Maliki sprach vor dem höchsten UNO-Gericht im Namen der Palästinenser

IGH untersucht Israels Vorgehen in besetzten Gebieten

Montag, 19. Februar 2024 | 14:20 Uhr

Von: APA/AFP

Bei einer Anhörung vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) zum israelischen Vorgehen in den besetzten Palästinenser-Gebieten hat der palästinensische Außenminister Riyad Al-Maliki dem Land “Kolonialismus und Apartheid” vorgeworfen. “Die Palästinenser haben Kolonialismus und Apartheid erduldet”, sagte Maliki am Montag vor dem Obersten Gerichtshof der UNO in Den Haag.

Es gebe Menschen, die diese Begriffe wütend machten, sagte er und fügte dann hinzu: “Sie sollten angesichts der Wirklichkeit, die wir erleiden, wütend sein.” Der Minister forderte das Gericht auf, die israelische Besatzung für illegal zu erklären und sie “sofort, vollständig und bedingungslos” zu beenden. Dem palästinensischen Volk werde schon viel zu lange Gerechtigkeit verweigert. “Es ist an der Zeit, der Doppelmoral ein Ende zu setzen, die unser Volk schon viel zu lange gefangen hält”, sagte Maliki.

Im Dezember 2022 – fast ein Jahr vor dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 – hatte die UN-Generalversammlung vom IGH ein unverbindliches “Gutachten” gefordert zu den “rechtlichen Konsequenzen, die sich aus der Politik und den Praktiken Israels in den besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalems, ergeben”.

Nun finden die gesamte Woche über Anhörungen in Den Haag zu den Auswirkungen der Besatzung seit 1967 statt. Dabei werden unter anderem Vertreter der USA, Russlands und Chinas vor die Richter treten. Insgesamt werden Aussagen von 52 Staaten erwartet. Eine Entscheidung des IGH wäre nicht bindend, könnte jedoch mit Blick auf den Gaza-Krieg den Druck auf Israel weiter erhöhen.

Im vergangenen Dezember hatte Südafrika wegen des Gazakriegs vor dem IGH den Vorwurf des “Völkermords” gegen Israel erhoben. Das Gericht wies Israel Ende Jänner dann an, bei seinem Militäreinsatz im Gazastreifen alles dafür zu tun, um einen Völkermord zu verhindern, die palästinensische Bevölkerung zu schützen und humanitäre Hilfe zu ermöglichen. Ein erneuter Eilantrag Südafrikas gegen Israel wegen seiner bevorstehenden Militäroffensive in der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen wurde zurückgewiesen.

Israel hatte den Gazastreifen sowie das Westjordanland und Ostjerusalem nach dem Krieg von 1967 besetzt. Etwa 400.000 Israelis leben heute im Westjordanland in Siedlungen, die von der UNO als völkerrechtswidrig eingestuft werden. Im Jahr 2005 hatte sich Israel vollständig aus dem Gazastreifen zurückgezogen. Aus dort abgehaltenen Wahlen ein Jahr später ging die islamistische Hamas als Siegerin hervor.

Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften, militanten Palästinenserorganisation, die Israel das Existenzrecht abspricht, waren am 7. Oktober nach Israel eingedrungen und hatten dort Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden dabei etwa 1160 Menschen getötet und rund 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Als Reaktion auf den Angriff der Hamas hatte Israel deren Vernichtung als Ziel ausgegeben. Bei dem massiven Militäreinsatz im Gazastreifen wurden nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bisher mehr als 29.000 Menschen getötet.

Vor Beginn der Anhörungen in Den Haag am Montag hatte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International gefordert, dass Israel die Besatzung der Palästinenser-Gebiete beendet. Es handle sich um “die längste und eine der tödlichsten Besatzungen weltweit”, hieß es in einer am Montag veröffentlichte Erklärung der Menschenrechtsorganisation. Im Laufe der Jahre habe sich “die militärische Besatzung der palästinensischen Gebiete durch Israel zu einer Dauerbesatzung entwickelt, die klar gegen das Völkerrecht verstößt”. “Die Welt muss erkennen, dass die Beendigung der rechtswidrigen israelischen Besatzung eine Voraussetzung für die Beendigung der anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in Israel und in den besetzten palästinensischen Gebieten ist”, erklärte Anmesty International.