Von: luk
Bozen – Der Südtiroler Sanitätsbetrieb weist das „Ultimatum“ der Vinschger Amtsärzte zurück. Diese hatten erklärt, mit 1. August 2017 ihre Tätigkeit als Amtsärzte zurücklegen zu wollen, sollten sie bei der Umsetzung des neuen staatlichen Impfdekretes nicht entlastet werden. Sowohl Betriebs- als auch Bezirksdirektoren setzen auf interne Gespräche zur Organisation der anstehenden Aufgaben.
Für das Management des Südtiroler Sanitätsbetriebes wirft die Vorgangsweise der Amtsärzte im Vinschgau ein schlechtes Licht auf die gesamte Berufskategorie. Generaldirektor Thomas Schael: „Das neue Impfdekret stellt den Südtiroler Sanitätsbetrieb vor eine Riesenherausforderung. Insgesamt dürften rund 80.000 zusätzliche Impfsitzungen notwendig sein. Auch intern kommt auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine große Zusatzbelastung zu. Es ist deshalb nicht verständlich, dass sich eine Berufsgruppe einseitig und ohne vorherige Aussprachen aus der Verantwortung stehlen will.“
Und dies, obwohl derzeit noch nicht einmal im Detail feststehe, wie die neue Impfregelung aussehen wird. Bekanntlich muss das Impfdekret innerhalb 60 Tagen in ein Gesetz umgewandelt werden. “Bereits jetzt wird ersichtlich, dass es auf dem Weg durch die zwei Kammern des Parlaments Abänderungen geben wird; es ist die Rede von einer geringeren Anzahl von Pflichtimpfungen und einer Reduktion der Strafen”, so der Sanitätsbetrieb.
Umso mehr verwundere das öffentliche Ultimatum der Vinschger Amtsärzte. „Es dürfte im Interesse einer gegenseitigen guten Zusammenarbeit sein, wenn die verschiedenen Seiten sich zusammensetzen und gemeinsam ausloten, welche Möglichkeiten der Umsetzung es gibt“, betont Sanitätsdirektor Thomas Lanthaler: „Wir sind alle gemeinsam für die Gesundheitsversorgung der Südtiroler Bevölkerung zuständig und verantwortlich. Es kann nicht sein, dass die Vinschger Amtsärzte sich hier einseitig ausklinken. Wo bleibt die Verantwortung der eigenen Aufgabe gegenüber?“
Auch Dagmar Regele, Direktorin des Departments für Prävention und Organisatorin der Impfungen im Sanitätsbetrieb, schüttelt über das einseitige Ausrufen eines Ultimatums den Kopf: „Die Vorbereitungen im Sanitätsbetrieb laufen bereits auf Hochtouren. Wir haben schon zusätzlichen Personalbedarf in der Direktion angemeldet. Jetzt eine Polemik vom Zaun zu brechen, ist absolut unnötig. Die Zeiten sind schwierig, und jeder gegen jeden ist sicherlich der falsche Weg.“
Generaldirektor Schael führt weiters an: „Diese Aktionen verstärken einmal mehr jene Stimmen, die schon seit Jahren sagen, wir müssen neben der haus- und amtsärztlichen Versorgung auch die „Betreuungsschiene“ mit eigenem Personal aufbauen. Die Schließung der Kinderarztpraxen im Pustertal im Frühjahr dieses Jahres, die Torpedierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes im Krankenhaus Bozen zur Entlastung der Notaufnahme und nun die „Weigerung“, die anstehende Zusatzarbeit im Rahmen des Impfdekretes zu übernehmen, sind für uns Anlass, dass wir als Betrieb Alternativen andenken, wenn es darum geht, die Bevölkerung unseres Landes verlässlich und sicher zu versorgen“.
BISHER
Zu viel Arbeit und keine Zeit. Die Amtsärzte im Vinschgau haben nach einem Krisentreffen in Latsch zum neuen Impfdekret ihre Bedenken in einem Brief an die zuständigen Stellen mitgeteilt.
Wie das Tagblatt Dolomiten am Montag berichtet, zeigen sich die Ärzte zwar mit dem Impfdekret einverstanden, man sei aber nicht imstande, diese Arbeit zu übernehmen, so Dr. Ugo Marcadent.
In den Städten wird das Impfen von Hygienikern oder Impfzentren übernommen, in der Peripherie ist hingegen der Amtsarzt dafür zuständig. Da mit dem Impfdekret sehr viele Leute zu impfen sind, sei es organisatorisch und zeitlich ein Ding der Unmöglichkeit.
Die betroffenen Amtsärzte stellen daher ein Ultimatum: Entweder man findet eine Lösung – oder der Sprengelhygienikerdienst wird mit 1. August gekündigt.
In einem Brief an Landeshauptmann Arno Kompatscher, Gesundheitslandesrätin Martha Stocker, Generaldirektor Thomas Schael, der Direktorin des Gesundheitsbezirks Meran, Irene Pechlaner, dem Primar für Hygiene und öffentliche Gesundheit im Bezirk Meran, Dr. Simone Schmorak, sowie an alle Bürgermeister der betroffenen Gemeinden erklären die Amtsärzte, dass vor allem jetzt mit dem neuen Impfdekret eine große Belastung auf sie zukommt.
„Extrem viele Leute sind zu impfen sind ist es ein Ding der Unmöglichkeit, so eine komplexe Tätigkeit weiterzuführen – mit der Qualität, die es heutzutage braucht. Der Sanitätsbetrieb muss dies anders organisieren, mit anderen Leuten, die Zeit haben“, sagt Dr. Marcadent.
Laut Informationen des Tagblatts Dolomiten brodelt es auch andernorts in der Peripherie. „Vielleicht werden mit Änderungen am Impfdekret aus den zwölf Pflichtimpfungen auch nur mehr acht, aber gerade das Impfen wird technisch-rechtlich immer komplizierter. Wir haben kein Hilfspersonal und auch nicht die Zeit“, sagt Dr. Marcadent.
Kündigen die Amtsärzte tatsächlich den Dienst als Sprengelhygieniker, fallen neben dem Impfen auch noch weitere Leistungen flach: die Totenbeschau, die Visiten für die Führerscheinverlängerung, das Wachen über die öffentliche Gesundheit im Falle von Epidemien sowie die Arbeit in der Baukommission.
Damit steigt der Druck auf die Verantwortlichen stark, so das Tagblatt Dolomiten.