Von: APA/Reuters/dpa
Die palästinensische Terrororganisation Hamas hat im Gazastreifen drei weitere Geiseln freigelassen. Sie wurden zunächst dem Roten Kreuz übergeben und danach von der israelischen Armee übernommen. Es handelt sich um den Deutsch-Israeli Ohad Ben Ami (56), Or Levy (34) und Eli Sharabi (52). Die drei von ihrem Martyrium gezeichneten Personen waren zuvor in Deir al-Balah auf einem Podium vorgeführt worden.
Die israelische Armee brachte die Männer im Laufe des Vormittags nach Israel zurück. Nach einer ersten medizinischen Untersuchung in einer Armeeeinrichtung sollten sie ihre Familien treffen. Anschließend sollten sie in Kliniken im Zentrum des Landes gebracht werden.
Entsetzen über schlechten Gesundheitszustand
Der augenscheinlich schlechte Gesundheitszustand der Männer sorgte in Israel für Entsetzen. “So sieht ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit aus”, erklärte Staatspräsident Yitzhak (Isaac) Herzog. “Die ganze Welt muss auf Ohad, Or und Eli blicken, die nach 491 Tagen Hölle, ausgehungert, abgemagert und leidend, zurückkehren.” Die Zuschaustellung der Männer durch die Hamas sei ein “zynisches und grausames Spektakel” gewesen, so Herzog. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sprach von “schockierenden Szenen”, die man “nicht beschönigen” wolle.
Auch die Angehörigen reagierten bestürzt. Mehrere Familienmitglieder brachen in Tränen aus, als sie die Männer live im Fernsehen sahen, wie israelische Medien berichteten. Eine Verwandte von Ben Ami sagte Medien zufolge, der 56-Jährige sehe schlimm und mindestens zehn Jahre älter aus, als er sei. Der Bruder von Or Levy (34) sagte israelischen Medien zufolge, es sei schwer, ihn so zu sehen, nach allem, was er durchgemacht habe. Der Sohn des 34-Jährigen sei aufgeregt und könne es kaum erwarten, seinen Vater wiederzusehen, sagte Tal Levy demnach. Die Mutter des Kindes war am 7. Oktober auf dem Nova-Musikfestival getötet worden.
Abgemagerte Männer wurden Schaulustigen vorgeführt
Hunderte Schaulustige verfolgten die Geiselübergabe, wie Fernsehaufnahmen zeigten. Anders als vor knapp eineinhalb Wochen gab es aber keine drängelnde Menge und kein Chaos, durch das sich die Geiseln einen Weg bahnen mussten. Auch zahlreiche vermummte und zumeist mit Maschinenpistolen bewaffnete Hamas-Mitglieder waren anwesend – wie auch bei den vorigen Geisel-Freilassungen.
Aufnahmen zeigten, wie die blass und dünn aussehenden Männer von Hamas-Mitgliedern auf eine Bühne geführt wurden. Israelischen Medien zufolge bedankten sie sich in dem von der Hamas choreografierten Auftritt für die “Fürsorge” während ihrer Geiselhaft.
Auf der Bühne war auch eine Faust mit einer palästinensischen Flagge zu sehen. Die militärisch nach 16 Monaten Krieg extrem geschwächte Islamistenorganisation nutzte die Freilassungen in den vergangenen Wochen stets als Machtdemonstration. Mit dem inszenierten Prozedere rund um die Geiselübergabe will die Hamas der Welt zeigen, wer im Gazastreifen das Sagen hat.
Ben Ami und Sharabi wurden bei dem Überraschungsangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 auf Israel im Kibbuz Be’eri als Geiseln genommen, Levy wurde am selben Tag bei einem Musikfestival verschleppt.
Israel ließ Gefangene frei
Im Gegenzug sollten 183 palästinensische Gefangene aus israelischer Haft freikommen. Am frühen Nachmittag erreichte ein Bus mit Gefangenen aus dem israelischen Ofer-Gefängnis das Westjordanland. Einige von ihnen wurden in Israel wegen der Beteiligung an Angriffen verurteilt, bei denen Dutzende Menschen getötet wurden. 18 von ihnen verbüßen eine lebenslange Haftstrafe, und 111 wurden laut Hamas während des Krieges im Gazastreifen inhaftiert.
Seit Beginn der Waffenruhe im Gaza-Krieg am 19. Jänner hat die Hamas damit bereits 16 von insgesamt 33 israelischen Geiseln freigelassen, die während der ersten Phase der dreistufigen Vereinbarung von der Hamas übergeben werden sollen. Außerdem ließ die Terrororganisation fünf Thailänder frei, dies aber nicht als Teil der Vereinbarung mit Israel. Die Hamas hatte zuvor mitgeteilt, dass acht der 33 israelischen Geiseln tot seien. Um wen genau es sich dabei handelt, ist unklar. Die nächsten Geiseln sollen am kommenden Wochenende freikommen. Insgesamt sollen in der ersten Phase mehr als 1.900 palästinensische Häftlinge im Austausch für die Geiseln freikommen. Auf der Liste der verbleibenden Geiseln, die noch freigelassen werden sollen, ist auch der österreichisch-israelische Doppelstaatsbürger Tal Shoham.
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