Von: mk
Bozen – Heute wurde die Behandlung des Haushaltsentwurfs des Landtages für die Finanzjahre 2017, 2018 und 2019 behandelt. Dieser umfasst, Sonderbuchhaltungen ausgenommen, Einnahmen und Ausgaben von 10.622.710 Euro, das sind 1.657.629,69 Euro weniger als im Vorjahr. Landtagspräsident Roberto Bizzo stellte die einzelnen Kapitel vor und wies auf die größeren Veränderungen gegenüber dem Vorjahr hin.
Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) verwies auf die Finanzierung des Landesbeirats für Kommunikationswesen, der so nicht in der Lage sei, die vom Staat übertragenen Befugnisse auszuüben.
Hans Heiss (Grüne) bezeichnete das Budget von 10 Mio. Euro als nach wie vor überschaubar. Es seien beträchtliche Einsparungen vorgesehen, vor allem bei öffentlichen Kontakten, Ausgaben zur Förderung der Kenntnis des Landtags, Büromaterial u.a. Sorge mache, dass die Zuwendungen für den Kommunikationsbeirat noch nicht festgelegt seien. Er fragte, auf welcher Grundlage die Spesenvergütungen für den Präsidenten des Rates der Gemeinden ausgezahlt würden; dieser sollte sich öfters im Landtag sehen lassen, auch um z.B. über die Auskunft der Gemeinden auf Anfragen zu reden.
Präsident Roberto Bizzo teilte mit, dass die Spesenabrechnungen d z.B. des Rates der Gemeinden Pflichtausgaben seien, ebenso jene für den Kommunikationsbeirat, die der Landtag eben vorstrecke. Der Haushaltsentwurf wurde mit 18 Ja und zehn Enthaltungen genehmigt.
Begehrensantrag Nr. 37/15: Türkischer Völkermord an Armeniern muss verurteilt werden (eingebracht von den Abg. Leitner, Tinkhauser, Blaas, Mair, Stocker S. und Oberhofer am 28.4.2015): Der Landtag möge das italienische Parlament und die italienische Regierung auffordern, – den Völkermord von 1915 an den Armeniern durch die Türkei im Sinne des Übereinkommens über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes (Völkermordkonvention 1948) ebenfalls anzuerkennen und zu verurteilen, – von der Republik Türkei die Anerkennung der historischen Tatsache dieses Völkermordes und eine entsprechende objektive Aufarbeitung zu verlangen.
Pius Leitner (Freiheitliche) zeigte sich erfreut über die jüngste Stellungnahme des Europäischen Parlaments – leider nicht auch der EU-Kommission -, gerade angesichts der heutigen Ereignisse in Syrien, aber vor allem in der Türkei nach dem Putschversuch. Zu dieser Entwicklung dürfe man nicht schweigen. Hätte Deutschland den Völkermord an den Juden nicht eingestanden, wäre es heute nicht Mitglied der Völkergemeinschaft; so sollte man es auch mit der Türkei handhaben.
Man sehe, wie in der Türkei die Kurden verfolgt und die Demokratie ausgehebelt werden, bemerkte Bernhard Zimmerhofer (STF). Auch Italien hätte noch einiges aufzuarbeiten, siehe faschistische Relikte. Er erklärte seine volle Zustimmung zum Antrag. Der Genozid an den Armeniern habe 1,5 Mio. Menschenleben gekostet, erklärte Hans Heiss (Grüne), er habe eine Vorläuferfunktion für andere Völkermorde im 20. Jahrhundert. Trotz der schwierigen Beziehungen zur Türkei und trotz des Flüchtlingsabkommens habe der Bundestag den Völkermord an den Armeniern verurteilt. Man müsse aber auch berücksichtigen, dass es nicht dieselbe Türkei, jene von Atatürk, sei, die den Völkermord verübt habe. Daher werde sich seine Fraktion enthalten.
Italien habe den Genozid nicht verurteilt, sondern für eine Annäherung zwischen Türken und Armeniern plädiert, präzisierte Ulli Mair (F). Türkischstämmige Abgeordnete zum Bundestag hätten nach der Abstimmung Polizeischutz anfordern müssen. Völkermorde würden nicht verjähren, es sei Pflicht, sie zu brandmarken. Ein friedliches Europa sei nur möglich, wenn alle sich ihrer historischen Verantwortung stellten.
Es sei der Kommunist Karl Liebknecht gewesen, der im Reichstag auf den Völkermord hingewiesen habe, und es habe bereits damals diplomatische Verstimmungen mit der Türkei gegeben, die damals allerdings noch das osmanische Reich gewesen sei, bemerkte Sven Knoll (STF). Man weise zu Recht auf die Gräueltaten anderer Staaten hin, man müsse aber auch im eigenen Land auf Missstände hinweisen. In Südtirol stünden drei Denkmäler, die einen Völkermord verherrlichten, unter anderem das Alpinidenkmal in Bruneck.
Andreas Pöder (BürgerUnion) warnte davor, Volkermorde gegeneinander aufzurechnen. Hier gehe es um einen bestimmten Völkermord, und es gehe auch um die heutige Türkei und ihr Verhältnis zur eigenen Vergangenheit.
LH-Stv. Richard Theiner bezeichnete das Thema als immer noch aktuell, das zeige auch die Debatte im Bundestag. Was heute eigentlich skandalös sei, sei die heutige Haltung der türkischen Regierung. Aber keiner könne sich die Hände in Unschuld waschen, alle Kolonialmächte hätten ihre Verbrechen begangen. 1915 sei Deutschland die einzige Macht gewesen, das seinen Bündnispartner osmanisches Reich hätte aufhalten können. Der Antrag wurde mit 25 Ja und drei Enthaltungen genehmigt.
