Tagesordnungspunkte der Minderheit abgehakt

Impfkampagne, Corona-Soforthilfe und Raumordnungsgesetz

Mittwoch, 10. Juni 2020 | 18:02 Uhr

Von: luk

Bozen – Impfkampagne, Corona-Soforthilfe und Raumordnungsgesetz wurden heute im Landtag behandelt.

Beschlussantrag Nr. 297/20: Stärker für Impfungen eintreten und den Kampagnen der Impfgegner Einhalt gebieten (eingebracht vom Abg. Urzì am 21.05.2020). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, bei der gesamten Bevölkerung stärker für Impfungen einzutreten, dabei das Bewusstsein über deren grundlegende Bedeutung für den Schutz des menschlichen Lebens und der öffentlichen Gesundheit zu schärfen, und durch die Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse jeder Art von Kampagne gegen die Verwendung dieser wichtigen Instrumente zur Prävention Einhalt zu gebieten.

“Auch in Südtirol haben viele Bürger, der Impfgegner-Bewegung folgend, den Wert von Fachwissen und Wissenschaft unterschätzt”, erklärte Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia). “Die Erfahrungen der vergangenen Monate veranlassen uns jedoch zum Nachdenken darüber, wie verwundbar eine Gesellschaft ohne Impfschutz und demzufolge ohne Immunität ist, welche auch die Schwächsten schützt, die den oft schweren oder tödlichen Komplikationen dieser Krankheiten am stärksten ausgeliefert sind. Sich impfen zu lassen, das ist allem voran die soziale Pflicht jedes Einzelnen gegenüber der Allgemeinheit. Impfungen sind wirksam und in bestimmten Bereichen gibt es keine Alternativen. Die Provinz Bozen ist dafür bekannt, italienweit diejenige mit der niedrigsten Impfquote zu sein.”

Impfung schütze vor schweren Erkrankungen und Epidemien, bestätigte Franz Ploner (Team K). Aber nicht der Zwang sei für eine höhere Impfrate dienlich, sondern die Aufklärung. Daher unterstütze er den Antrag.

Auch Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) kündigte Zustimmung an. Dieser Antrag gehe auch in Richtung einer Unterstützung der medizinischen Versorgung auf dem Lande.

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) wies darauf hin, dass die Sachlage komplizierter sei, insbesondere wenn es keine Langzeitstudien zu einer Impfung gebe. Daher sei er für weniger Zwang und mehr Aufklärung.

Die Freiheitlichen seien seit jeher skeptisch gegenüber manchen Impfungen gewesen, erklärte Andreas Leiter Reber. Daher sei er zum letzten Satz des Antrags skeptisch, den Rest könne er unterstützen.

LR Thomas Widmann erklärte, er sei immer für Freiwilligkeit gewesen. Aber es sei nötig gewesen, den staatlichen Zwang zu übernehmen, auch weil in Südtirol die Durchimpfungsrate sehr niedrig sei. Er sei für Impfkampagnen, aber das geschehe bereits, und es seien noch weitere geplant. Daher sei es nicht nötig, dies noch mit einem Antrag zu fordern.

Alessandro Urzì sah in seinem Antrag auch eine wichtige Richtungsangabe. Eine Ablehnung würde den Eindruck erwecken, dass man gegen die Impfung sei.

Der Antrag wurde mit neun Ja, 17 Nein und sechs Enthaltungen abgelehnt.

Beschlussantrag Nr. 298/20: #NeustartSüdtirol: Treffsicherheit bei Jungunternehmern, Zivilinvaliden und Sofortkrediten (eingebracht von den Abg. Leiter Reber und Mair am 21.05.2020). Der Landtag möge die Landesregierung auffordern, 1. sämtliche verwaltungstechnischen Maßnahmen zu treffen, um das Einvernehmensprotokoll zum „Wirtschafts- Familien- und Sozialpaket zur Eindämmung der negativen Auswirkungen des Gesundheitsnotstands COVID-19″ nachzubessern, damit die Bankgarantien des Landes Südtirol für die Gewährung der Darlehen für Arbeitnehmer und Familien, bei der Beurteilung durch die Bankinstitute, stärker bewertet werden; 2. sämtliche verwaltungstechnische Maßnahmen zu ergreifen, um jenen Arbeitnehmern und Familien, welche den im „Wirtschafts-, Familien und Sozialpaket zur Eindämmung der negativen Auswirkungen des Gesundheitsnotstands CO VID-19″ vorgesehenen Sofortkredit von 10.000 Euro, aufgrund einer negativen Beurteilung durch die Bankinstitute nicht erhalten, durch eine einmalige Zuwendung des Landes entlastet werden; 3. sämtliche verwaltungstechnischen Maßnahmen zu treffen, um jenen Jungunternehmern, die ihre betriebliche Tätigkeit vor dem Stichdatum 23.Februar aufgenommen haben und aufgrund getätigter Start Investitionen und Vorleistungen (Betriebsgründung, Einrichtung, Kundenanwerbung, Auftragsauslagen usw.) das derzeit geltende Kriterium von einem durchschnittlichen Umsatz von mindestens 1.000,00 Euro für jeden Tätigkeit Monat nicht erfüllen können, den Zugang zu den Zuschüsse für Kleinunternehmen infolge des Covid 19-Notstandes zu ermöglichen; 4. sämtliche verwaltungstechnische Maßnahmen zu ergreifen, um in Zusammenarbeit mit den lokalen staatlichen Institutionen die Stellenausschreibungen und öffentlichen Wettbewerbe staatlicher Institutionen und Behörden in Südtirol (INPS, INAIL, Staatsbahnen, Agentur der Einnahmen, etc.) auch auf den entsprechenden Internetseiten des Landes veröffentlichen zu können.

