabhängigkeit durch massive und bedrohliche Polizeipräsenz, rechtlich problematische Einsätze und stete Durchgriffe, erklären die Grünen.
Angesichts dieser bedrohlichen Frontstellung, die am Sonntag auf einen Konflikt und womöglich auf Gewalttätigkeit zuläuft, sei das Schweigen des EU-Parlaments und der Kommission in Brüssel vollkommen unverständlich. Zwar seien Initiativen wie jene von 48 EU-Abgeordneten aus sechs Fraktionen, die sich in einem Schreiben an Rajoy für Verhandlungen ausgesprochen haben, erfreulich, blieben aber letztlich Einzelaktionen.
„Die EU muss sich endlich dafür engagieren, den Konflikt abzuschwächen. Sie sollte die spanische Regierung davon überzeugen, den Katalanen entgegen zu kommen und ihr empörend präpotentes Vorgehen zu ändern“, so die Grünen.
Umgekehrt sollte Brüssel der katalanischen Führung vermitteln, dass eine Trennung von Spanien aktuell nicht durchsetzbar ist, finden die Grünen. „Falls sich die EU nicht wirkungsvoll einschaltet, verzichtet sie auf ihre notwendige Vermittlerrolle und untergräbt die eigene Legitimation: Wie sollte sie als Friedensmacht glaubwürdig sein, wenn sie nicht einmal in der Lage ist, zwischen ihren eigenen Bürgern, zwischen Regionen und Zentralstaaten zu vermitteln? Auch der kommende EU-Gipfel in Tallinn muss hier ein klares Zeichen setzen – aber dann wäre es vielleicht schon zu spät“, heißt es in einer Aussendung.