Beschlussantrag Nr. 632/16: Mütterquote im öffentlichen Dienst und Privatwirtschaft sowie drei Jahre Elternzeit für alle (eingebracht vom Abg. Pöder am 20.7.2016): 1. Der Landtag spricht sich grundsätzlich für eine Mütterquote bei der Besetzung von Stellen im öffentlichen Dienst und auch in der Privatwirtschaft aus und verpflichtet sich und die Landesregierung dazu, noch in der laufenden Legislaturperiode die politischen und gesetzgeberischen Weichen in diese Richtung zu stellen. 2. Der Südtiroler Landtag spricht sich für die dreijährige Elternzeit für alle aus, wie sie derzeit im öffentlichen Dienst in Südtirol üblich ist Landesregierung und Landtag verpflichten sich dazu, noch in der laufenden Legislaturperiode die politischen und soweit möglich die gesetzgeberischen Weichen zu stellen.
Der Unterschied in der Entlohnung von Männern und Frauen bestehe vor allem in der Benachteiligung der Mütter, bemerkte Andreas Pöder (BürgerUnion): “Mütter verdienen bis zu einem Drittel weniger als Kinderlose. In Deutschland verdienen Mütter in Elternzeit und Teilzeit gegenüber kinderlosen Frauen in Arbeitsleben bis zu 193.000 Euro weniger, rund ein Drittel weniger in einem durchschnittlichen Arbeitsleben. Also braucht es Maßnahmen, um Müttern in Elternzeit ein Einkommen und Rente zu sichern und ihnen im Berufsleben durch eine Mütterquote den Wiedereinstieg in den Beruf zu garantieren.” Wenn schon eine Frauenquote, dann eine Mütterquote, so Pöder.
Brigitte Foppa (Grüne) bezeichnete den Ansatz als verfehlt, man dürfe nicht Frauen gegen Frauen ausspielen. Kinderlosigkeit könne auch ungewollt sein, und es sei eine Entscheidung der Mütter, ob die Kinder daheim oder in Einrichtungen betreut würden. Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) wandte sich ebenfalls dagegen, Frauen gegeneinander auszuspielen. Die Familie brauche besondere Unterstützung, dazu gebe es Maßnahmen und Versuche, diese auszubauen, etwa bei der Arbeitsplatzgarantie oder der Rentenabsicherung. Ihre Fraktion sei sehr bemüht, konkrete Verbesserungen zu erreichen.
Myriam Atz Tammerle (STF) äußerte sich skeptisch gegenüber einer Mütterquote. Dem zweiten Punkt könne man zustimmen, aber man dürfe den Unternehmen nicht weitere Belastungen aufbürden. Mehr Wahlfreiheit sei jedenfalls anzustreben.
Dem stimmte auch Pius Leitner (F) zu. Eine Mütterquote werde verfassungsrechtlich nicht gehen, eine zusätzliche Unterstützung für Mütter sei aber sinnvoll. Den zweiten Punkt könne er unterstützen, aber da liege die Zuständigkeit beim Staat. Dabei sei aber den Unternehmern nicht noch mehr Last aufzubürden.
Magdalena Amhof (SVP) erinnerte an den Vorstoß im Regionalrat, das Familiengeld weiter zu erhöhen. Dies seien die kleinen Schritte, die den Frauen konkret etwas brächten, und nicht solche Anträge, die Frauen gegen Frauen ausspielten. Eine Frauenquote sei auch eine Mütterquote, eine Mütterquote sei aber nicht eine Frauenquote.
Die linken Frauen sollten sich nicht als die einzigen Frauen aufspielen, erklärte Ulli Mair (F), es gebe viele Frauen, und nicht alle wollten, dass die Väter die neuen Mütter würden. Die Entscheidungsfreiheit müsse individuell gewährleistet werden, da dürfe der Staat nicht dreinreden. Die meisten Frauen wollten die traditionelle Familie, aber diese werde von der Elite bekämpft.
Es sei richtig, sich über die Unterstützung der Familie Gedanken zu machen, meinte LR Waltraud Deeg. Was den Wunsch der Mehrheit der Frauen betreffe, so verweise sie auf die jüngsten Daten des Astat: Der Trend gehe in Richtung kleinere und Singlehaushalte. Darauf müsse die Politik eingehen. Das Land habe aber keine Zuständigkeit für Renten und Anerkennung der Elternzeit. Das Land habe bessere Arbeitsbedingungen für Mütter geschaffen, und zwar über die Kollektivverträge, und diesen Weg könnten auch die Privatbetriebe gehen. Demnächst werde man mit Arbeitsminister Poletti über die Einführung von positiven Modellen wie in Frankreich und Österreich reden. Auch mit INPS-Präsident Boeri habe man jüngst über Verbesserungen für Familien gesprochen. Auch die Opposition könne ihren Beitrag leisten, daher seien solche Debatten durchaus positiv.
Andreas Pöder stellte in Abrede, dass er und die Landesregierung dieselben Ziele hätten. Die Landesrätin tue alles, um die traditionelle Familie zu zerstören (was LR Deeg anschließend in Abrede stellte, A.d.R.). Der erste Teil des Antrags wurde mit drei Ja, 23 Nein und fünf Enthaltungen, der zweite mit elf Ja, 20 Nein und einer Enthaltung abgelehnt.