Von: ka
Bozen – Für viele Beobachter wenig überraschend hat sich die übergroße Mehrheit der Bozner am Sonntag gegen die Tram entschieden. Nun ist bei den Befürwortern der Katzenjammer groß.
Im Vorfeld der Bürgerbefragung haben die Fürsprecher zu viele Fehler gemacht. Insbesondere das Spiel mit den Zahlen – die Kosten stiegen innerhalb von wenigen Wochen um Dutzende Millionen Euro – dürfte der Tram geschadet haben. Aber neben der Angst vor den hohen Kosten, den jahrelangen Bauarbeiten und verlorenen Parkplätzen hat sicherlich auch eine Rolle gespielt, dass eine Tram, die nur bis Sigmundskron reicht, kaum einen Pendler zum Verzicht auf das Auto bewegen dürfte.
Aber auch wenn man den Befürwortern und dem Projekt selbst viele Fehler vorwerfen kann, wird man nicht den Eindruck los, dass in Südtirol innovative Projekte und Neuerungen jeglicher Art bei „Volksabstimmungen“ regelmäßig durchfallen. Egal, ob das Seilbahnprojekt Brixen-St. Andrä vor mehreren Jahren, das Flughafen-Referendum oder nunmehr die beratende Bürgerbefragung zur Tram in Bozen – nie scheint es um das eigentliche Thema an sich, sondern immer darum zu gehen, „denen da oben“ eins auszuwischen. Die Neinsager hätten im Land der Neider und Besserwisser ein leichtes Spiel, meinen böse Zungen.
Im Gegensatz zu den Schweizern, wo Volksabstimmungen seit Jahrhunderten integraler Bestandteil des eidgenössischen Gemeinwesens sind, haben die Südtiroler anscheinend noch nicht gelernt, ein reines Sachthema von politischen Ansichten zu trennen. Alle direktdemokratischen Errungenschaften, so löblich sie auch sein mögen, haben nur einen Sinn, wenn die Bürger über das Thema selbst abstimmen und eine Bürgerbefragung nicht dazu missbrauchen, den regierenden Politikern einen Denkzettel zu verpassen.
Die Tram hätte bei allen Mängeln der erste Baustein eines modernen Verkehrskonzepts sein können und Brixner sowie Touristen hätten mit der Seilbahn die umweltfreundliche Möglichkeit gehabt, von der Stadt aus bequem die Pisten zu erreichen.
Nun muss man sich auf die Suche nach Alternativen machen – und hoffen, dass auch die bei einer Volksbefragung nicht in Grund und Boden gestimmt werden.