“Nach wie vor lässt das Maßnahmenpaket zum Neustart Südtirols viele Menschen durch den Rost fallen”, stellte Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) fest. “Trotz der Garantien des Landes verwehren die Bankinstitute zahlreichen Arbeitnehmern die sich auf Grund der COVID-19-Krise zum Teil oder vollständig im ordentlichen Lohnausgleich, in der Sonderlohn- oder außerordentlichen Lohnausgleichskasse befinden oder auch Saisonarbeitern die noch nicht wieder angestellt worden sind und deshalb in einen finanziellen Notstand geraten sind, den Sofortkredit bis zu 10.000 Euro. Hier gilt es das Abkommen des Landes bzw. das Einvernehmensprotokoll mit den Bankinstituten nachzubessern oder jenen Arbeitnehmern, welchen der Sofortkredit durch die Bankinstitute verwehrt wird, eine finanzielle Sozialzulage des Landes zukommen zu lassen. Jungunternehmer, welche sich erst vor kurzem selbständig gemacht haben und aufgrund der hohen Auslagen und Vorleistungen bei Betriebsbeginn noch keinen Mindestumsatz von 1.000,00 Euro je Tätigkeitsmonat aufweisen können, können nicht um die Zuschüsse für Kleinunternehmen ansuchen. Viele dieser Südtiroler tragen wesentlich zur Wirtschaftsinnovation bei, sorgen für Steueraufkommen und schaffen künftige Arbeitsplätze – viele von ihnen stehen nun bereits am Beginn ihrer Selbstständigkeit vor ihrem unternehmerischen Aus. Beziehern einer Rente werden keine Covid-19-Soforthilfen gewährt. Leider gilt dies derzeit auch für die Bezieher einer Invalidenrente. Nun kommt es zur prekären Situation, dass Freiberufler und Selbständige, welche gleichzeitig eine Invalidenrente oder Teilinvalidenrente beziehen, auch keine Zuschüsse für ihr durch die Covid-19-Krise schwer geschädigte Unternehmen erhalten.” Leiter Reber plädierte auch dafür, das Stellenangebot bei den Staatsämtern besser bekannt zu machen.

LH Arno Kompatscher erklärte, dass der Zinssatz im schlimmsten Fall bei 1,26 Prozent liege. Den Banken sei mitgeteilt worden, dass er für die Familien darunter liege und dass das Land für das erste Jahr die Zinsen übernehme. Inzwischen seien über 18.000 Stundungen gewährt worden, für insgesamt 4,7 Mrd. Euro, eine gewaltige Summe. Dazu seien neue Kredite gewährt worden. Bei den Startups gebe es das Problem des Umsatznachweises, um Scheinfirmen auszuschließen. Jetzt würden dazu Daten gesammelt, und dann könne man auch über Einzelfälle entscheiden. Diesem Punkt des Antrags könne man in dieser Form nicht zustimmen, für die anderen sehe man derzeit keine Notwendigkeit.

Der Antrag wurde mit 16 Ja und 17 Nein abgelehnt.

