Von: mk
Bozen – Die italienische Bischofskonferenz ruft den ersten Sonntag im Februar jeden Jahres zum Tag des Lebens aus. Seit Jahren nutzen die Organisationen Pro Vita und Bewegung für das Leben diesen Tag für Hetzkampagnen gegen das Recht auf Abtreibung. In Italien ist der Schwangerschaftsabbruch mit Gesetz vom 22. Mai 1978, Nr. 194 „Bestimmungen über den Schutz der Mutterschaft und über den freiwilligen Abbruch der Schwangerschaft“ geregelt. Nach dem Gesetz ist ein Schwangerschaftsabbruch unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.
„Eine nicht gewollte Schwangerschaft ist für jede betroffene Frau eine sehr schwierige Situation und umso schwieriger ihre Entscheidung zu einem Schwangerschaftsabbruch. Wir sollten den Frauen zur Seite stehen und ihnen Möglichkeiten und Hilfestellungen aufzeigen, statt sie zu verurteilen. Statt seit bald 50 Jahren mit Hetzkampagnen die Frauen noch weiter in tiefste persönliche Krisen zu stürzen, sollten die einschlägigen Organisationen endlich auch einmal für das Leben der Frauen einstehen,“ unterstreichen die Präsidentin des Landesbeirats Ulrike Oberhammer und Vizepräsidentin Donatella Califano.
Bischof Ivo Muser hat den Tag des Lebens 2021 unter die Botschaft „Freiheit soll im Dienst des Lebens stehen“ gestellt. Diese Botschaft teilt der Landesbeirat und erinnert daran, dass es hierbei auch um die Frauen gehen muss, die in Freiheit und Würde ihr eigenes Leben gestalten dürfen. Das Gesetz 194 sei eine enorm wichtige Hilfestellung, um die Frauen vor dem Absturz in illegale Abtreibungen zu schützen und ihnen in schwierigsten Momenten zur Seite zu stehen.
„Niemand darf über die Entscheidung, die eine Frau über ihren Körper trifft, urteilen“
Die Frauengruppen der Gewerkschaftsbünde CGIL/AGB, SGBCISL und UIL-SGK ersuchen hingegen die Bürgermeister in Südtirol, die seit einiger Zeit an den Werbeflächen angebrachten Plakate der Anti-Abtreibungsbewegungen zu entfernen, wie dies bereits in anderen Städten Italiens geschehen sei. Die Frauengruppen der Gewerkschaftsbünde befürchten einen neuerlichen Angriff auf das 1978 verabschiedete und gerade auch in Südtirol nie vollständig angewandte Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch.
„Diese Kampagne der Abtreibungsgegner ist ein Angriff auf das Grundrecht einer Frau, über ihren Körper entscheiden zu können“, so die Vertreterinnen der Frauengruppen. „Die bei der Kampagne verwendeten Bilder sind manipulativ und irreführend. Ein Fötus in einem sehr fortgeschrittenen Entwicklungsstadium wird mit einem bereits einige Monate alten Kind verglichen. Dies vermittelt die Botschaft, wonach ein Schwangerschaftsabbruch in jeder Entwicklungsphase des Fötus durchgeführt werden könne; nach dem Gesetz aber muss der Abbruch innerhalb von drei Monaten nach Empfängnis erfolgen, außer in jenen Situationen, in denen die Gesundheit der Mutter ernsthaft gefährdet ist. Ein Schwangerschaftsabbruch ist eine schwierige und keine unüberlegte Entscheidung, die nicht nur gesetzlich geschützt ist, sondern auch respektiert werden muss. Für uns gewährleistet das Gesetz 194 einen sicheren, legalen und kostenlosen Schwangerschaftsabbruch.“
Eine Abschaffung dieses Gesetzes würde das Phänomen der Schwangerschaftsabbrüche nicht beseitigen. Es würde die Frauen nur in gesundheitlich riskante Situationen bringen. Es sei erwiesen, dass die Einschränkung beim Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch nicht deren Zahl reduziert, sich aber auf die Gesundheit und die Sterblichkeit von Frauen auswirkt.
Das Problem sollte von einem anderen Blickpunkt aus betrachtet werden: „Um sich eine Mutterschaft vorstellen und sich dafür entscheiden zu können, brauchen Frauen wirtschaftliche und soziale Sicherheit. Damit alle Frauen einer Schwangerschaft freudig entgegensehen und frei entscheiden können, ob sie Mutter werden wollen oder nicht, braucht es eine kulturelle Weiterentwicklung, welche die große Arbeit der Frauen in der Pflege und zugunsten unserer Gesellschaft anerkennt.“