Von: mk
Sterzing – Südtirols Lehrpersonen schlagen Alarm: Von den 1152 Lehrkräften an deutschsprachige Grund-, Mittel- und Oberschulen haben 1142 für eine Petition gestimmt, die von einer Initiativgruppe an der SSP III Sterzing ausgearbeitet und unterzeichnet wurde. Der Grundtenor lautet: Weil es an Wertschätzung, aber auch an Personal und einer angemessene Entlohnung fehlt, braucht es dringend Hilfe.
„Wir sehen uns immer öfter mit Problematiken konfrontiert, die einen guten Unterricht be- und manchmal sogar verhindern“, erklärt die Initiativgruppe „Petition – Schule in Not“. Die Folgen seien schwerwiegend: Lehrpersonen würden krank werden und an Motivation verlieren. Andere würden an einen Berufswechsel denken. Schülerinnen und Schüler würden nicht angemessen gefördert und seien in manchen Fällen samt ihren Familien nicht mehr erreichbar. Familien würden den Wert der Schule nicht erkennen und stünden nicht an der Seite der Lehrkräfte.
Aufgrund der hohen Anzahl der Unterstützer ist die Initiativgruppe überzeugt: Es „brennt“ nicht nur an ihrer Schule.
Mehrere „Baustellen“
Gefordert wird in der Petition an erster Stelle mehr qualifiziertes Personal. Lehrerpersonen würden immer öfter auf Unterrichtssituationen treffen, die sie überfordern. Dies passiere immer dann, wenn Kinder mit diversen „Störungen“ (Verhaltensstörungen, Lernstörungen, soziale Vernachlässigung, Migrationsproblematiken u.a.) nicht von qualifizierten Mitarbeitern betreut werden, weil kein fachmännisches Personal zur Verfügung steht. „Die betroffenen Schülerinnen und Schüler sind dann eben nicht in der Lage die notwendigen Entwicklungs- oder in manchen Fällen sogar auch Heilungsschritte zu vollziehen. Es kommt in der Klasse zu Störungen, die einen guten Unterricht verunmöglichen. Dabei leiden vor allem auch jene Schülerinnen und Schüler, deren Recht auf einen guten Unterricht eingeschränkt wird“, heißt es in der Petition.
Zudem bröckle es an der Wertschätzung vonseiten der Gesellschaft, ohne die Lehrpersonen nicht arbeiten könnten. „Die Bildungseinrichtung ‚Schule‘ mag viele Fehler haben und vielleicht muss man sie neu denken, aber eins steht fest. Wir brauchen sie notwendiger denn je!“, erklärt die Initiativgruppe. Aus diesem Grund wende man sich an Politik und an die Bevölkerung.
Konkret wird außerdem mehr Mitspracherecht bei allen schulischen Angelegenheiten für die am Kind arbeitenden Lehrpersonen gefordert. „Nicht mehr über unsere Köpfe, nur mehr mit uns. Dieses wichtige Signal nach außen haben wir in den letzten Jahren vermisst“, so die Unterzeichner der Petition.
Mehr Unterstützung der Eltern erwünscht
Außerdem wird mehr Unterstützung der Eltern von Schülerinnen und Schülern gefordert, damit die Arbeit von Lehrpersonen auf fruchtbaren Boden fallen kann. Jedes Schimpfen, Verunglimpfen oder Beleidigen von Lehrern, Lehrerinnen und der Schule im Beisein der eigenen Kinder schädige das Vertrauen, den Respekt und die Motivation des Kindes und der Jugendlichen, erklärt die Initiativgruppe. „Werden in privaten und öffentlichen Medien Pauschalurteile und Wirtshausgespräche zur Schule breitgetreten, so ist eine schnelle und fundierte Gegenreaktion der Schulverwaltung unerlässlich. Wer schweigt, stimmt zu“, heißt es in der Petition wörtlich.
Gleichzeitig stellt die Initiativgruppe fest: „Schule hat einen klaren Bildungsauftrag und ist keine Aufbewahrungsanstalt. Dieser Aspekt darf nicht außer Acht gelassen werden. Wir bilden junge Menschen aus, für Therapie, Freizeit- und Unterbringungsangebote sind andere zuständig.“
Der letzte Punkt dreht sich um die Entlohnung. Wer den Beruf des Lehrers ergreifen möchte, müsse eine langjährige Ausbildung absolvieren, die sehr viel Einsatzbereitschaft und Geld abverlangt. Leider sei das Gehalt einer Lehrperson ein Spiegelbild der Wertschätzung im Land, heißt es in der Petition. „Im europäischen Vergleich stehen wir ganz weit unten. Unter diesen Voraussetzungen werden wir in Zukunft immer weniger motivierte Kolleginnen und Kollegen für diese so wichtige Arbeit gewinnen können“, so die Initiativgruppe.