Notwendiger Schritt oder Eingriff in die Demokratie?

Hitzige Diskussion um Frauenquote in der Regionalregierung

Mittwoch, 22. Januar 2025 | 15:45 Uhr

Von: Ivd

Bozen – Eine hitzige Debatte prägte die heutige Sitzung des Regionalrats Trentino-Südtirol. Im Mittelpunkt stand ein Gesetzentwurf zur Einführung einer Frauenquote in der Regionalregierung. Ziel des Entwurfs ist es, eine Mindestvertretung von Frauen im Verhältnis zu ihrem Anteil im Regionalrat sicherzustellen. Bereits im Oktober 2024 wurde die Diskussion über den Gesetzesvorschlag begonnen.

Frauenquote: Privileg oder Minimum?

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass in der Regionalregierung beide Geschlechter vertreten sein müssen. Der Anteil des unterrepräsentierten Geschlechts soll mindestens der Stärke der jeweiligen Gruppe im Regionalrat entsprechen. Dezimalstellen werden dabei entsprechend mathematischer Regeln auf- oder abgerundet.

Waltraud Deeg (SVP) betonte die Bedeutung der Frauenquote: „Eine Quote ist kein Privileg, sondern ein notwendiger Schritt.“ Sie verwies auf die internationale Ebene, wo Frauenvertretung längst als Teil der Demokratie anerkannt sei. Die gläserne Decke sei immer dann spürbar, wenn es um Geld und Macht gehe. „Um mehr Frauenbeteiligung zu erreichen, braucht es Vorbilder“, so Deeg.

Marco Galateo (Fratelli d’Italia) sprach sich hingegen entschieden gegen Quoten aus. Er sieht darin einen Angriff auf den Kern der Demokratie: „Frauen brauchen keine Reservate. Unsere Partei hat zahlreiche Frauen in führenden Positionen, ohne dass es Quoten bedarf.“

Die Rolle der Verfassung und die Sicht der Opposition

Paolo Zanella (PD) argumentierte, dass die Verfassung nicht nur formale Gleichberechtigung fordere, sondern auch substanzielle. Positive Diskriminierung sei daher ein zulässiges Mittel, um strukturelle Hindernisse abzubauen. Zanella betonte: „Derzeit sind Frauen in der Regierung unterrepräsentiert, gerade weil sie Frauen sind.“

Myriam Atz (STF) sprach sich gegen das Gesetz aus, da sie Frauen in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt sieht: „Ein Gremium ohne Frauen sollte es heute nicht mehr geben. Aber Frauen sollten selbst entscheiden können, ob sie politische Ämter übernehmen wollen.“

Kritik an der Umsetzung und Forderungen nach mehr Engagement

Auch Stefania Segnana (Lega) unterstützte die Idee einer besseren Frauenvertretung, betonte jedoch die Herausforderungen bei der Umsetzung: „Der Regionalrat muss bereits zahlreiche Proporzregeln beachten, von Sprachgruppen bis hin zu Mehrheit und Opposition.“ Sie kündigte an, Änderungsvorschläge zum Gesetzentwurf einzubringen.

Madeleine Rohrer (Grüne) kritisierte, dass Frauen in der Politik nach wie vor benachteiligt seien. Sie forderte ein klares Bekenntnis des Präsidenten: „Es ist unvorstellbar, dass eine Regierung gebildet wird, in der die Hälfte der Bevölkerung nicht vertreten ist.“

Uneinigkeit über den richtigen Weg

Die Meinungen im Regionalrat gehen weit auseinander. Während einige Abgeordnete die Quote als unverzichtbares Mittel für mehr Geschlechtergerechtigkeit sehen, lehnen andere sie als Bevormundung ab. Die Debatte zeigt, dass das Thema Frauenvertretung nicht nur eine Frage von Gerechtigkeit, sondern auch von politischen Prioritäten und Werten ist.

Wie es mit dem Gesetzentwurf weitergeht, bleibt vorerst offen. Klar ist jedoch: Die Frage nach einer fairen Repräsentation der Geschlechter wird die Regionalpolitik auch weiterhin intensiv beschäftigen.

Bezirk: Bozen

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