Offener Brief

Hausärzte befürchten digitalen Cut

Donnerstag, 22. Februar 2024 | 07:00 Uhr

Von: mk

Bruneck/Brixen – Mehrere junge Hausärzte im Pustertal und im Eisacktal befürchten Verschlechterungen bei der digitalen Vernetzung im territorialen Versorgungsbereich. Da den Hausärzten das IKIS, ein Informationssystem im Bezug auf Befunde, Therapiepläne, Behandlungstherapien sowie der Betreuung von chronischen Krankheiten, weggenommen wird, richten sie sich in einem offenen Brief an Gesundheitslandesrat Hubert Messner. Den Ärzten zufolge wird keine adäquate Alternative angeboten, worunter die Betreuung der Patienten leide.

Wörtlich heißt es in dem Brief:

Verwundert mussten wir Hausärzte (Pustertal und Eisacktal) am 18.12.2023 im Rahmen einer einberufenen Versammlung erfahren, dass das für uns sehr wichtige Arbeitsinstrument IKIS (internes Krankenhausinformationssystem) innerhalb der nächsten Monate abgeschafft werden soll und durch die EGA (elektronische Gesundheitsakte) ersetzt wird.

Programmiert von engagierten Informatikern des Krankenhauses Bruneck, wurde das System IKIS über die letzten zehn Jahre kontinuierlich im Sinne der Patientenbedürfnisse und der bestmöglichen Kommunikation zwischen Krankenhaus und Hausärzten anhand folgender Beispiele optimiert:

• Befunde, Laborverläufe, Therapiepläne, Ticketbefreiungen stehen mittels dieses Programms in kürzester Zeit zur Verfügung. Somit können wir als Ärzte unseren Patienten schnellstmögliche Therapien und Hilfeleistungen ermöglichen und dringende Einweisungen zum Facharzt bzw. in die Erste Hilfe vermeiden. Zum Beispiel können wir ein dringendes Labor innerhalb von ein bis zwei Stunden abrufen, mit der EGA ist dies nicht mehr möglich.

• Ein weiteres Beispiel sind die Ansuchen für Zivilinvalidität, da wir mit der EGA keine Diagnosen vor 2020 einsehen, müssten wir ohne IKIS die Patienten in die verschiedenen Krankenhäuser schicken um Arztbriefe einzuholen, was wiederum ein Mehraufwand für das Krankenhauspersonal sowie auch für den Patienten bedeutet.

• Es werden Ressourcen verschwendet sowie die Wartezeit für Fachvisiten sicherlich nicht verkürzt, wenn wir keine adäquate Einsicht auf die Befunde haben, da es potentiell zu doppelgleisigen Verschreibungen kommen kann und beispielsweise zur Besprechung eines histologischen Befundes eine fachärztliche Visite notwendig sein wird, da diese Dokumente (derzeit) der EGA nicht hinzugefügt werden.

Mit dem unmittelbaren, fristlosen Ersatz durch ein System in den „Kinderschuhen“ wären all diese Vorteile nicht mehr gegeben. In der Tat stehen mittels EGA Befunde nur als PDF Dateien zur Verfügung, alle mit derselben Benennung, ohne Unterteilung in Fachbereichen, sodass es einen riesigen Zeitaufwand mit sich bringt einen entsprechenden Befund abzurufen. Befundverlauf, Einsicht in Ticketbefreiungen, Röntgenbilder und Therapiepläne sind nicht möglich. Vor allem uns jungen Ärzten erschwert dies die Arbeit, da wir unsere Patienten noch nicht lange kennen und somit auch nicht alle Diagnosen bzw. Therapien aufscheinen. Eine Programmierung auf Niveau des aktuell bestehenden Programmes dauert Jahre, so Techniker. Einfach gesagt, die EGA ist für den Patienten selbst sinnvoll, jedoch kein Arbeitsinstrument für uns Hausärzte.

Deshalb möchten wir Sie, Dr. Messner, dringendst um einen Aufschub des Übergangs von einem Informationssystem zum nächsten bitten, jedenfalls bis ein entsprechendes Programm gut ausgereift ist, andernfalls wird die Behandlungsqualität unserer Patienten massiv darunter leiden.

Gezeichnet wurde der Brief von Dr. Raffaela Fiung, Dr. Florian Großrubatscher, Dr. Paul Vögele und von Dr. Berta Marcher.

Bezirk: Bozen, Eisacktal, Pustertal