Beschlussantrag Nr. 292/20: Landesgesetz Raum und Landschaft: keine Umwälzungen jetzt in der Corona Krise (eingebracht von den Abg. Köllensperger und Faistnauer am 21.05.2020). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit das neue Landesgesetz vom 10. Juli 2018, Nr. 9 „Raum und Landschaft“ nicht am 1. Juli 2020 in Kraft tritt, bzw. in Alternative dazu damit beide Gesetze, das Landesraumordnungsgesetz Nr. 13/1997 und das neue Landesgesetz Nr. 9/2018 „Raum und Landschaft”, parallel laufen bis 31.12.2020, und somit die Möglichkeit besteht, bis Jahresende ein Projekt nach dem alten oder neuen Gesetz einzureichen; 2. die wichtigsten fehlenden Durchführungsverordnungen zum LG Nr. 9/2018 bis zum 30/6/2020 zu erstellen, und die Stakeholder partizipativ einzubinden in deren Ausarbeitung; 3. allen Interessierten transparent und verständlich mit geeigneten Instrumenten die nötigen Informationen zu vermitteln, damit die Bürger und die Wirtschaft abwägen können, die Einreichung von Projekten nach dem LG Nr. 13/1997 oder nach dem neuen LG Nr. 9/2018 vorzunehmen; 9/2018; 4. die Folgekosten für die Gemeinden für alle Instrumente und Pläne zu erheben und in der Gemeindefinanzierung zu berücksichtigen.

Paul Köllensperger (Team K) wies darauf hin, dass der Bausektor in einer schwierigen Phase sei, dass im Herbst die Gemeindewahlen anstünden, dass noch viele Durchführungsverordnungen fehlten und dass die Gemeinden nicht genügend Zeit zur Vorbereitung hatten. Das Gesetz berge noch zu viele Rechtsunsicherheiten.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) bezeichnete das neue Raumordnungsgesetz als totes Gesetz. Viele seien dagegen, auch die Gemeinden. Dieses Gesetz sollte zurückgenommen werden.

Da um 17.26 eigentlich die Zeit der Opposition vorbei war, plädierte Brigitte Foppa (Grüne) für eine Verlängerung, um den Antrag noch behandeln zu können. Gert Lanz (SVP) sprach sich dagegen aus; die Opposition sei in manchen Fragen flexibel, in manchen nicht. Auch LH Arno Kompatscher plädierte gegen eine Verlängerung. Auch er hätte Lust, viele Falschmeldungen zum Thema zu korrigieren, aber es habe keinen Sinn, den Antrag nun schnell-schnell abzuhandeln.

Somit wurde zu den Tagesordnungspunkten der Mehrheit übergegangen.

Verbindlichkeiten außer Etat

Im Rahmen einer zusätzlichen Tagesordnung wurde heute noch mit der Behandlung des Landesgesetzentwurfs Nr. 56/20 – Außeretatmäßige Verbindlichkeit und andere Bestimmungen (vorgelegt von der Landesregierung auf Vorschlag des Landeshauptmannes Kompatscher) – begonnen. LH Arno Kompatscher erläuterte die Zusatzbestimmungen, die in den Entwurf noch eingefügt wurden. Darin geht es um die Vergütung der Covid-Expertenkommission, den Kostenbeitrag für Covid-Schutzausrüstungen, um Fristen zum bestehenden Raumordnungsgesetz. Die Förderung der Fahrradmobilität solle hingegen wieder aus dem Entwurf gestrichen werden. LR Massimo Bessone fügte hinzu, dass mit diesem Gesetz auch die Kosten für die Erweiterung des geologischen Labors gedeckt werden.

Hanspeter Staffler (Grüne) begrüßte es, dass inhaltsfremde Artikel gestrichen werden sollen und dass Mittel für die Sicherheit der Baustellen gefunden wurden. Ausgaben außer Etat von 2,5 Mio. seien angesichts eines Haushalts von 6,3 Mrd. nicht hoch.

Josef Unterholzner (Team K) begrüßte ebenfalls die angekündigte Streichung des Artikels zur Fahrradmobilität. Man sollte stattdessen mehr auf ein gutes Radwegenetz setzen.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) wunderte sich hingegen über die geplante Streichung, er werde den Beitrag für Fahrräder wieder einfordern. Er fragte auch, warum der ORF-Beitrag von 280.000 Euro außer Etat erfolgt sei.

Helmut Tauber (SVP) betonte, dass man für die Radmobilität bereits viel tue und dass man noch mehr tun werde.

Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung) zeigte kein Verständnis für die Streichung. Der Zusatzartikel habe im Gesetzgebungsausschuss breite Zustimmung erhalten.
Die Beiträge für E-Bikes und E-Roller würden ihn nicht überzeugen, meinte hingegen Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia). Die Landesregierung sollte aber erklären, warum sie den Artikel streichen wolle. Ebenso bitte er um eine Erklärung für die hohe Summe zugunsten des ORF.

Die Sitzung wird morgen wieder aufgenommen.

Bezirk: Bozen