Von: apa
Transitforum Austria-Tirol-Obmann Fritz Gurgiser mahnt angesichts der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS ein, endlich den “fairen Wettbewerb” zwischen Straße und Schiene bzw. die Verlagerung auf die Schiene ins Zentrum zu rücken. Im Koalitionsabkommen müsse etwa eine “Grundsatzentscheidung” für die Förderung des unbegleiteten Bahngüterverkehrs, vor allem am Brenner, enthalten sein. “Es braucht jetzt Action statt Dauerschlaf”, sagte Gurgiser im APA-Gespräch.
Gleichzeitig will der Transitforum-Obmann, dass die ÖVP künftig das Verkehrsministerium übernimmt: “Ich erwarte mir, dass die sogenannte, selbst ernannte ‘Wirtschaftspartei’ ÖVP den Verkehrsminister stellt. Sie soll einmal Verantwortung übernehmen. Bisher hat sie deshalb ständig auf den Posten verzichtet, um im Hintergrund ihre Frächterklientel unterstützen zu können. Und so nebenbei gleichzeitig die Bauklientel mit Milliarden an Steuergeldern zu bedienen”. Gurgiser erinnerte daran, dass die Volkspartei seit Beginn der Zweiten Republik lediglich zweimal das Ministerium innegehabt habe, das letzte Mal zur Zeit der schwarzen Alleinregierung in den 1960er-Jahren. “Dies sei “auffällig, aber nicht überraschend”. Er selbst habe es als Transitforum-Obmann seit den frühen 1990er-Jahren übrigens mit “sage und schreibe” 17 Verkehrsministern zu tun gehabt.
Gurgiser forderte vier Maßnahmen
Was es jetzt brauche, seien jedenfalls vier Punkte, die die künftige Bundesregierung selbst in die Hand nehmen oder europäisch mitanstoßen müsse: Einerseits sicherstellen, dass grenzüberschreitende Güterzüge auch wirklich durchfahren können – ohne Unterbrechungen, Verzögerungen, tagelangem Stillstand und Zwischendurch-Transport auf der Straße wie bisher. “Container, Wechselaufbauten und Ganzzüge” müssten gefördert, die ÖBB weit mehr dazu angehalten werden, die Eisenbahnpartner in Deutschland und Italien dahingehend ins Gebet zu nehmen, so Gurgiser.
Darüber hinaus müsse Österreich die neuen IG-L (Immissionsgesetz Luft, Anm.)-Grenzwerte für NO2 (Stickstoffdioxid, Anm.) und Feinstäube “unbedingt vorziehen” bzw. gesetzesmäßig implementieren. Auch eine erhöhte bzw. “verursachergerechte Lkw-Maut am Gesamtkorridor Rosenheim-Verona mit Italien und Deutschland sowie auf dem gesamten europäischen Autobahnnetz” verlangte der Transitforum-Obmann. Und zu guter Letzt müsse auf einen europäischen Mindestlohn für Lkw-Fahrer im Transit mit mindestens 5.000 Euro hingearbeitet werden.
Verlagerungs-“Totalversagen”
All dies sei notwendig, denn der derzeitige “Sachbefund” wäre ernüchternd. Man habe es nämlich mit einem Versagen der Politik in Sachen “Verlagerung von der Straße auf die Schiene” und Herstellung eines fairen Wettbewerbes zu tun, erklärte Gurgiser. Am Beispiel des dieser Tage anstehenden Jubiläums der Errichtung des Terminal Brennersee”, einem “RoLa” (Rollende Landstraße, Anm.)-Betrieb direkt an der Grenze zu Italien an der Brennerautobahn (A13), sprach Gurgiser gar von einem “35 Jahre andauernden landes-, bundes-, und europapolitischen Totalversagen”: Verlagert wurden nur Steuermilliarden und das Transitproblem von einer Schulter auf die nächste.”
“Dieselben, die jahrzehntelang Milliarde um Milliarde in Eisenbahnausbau ‘verlagert’ haben, sind dieselben, die jahrzehntelang mit ihren verkehrs-, finanz- und sozialrechtlichen Rahmenbedingungen die Eisenbahn im Wettbewerb schlechter gestellt und damit in die Remise, auf das Abstellgleis geschoben haben”, attackierte Gurgiser die Verantwortlichen. Während den Brenner “im Zwölf-Sekundentakt” die schweren Transitlaster queren würden, “stehen Güterzüge oft stunden- bis tagelang am Brenner, in Innsbruck, Hall, Schwaz, Jenbach, Wörgl und Kufstein und warten auf Übernahme durch die italienischen Eisenbahnpartner.” Die Rollende Landstraße sei “sündteuer, unattraktiv und längst überholt” und müsse noch dazu vom Steuerzahler “hoch subventioniert” werden: “Die RoLa rumpelt und steht.”
Brennerbasistunnel “Wunsch ans Christkind”
Dass auch der voraussichtlich im Jahr 2032 in Betrieb gehende Brennerbasistunnel (BBT) all die Probleme würde lösen können, glaubte Gurgiser nicht. “Einen Wunsch ans Christkind kann auch ein Erwachsener aufgeben”, spottete Tirols oberster Anti-Transitkämpfer und verwies etwa darauf, dass bei den Zulaufstrecken nichts weitergehe. Komme in Deutschland wie erwartet die CDU nach der Bundestagswahl im Februar federführend ans Ruder, hieße es ohnehin “ausgebaut”, glaubte Gurgiser.
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