Von: mk
Bozen – Im Südtiroler Sanitätsbetrieb laufen derzeit die Vorbereitungsarbeiten zur Umsetzung der neuen Impfvorgaben auf Hochtouren. Der Betrieb setzt nach wie vor auf Aufklärung und Sensibilisierung. Eine gemeinsame Studie von Universität Bozen, Ärztekammer und Sanitätsbetrieb soll zudem die Ursachen für die weitverbreitete Impfskepsis in Südtirol ergründen.
Gemeinsam Licht in das Dickicht der Emotionen gegen Impfungen bringen: das ist das Ziel einer wissenschaftlichen Studie, die von Fachkräften der Universität Bozen in Zusammenarbeit mit den Diensten für Hygiene im Sanitätsbetrieb und der Südtiroler Ärztekammer noch heuer durchgeführt wird. Die Studie will die Ursachen und Gründe für die hohe Ablehnung von Impfungen bei der Südtiroler Bevölkerung erheben.
Die Betriebsdirektion gab gestern auch grünes Licht, die vom Ministerium für Gesundheit bereitgestellten „Informationspakete“ für Eltern und Fachkräfte für Südtirol anzupassen und zu übersetzen. Sanitätsdirektor Thomas Lanthaler, oberster Verantwortlicher für den klinischen Bereich im Betrieb, appelliert zu Sachlichkeit und Korrektheit in der sehr emotional geführten Debatte. „Paradoxerweise“, so Lanthaler, „ist der Erfolg des Impfens gleichzeitig dessen größter Gegner. Die meisten Menschen erleben persönlich nicht mehr, wieviel Leid und Gebrechen eine Impfung ersparen hilft.“
Fakt ist, dass Millionen Menschenleben durch Impfung gerettet werden konnten. Bevor Impfungen flächendeckend eingeführt wurden, starben beispielsweise 340 mal so viele Kinder an Diphterie als heute, 156 mal an Keuchhusten, 43 mal an Tetanus und 30 mal an Kinderlähmung (Quelle: The Lancet Infectious Deseases). Noch im 18. Jahrhundert starben in Europa 600.000 Menschen pro Jahr an Pocken, seit Ende der 70-er Jahre gilt diese Krankheit als ausgerottet. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass, seit 2011 bis heute durch Impfungen rund 2,5 Mio. Menschenleben pro Jahr gerettet wurden. Konkret heißt das: 7.000 am Tag, 300 je Stunde, fünf pro Minute!
Ein zweiter, häufig völlig unterschätzter Aspekt beim Impfen ist deren sozialer Charakter. Experten zufolge ist Sich-Impfen-zu-lassen nicht nur eine individuelle Gesundheitsleistung, die in Anspruch genommen wird, sondern gleichzeitig ein Akt sozialer Verantwortung. Wer geimpft ist, fällt als „Überträger“ aus und gibt die Erreger nicht an fragile, schwache oder kranke Menschen weiter. Besonders Neugeborene sind ohne Schutz aber auch alte, chronisch kranke Menschen stecken sich beispielsweise leicht mit Grippe an. Oft gehen Ansteckungen mit Komplikationen einher. Generaldirektor Thomas Schael: „Wir arbeiten auch daran, besonders unser Gesundheitspersonal in diese Richtung zu sensibilisieren. In diesen Tagen schicken wir an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Betriebes ein Informationsblatt mit einigen wichtigen Hinweisen, das auch die Einladung enthält, alle Impfungen, wie sie vom nationalen Impfplan für das Gesundheitspersonal vorgesehen sind, durchzuführen.“
Südtirol ist nach wie vor Schlusslicht, was die Durchimpfungsraten anbelangt. Die von der Weltgesundheitsorganisation veröffentlichten Daten sprechen diesbezüglich eine klare Sprache.